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Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
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aus einzelnen Tagen drei, vier zusammenhängende, ohne dass sie sich bei uns sehen ließ.
    Mein Mann war ein wenig eingeschnappt, »Treulose Tomate«, nannte er seine Prinzessin, als sie nach einer Woche wieder auftauchte und auf seinen Schoß sprang. »Nimm’s nicht persönlich«, tröstete ich ihn, »ihr geht es prächtig da unten bei den Nachbarn, wenn sie nicht hier ist.« Aber er nahm es persönlich. Sie war sein auserkorener Liebling, man kennt das ja, Väter und ihre Töchter! Da darf keiner dazwischen. »Treulose Tomate«, brummte er beleidigt, als sie sich Ende April nach zwei Wochen Abwesenheit mal wieder sehen ließ. Sie kehrte ihm sofort den Rücken. Wenn er sie so begrüßte, nein, das musste sie nicht haben. Keine Vorwürfe!, schien ihr indignierter Blick zu sagen, bevor sie zum letzten Mal durch unsere Haustür huschte.
    Frau Braeligge und ich blieben in Verbindung. Wir telefonierten miteinander, sie berichtete von Pralines Treiben, eine tote Maus im Bett als Morgengabe, eine zerrupfte Amsel hinter der Waschmaschine. Ja, so sind sie, unsere Samtpfoten, manchmal sind sie richtige Wildkatzen, stimmten wir überein und seufzten durch die Leitung, wie Mütter seufzen, wenn sie die Schandtaten ihrer Lauser aufzählen, mehr stolz als verärgert, denn eigentlich verzeiht man den Kleinen alles, wenn sie nur gedeihen.
    Ab und zu machte Frau Braeligge mit Prinzessin Praline einen Spaziergang durchs Wäldchen zu uns hoch, damit die Katze uns nicht ganz aus den Augen verlöre. Diese jedoch hatte sich mittlerweile völlig von uns entwöhnt. Ohne ihre Brüder ging es ihr fantastisch, sie vermisste nichts und niemanden. Ihrer neuen Menschenmama folgte sie auf Schritt und Tritt, anhänglich wie ein Welpe. Aber sobald Frau Braeligge auf unsere Haustür zusteuerte, hielt die Katze am Zaun an und ließ sich durch kein Lockangebot dazu bewegen, weiterzugehen. In diese Katerhölle? Niemals wieder! Mit einem Sprung war sie auf dem Apfelbaum, drapierte ihre Gliedmaßen elegant über eine Astgabel und verharrte auf diesem Aussichtsplatz in stoischer Gelassenheit so lange, bis Frau Braeligge ihren Besuch bei uns beendete. Ein wenig wehmütig schaute ich den beiden hinterher, wenn sie zwischen den Birken langsam verschwanden. Zum Glück streiften schon die Kater um meine Beine und maunzten nach meiner Aufmerksamkeit, als wollten sie sagen: War das da unten nicht diese abtrünnige … na wie hieß sie noch mal, diese Zicke? Komm, vergiss sie! Du hast doch uns , und so lenkten sie mich ab.
    Als es Zeit für die jährliche Impfung wurde, fragte ich Frau Braeligge, ob wir gemeinsam zum Tierarzt fahren wollten, Sophia alias Praline sei ja ebenfalls fällig. Sie fand das eine reizende Idee, und ich lud sie mit ihrem nagelneuen Katzenkorb in mein Auto. Im Wartezimmer der Praxis verging die Zeit für uns Plaudertaschen wie im Flug.
    »Sind Sie Schwestern?«, fragte uns die Tierärztin im Behandlungszimmer, wo wir uns beim Beruhigen unserer vier Patienten gegenseitig unterstützten.
    » Wir nicht, aber die Tiere sind Geschwister«, antworteten wir beide gleichzeitig .
    »Sie beide könnten auch Geschwister sein«, meinte die Ärztin, »ist Ihnen das noch niemals aufgefallen?«
    Wir sahen uns an, dann traf uns der Blitz der Erkenntnis, und wir brachen in verwundertes Lachen aus. Das war vielleicht ein Ding! Wir waren fast identisch angezogen, dunkelgrün und orange die Kleidung, jede einen Rucksack über der Schulter, die gleiche Haarfarbe, Hennarot, ihre wellig und meine kraus gelockt. Unsere Ähnlichkeit war uns bislang nicht bewusst geworden, wir hatten immer nur Augen für unsere Schützlinge gehabt.
    »Wenn die Miezen Geschwister sind, was sind wir dann?«, fragte ich die Ärztin.
    Sie lachte und meinte: »Das ist ja wie im Harem. Ein Vater und verschiedene Mütter für die vielen Kinder. Vielleicht sagt man Haremsschwestern dazu.«
    »Haremsschwestern – dann sollten wir vielleicht auch zum Du übergehen«, bot ich Maybritt an, und zusammen feierten wir bei einer Tasse Kaffee unsere Schwesternschaft, wie wir es nannten.
    Die frisch besiegelte Verwandtschaft rückte uns Frauen noch näher zusammen. Wir telefonierten fast täglich. Maybritt gewöhnte sich an, zum Luftschnappen auf einen Sprung zu mir hoch zu kommen, immer in Begleitung von Prinzessin Praline, für die der Apfelbaum an der Grundstücksgrenze ihre Zollschranke blieb, die sie nie mehr überschritt. Abends erzählte ich meinem Mann neuerdings das, worüber ich mit

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