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Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)

Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)

Titel: Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniil Charms
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Datum mit astrologischen Symbolen datiert, wobei ihm dabei bisweilen Fehler unterlaufen sind.

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Myschins Sieg
    Sie sagten zu Myschin: »He, Myschin, steh auf!«
    Myschin sagte: »Ich steh nicht auf«, und blieb auf dem Fußboden liegen.
    Da kam Kalugin zu Myschin und sagte: »Myschin, wenn du nicht aufstehst, dann werde ich dich zwingen.« »Nein«, sagte Myschin und blieb auf dem Fußboden liegen.
    Die Selisnjowa kam zu Myschin und sagte: »Myschin, andauernd liegen Sie hier im Flur auf dem Fußboden herum und sind uns im Weg.«
    »Bin ich und werde es auch weiterhin sein«, sagte Myschin.
    »Also, wissen Sie«, sagte Korschunow, doch Kalugin unterbrach ihn und sagte:
    »Wozu lange Volksreden halten! Rufen Sie bei der Miliz an.« Sie telefonierten mit der Miliz und forderten einen Milizionär an.
    Eine halbe Stunde später kam ein Milizionär mit dem Hausmeister im Schlepptau.
    »Und, worum geht’s hier?«, fragte der Milizionär.
    »Sehen Sie sich das hier mal an, viel Vergnügen«, sagte Korschunow, aber Kulygin unterbrach ihn und sagte:
    »Da, bitte. Dieser Mensch liegt die ganze Zeit auf dem Fußboden und ist uns im Weg, wenn wir durch den Flur gehen.
    Wir haben alles versucht, aber er …«
    Doch da unterbrach die Selisnjowa Kulygin und sagte:
    »Wir haben ihn gebeten, hier wegzugehen, aber er tut’s nicht.«
    »Genau«, sagte Korschunow.
    Der Milizionär ging zu Myschin.
    »Warum liegen Sie hier, Bürger?«, fragte der Milizionär.
    »Ich ruhe mich aus«, sagte Myschin.
    »Das geht hier aber nicht, Bürger«, sagte der Milizionär. »Wo wohnen Sie, Bürger?«
    »Hier«, sagte Myschin. »Wo ist Ihr Zimmer?«, fragte der Milizionär.
    »Er ist in unserer Wohnung angemeldet, aber ein eigenes Zimmer hat er nicht«, sagte Kulygin.
    »Moment mal, Bürger«, sagte der Milizionär, »jetzt rede ich mit ihm. Bürger, wo schlafen Sie?«
    »Hier«, sagte Myschin.
    »Gestatten Sie«, sagte Korschunow, aber Kulygin unterbrach ihn und sagte:
    »Er hat nicht mal ein Bett, er liegt auf dem nackten Fußboden rum.«
    »Das geht schon lange so, das mit den Beschwerden über ihn«, sagte der Hausmeister.
    »Es ist vollkommen unmöglich, durch den Flur zu gehen«, sagte die Selisnjowa. »Ich kann doch nicht andauernd über den Mann hinwegsteigen. Und er macht noch extra die Beine lang und die Arme auch, und dann legt er sich auch noch auf den Rücken und guckt. Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, bin ich müde und muss mich erholen.«
    »Ich möchte komplettieren …«, sagte Korschunow, doch Kulygin unterbrach ihn und sagte:
    »Er liegt auch nachts hier. Im Dunkeln stolpern alle über ihn. Ich hab mir wegen ihm meine Decke zerrissen.«
    Die Selisnjowa sagte:
    »Andauernd fallen ihm irgendwelche Nägel aus der Tasche. Man kann überhaupt nicht mehr barfuß durch den Flur gehen, man weiß nie, wo man reintritt.«
    »Unlängst wollten sie ihn schon mit Petroleum übergießen und anzünden«, sagte der Hausmeister. »Wir haben ihn mit Petroleum übergossen«, sagte Korschunow, aber Kulygin unterbrach ihn und sagte: »Damit wollten wir ihm bloß einen Schreck einjagen, aber wir hatten überhaupt nicht vor, ihn anzuzünden.«
    »Ich hätte es auch gar nicht zugelassen, dass man in meiner Anwesenheit einen lebendigen Menschen verbrennt«, sagte die Selisnjowa.
    »Und warum liegt dieser Bürger im Flur?«, fragte auf einmal der Milizionär.
    »Na servus!«, sagte Korschunow, doch Kulygin unterbrach ihn und sagte:
    »Na, weil er keinen anderen Wohnraum hat: In dem Zimmer hier wohne ich, in dem die da und in dem der da, und Myschin wohnt eben hier auf dem Flur.«
    »Das geht nicht«, sagte der Milizionär. »Jeder hat in seinem eigenen Wohnraum zu liegen.«
    »Aber er hat keinen anderen Wohnraum als den Flur«, sagte Kulygin.
    »Exakt«, sagte Korschunow.
    »Darum liegt er auch andauernd hier«, sagte die Selisnjowa.
    »Das geht nicht«, sagte der Milizionär und zog ab, den Hausmeister im Schlepptau.
    Korschunow stürzte zu Myschin.
    »Na?«, schrie er. »Ist es das, was Sie wollten?«
    »Moment«, sagte Kulygin, ging zu Myschin und sagte:
    »Hast du gehört, was der Milizionär gesagt hat? Steh vom Fußboden auf!«
    »Mach ich nicht«, sagte Myschin und blieb auf dem Fußboden liegen.
    »Jetzt bleibt er zu Fleiß andauernd hier liegen«, sagte die Selisnjowa.
    »Genau«, sagte Kulygin gereizt. Und Korschunow sagte:
    »Daran hege ich keinerlei Zweifel.
Parfaîtement!«
     
    Charms
     

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Die Vorlesung
    Puschkow

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