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Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)

Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)

Titel: Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniil Charms
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dazu, Bruder Puschkin?«, fragte Petruschewski. »Maschine Stopp«, sagte Puschkin.
     
    4
    Als Puschkin sich die Beine gebrochen hatte, bewegte er sich auf Rädern fort. Puschkins Freunde hänselten ihn gern und hielten ihn an den Rädern fest. Puschkin wurde böse und schrieb Schmähgedichte über seine Freunde. Diese Gedichte nannte er »Erpigarme«.
     
    5
    Den Sommer 1829 verbrachte Puschkin auf dem Land. Er stand frühmorgens auf, trank einen Krug kuhwarme Milch und lief zum Fluss baden. Nach dem Bad im Fluss legte sich Puschkin ins Gras und schlief bis zum Mittagessen. Nach dem
    Mittagessen schlief Puschkin in einer Hängematte. Wenn ihm stinkende Bauern begegneten, grüßte er mit einem Kopfnicken und hielt sich mit den Fingern die Nase zu. Die stinkenden Bauern kneteten verlegen ihre Mützen und sagten: »Scho recht.«
     
    6
    Puschkin warf gern mit Steinen. Sobald er Steine sah, begann er auch schon damit zu werfen. Manchmal geriet er dermaßen außer Rand und Band, dass er ganz rot dastand, mit den Armen ruderte und mit Steinen warf – einfach fürchterlich!
     
    7
    Puschkin hatte vier Söhne, alles Idioten. Einer konnte nicht einmal auf dem Stuhl sitzen und fiel ständig herunter. Puschkin konnte ja selbst nicht so gut auf dem Stuhl sitzen. Manchmal war es wirklich zum Totlachen; da sitzen sie am Tisch, und am einen Ende fällt die ganze Zeit Puschkin vom Stuhl und am anderen Ende sein Sohn. Einfach zum Davonlaufen!
     
    <1939>
     
    Wassili Schukowski (1783–1852), russischer Dichter, Übersetzer und Erzieher des Thronfolgers Alexander II. Er gilt als Begründer der russischen Romantik und als kongenialer Übersetzer deutscher Klassiker. Schukowski war mit Puschkin eng befreundet und verwaltete dessen Nachlass. Grigori Sacharjin (1829–1898), berühmter russischer Arzt und Begründer der Moskauer Medizinschule. Als Puschkin 1837 im Duell fiel, war er gerade acht Jahre alt. Petruschewski: Es ist unklar, welcher Petruschewski gemeint ist, ob der Meteorologe Foma Petruschewski (1785–1848) oder einer seiner Söhne Alexander (1826–1904) und Wladimir (1829–1891) – beide bedeutende Militärs. »Erpigarme«: Charms verballhornt das Wort »Epigramme«. Puschkin gilt als Meister dieses Genres.
     

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Der Beginn eines sehr schönen Sommertages Sinfonie
    Kaum hatte der Hahn gekräht, sprang Timofej aus einem Fenster aufs Dach und jagte allen, die um diese Zeit die Straße entlanggingen, einen Schreck ein. Der Bauer Chariton blieb stehen, hob einen Stein auf und schleuderte ihn auf Timofej. Timofej verschwand. »Dieses Schlitzohr!«, schrie die Menschenherde, und ein gewisser Subow preschte los und prallte mit dem Kopf gegen eine Mauer. »Oho!«, rief ein Weib mit dicker Backe. Aber Komarow machte gribsch-grabsch bei dem Weib, und es rannte heulend in einen Torbogen. Feteljuschin lief vorbei und lachte sich ins Fäustchen. Komarow trat auf ihn zu, sagte: »He, du Fettsack!«, und boxte ihn in den Bauch. Feteljuschin lehnte sich an die Mauer und bekam einen Schluckauf. Romaschkin spuckte von oben aus einem Fenster und versuchte Feteljuschin zu treffen. In dem Augenblick verprügelte ganz in der Nähe ein langnasiges Weib ihr Kind mit einer Holzschüssel. Und eine junge mollige Mutter rieb ihr süßes kleines Mädchen mit dem Gesicht an einer Ziegelmauer. Ein kleines Hündchen, das sich seine zarte Pfote gebrochen hatte, lag auf dem Bürgersteig herum. Ein kleiner Junge aß aus einem Spucknapf irgendwas Ekliges. Vor einem Kolonialwarenladen stand eine lange Schlange nach Zucker an. Weiber schimpften lauthals und rempelten sich mit ihren Einkaufstaschen an. Der Bauer Chariton, der sich mit üblem Fusel betrunken hatte, stand mit offenem Hosenschlitz vor den Weibern und sagte schlimme Sachen. So begann ein schöner Sommertag.
    <1939>

[Menü]
Pakin und Rakukin
    »He du, pluster dich nicht so auf!«, sagte Pakin zu Rakukin. Rakukin kräuselte die Nase und sah Pakin feindselig an.
    »Was guckst du so? Erkennst du mich nicht?«, fragte Pakin. Rakukin kniff die Lippen zusammen, drehte sich empört auf seinem Drehsessel um und sah in die andere Richtung. Pakin trommelte mit den Fingern auf seinem Knie herum und sagte:
    »Der Idiot! Dem sollte man mit dem Stock eins in den Nacken verpassen.«
    Rakukin erhob sich und ging aus dem Zimmer, aber Pakin sprang schnell auf, holte Rakukin ein und sagte:
    »Bleib stehen! Wo rennst du denn hin? Setz dich lieber, und ich zeig dir was.«
    Rakukin blieb stehen und sah Pakin

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