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Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Fischer
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Rollern machen würden? Willst du, dass das in der Zeitung steht?«
    »Natürlich nicht.«
    »Wenn Wagner etwas Nettes über euer Festival von sich gibt, dann regt sich der Spießer nicht auf, und ihr habt keine aufgebrachten Gartenzaun-Nazis vor der Tür stehen.«
    »Ich hasse Arschkriecherei«, sagte ich frei raus.
    »Manchmal muss man Kompromisse eingehen. Heute schmierst du ihnen Honig um den Mund, morgen stellst du sie an den Pranger. Journalismus, das heißt geben und nehmen, gerade in der Zusammenarbeit mit Politikern«, dozierte Schirmer weiter, ganz der abgebrühte Chef einer Lokalredaktion. »Wie Sie meinen«, antwortete ich gelangweilt.
    »Der Bericht übers Festival, der liegt spätestens bis Sonntag, sechzehn Uhr, bei mir auf dem Schreibtisch. Haben wir uns verstanden?«
    Arschgeige, ja, dachte ich und legte auf.
    »Hey, was schleichst du da in den Ecken herum?«
    Don war mal wieder wie aus dem Nichts aufgetaucht und holte mich ins Hier und Jetzt zurück. »Wagner und der Fotograf sind weg. Jetzt bekommen wir eine gute Presse.«
    »Du solltest in die Politik gehen«, brummte ich.
    »Eine Hand wäscht die andere, so läuft das. Wir sind am Ziel unserer Träume. Das Festival, das verspreche ich dir, das wird der Hammer.«
    Sein Gerede ging mir auf den Keks. Ich konnte es nicht mehr hören und ließ meinem Frust freien Lauf. »Dieses blöde Festival. Meinetwegen muss das gar nicht mehr stattfinden, hier kocht doch jeder sowieso nur sein eigenes Süppchen. Karen will nach Christiania, Andi ans Konservatorium, Mark und du, ihr liebäugelt mit Berlin. Warum machen wir das überhaupt noch alles? Die Szene bröckelt auseinander. Das Musikfieber, alles für die Katz.«
    »Heul doch«, sagte Don und marschierte kopfschüttelnd davon.
    Ich schaute ihm nach, wie er durch das Zelt, das leer noch riesiger wirkte, in Richtung der Bühne stiefelte. Ein Gefühl von Einsamkeit überkam mich plötzlich. Vielleicht neigte ich wirklich dazu, die Dinge allzu negativ zu betrachten.
    Wenn ich jedoch ehrlich war, hatte sich meine Begeisterung längst ins Gegenteil verkehrt. Das Gefühl war noch vage, aber es war da. Die Gewissheit nämlich, dass hier irgendetwas nicht stimmte, dieser Eindruck wollte seit einigen Tagen nicht verschwinden und kam immer dann, wenn es kritisch wurde.
    Die Dinge hatten eine Entwicklung genommen, die mir immer weniger gefiel. Eine Eigendynamik, die alles in den Abgrund zu ziehen drohte. Obwohl alles nach Friede, Freude, Eierkuchen aussah, brodelte es unter der Oberfläche. War es wie bei einer tragischen Liebesgeschichte? Man denkt, alles sei in Ordnung, doch das Ende lauert bereits heimlich um die Ecke, man will es nur nicht wahrhaben?
    Mit einer Lüge schläft es sich besser als mit der Wahrheit.
    Vielleicht lief ich aus diesem Grund los, holte Don ein, legte ihm den Arm um die Schultern und sagte: »Friede, Alter, das Festival wird natürlich ein Hammer, nein, es wird das Größte überhaupt. Und du hast es möglich gemacht.«

zehn Festival
    Der Irrsinn begann bereits zwei Stunden vor dem Einlass.
    Der amtliche Szene-Underground und was sich dazu zählte demonstrierte eindrucksvoll seine Power. Meiner Schätzung nach hatten sich vor dem Eingang bereits gut dreihundert Freaks, Flippies und Langhaarige versammelt.
    Sie bettelten, reingelassen zu werden. Sie drängelten, schubsten und riefen »Aufmachen, aufmachen«. Als hinge ihr Leben davon ab, unbedingt jetzt und überhaupt ins Zelt zu kommen. Fetzer musste eingreifen.
    Er nahm seine Aufgabe als Sicherheitschef sehr ernst. Er war ganz in Schwarz gekleidet, was ihn nicht nur seriös, sondern auch respekteinflößend aussehen ließ. Die Matte hatte er zu einem dicken Zopf geflochten, was ihm eine gewisse Strenge verlieh. Das T-Shirt spannte an den Oberarmen. Es brachte seine Muckis beeindruckend zur Geltung.
    Fetzer stellte sich vor die wartende Menge und hielt eine Ansprache. Er brauchte keine Verstärkung, kein Megaphon oder Mikro. Sie verstanden ihn bis in die hintersten Reihen. Er sprach in seinem Captain-Beefheart-Ton.
    »Hört mal alle her! Wenn wir hier gleich aufmachen, dann gibt es kein Gedränge. Alle kommen rein, dafür sorge ich höchstpersönlich. Habt ihr das kapiert?« Johlen, Pfiffe. »Was soll der Scheiß?«, rief einer aus dem mittleren Pulk. Rote Augen, langes schwarzes Haar, Fidel-Castro-Bart.
    Fetzer ließ sich nicht beirren. »Wer noch keine Karte hat, geht auf der linken Seite rein und auf die Kasse zu, legt seinen Fünfer auf

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