Trips & Träume
über die Messlatte schaffst. Die Landung kann sonst sehr, sehr hart sein.«
*
Lagebesprechung im Müsli.
Zwei Wochen vor dem Festival musste noch einiges geregelt werden.
Anwesend: Billy, Karen, Giulia und Fetzer sowie Sonny und Moses, die Hausherren. Und natürlich Don und ich.
Giulia hatte seit der Rückkehr aus Montreux ein kleines Wunder vollbracht. Das Müsli sah jetzt bewohnbar aus. Die Küche war geputzt und aufgeräumt. Sogar die Wände hatte sie gestrichen. Ganz in Blau. Neben dem Waschbecken stand nun eine Spüle. Einen Küchenschrank gab es ebenfalls. Und einen prächtigen Strauß Blumen genau auf dem Tisch, an dem Toni und Erwin das Acid ausgepackt und mich auf den Trip geschickt hatten. Kalenderbilder mit mediterranen Landschaftsmotiven hingen eingerahmt an der Wand. Ein bisschen kitschig, aber anscheinend kompensierte sie so ihr Heimweh.
Karen begrüßte mich mit Küsschen links, Küsschen rechts. »Hast du das von Mark und seinem Vater gehört? Hat er ihn wirklich geschlagen?«
»Es war eine Ohrfeige. Aber die hat gesessen. Wäre ich nicht dazwischengegangen, hätten die sich richtig geprügelt.«
»Na, dann bist du jetzt ein Held. Und wo wohnt Mark nun?«
»Na, hier. Wusstest du das nicht?«
»Woher denn? Ich sitze den ganzen Tag an der Nähmaschine. Ich werde beim Festival einen Stand aufbauen, mit meinen Klamotten und ein bisschen Schmuck. Infomaterial zu Christiania will ich auch auslegen. Das haben Rike und Miti besorgt. Vielleicht lassen sich doch noch ein paar Leute von der Idee überzeugen und machen mit.«
Karens Augen funkelten, wie immer, wenn sie auf ihr Thema kam.
»Gehst du wirklich? Nichts mehr zu ändern?«
»Was guckst du so enttäuscht? Komm doch mit, wenn das Festival vorbei ist. Du könntest eine Christiania-Zeitung herausbringen.«
»Dieser Fürst macht alles kaputt«, knurrte ich.
»Was hat der damit zu tun?«
»Der benutzt das Musikfieber für seine Zwecke.«
»Wie meinst du das?«
»Er hat Don und Mark angeboten, zu ihm nach Berlin zu kommen. Mark will er einen Job als Studiomusiker besorgen, und Don soll bei ihm eine Ausbildung machen, das Musikbusiness aus erster Hand erlernen.«
»Das klingt doch superinteressant.«
»Ja, aber wenn die weg sind, ist das Musikfieber am Arsch.«
Ich machte eine Pause. »Und dann ist da noch Andi.«
»Was ist mit ihm?«
»Der will auch weg. Er hat sich fürs Konservatorium beworben. Tja, und du gehst auch.«
»Du solltest dir auch endlich mal Gedanken um deine Zukunft machen.«
»Du redest wie meine Mutter«, entfuhr es mir.
»Du willst doch nicht in diesem Kaff versauern? Warum besuchst du nicht eine Journalistenschule?«, fragte Karen.
»Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte ich und fühlte mich ertappt.
»Das ist bestimmt interessanter als beim Lokalblatt.«
»Aha«, antwortete ich. Mehr fiel mir dazu nicht ein.
Sie hatten alle einen Plan. Karen nach Christiania. Mark und Don nach Berlin. Andi Komposition studieren. Sollte ich mich wirklich für die Journalistenschule bewerben? Die Ausbildung war kostenlos, so viel hatte ich schon herausgefunden. In der Süddeutschen hatte ich einen Artikel darüber gelesen. Für den Unterhalt aber müsste ich selbst aufkommen. Wie sollte ich das bewerkstelligen? Und eine Aufnahmeprüfung war auch noch zu bestehen. Ich war mir unsicher. Komisch, eigentlich hatte ich noch nie gewusst, was ich wollte, nur immer, was ich nicht wollte. Eines wusste ich aber ganz genau, ich wollte, dass das Musikfieber weiterging.
»Alle Privatgespräche einstellen«, sagte Don in seiner Zampano-Tonart.
Er hatte so ein Ding aus Metall aufgebaut, das auf drei Beinen stand. Daran konnte man Notizblätter selbst im Konzertplakatformat befestigen. Don hatte sich vor dem Teil aufgebaut wie ein Seminarleiter.
Das Ding war ein Flip-Chart, der neueste Schrei aus der Welt des Marketing. Er hatte es bei seinem Alten in einem Katalog für Bürobedarf entdeckt und sofort bestellt.
Er hatte sich bestens vorbereitet. Für jeden von uns hielt er einen Chart bereit. Auf dem ersten Blatt stand in fetten Versalien: BILLY.
»Hallo, du Technik-Genie kümmerst dich wie schon beim Vorentscheid um alles, was auf der Bühne passiert. Geh zu Köfers Willi, aber diesmal brauchen wir eine richtige PA und Lightshow. Er soll sich anstrengen, die zu besorgen. Wenn nicht, mach ihm Dampf. Lass dich nicht übern Tisch ziehen. Ich erwarte bis morgen einen Kostenvoranschlag von dir.«
Don zog komplett die
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