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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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Königin, das ständige Nachfüllen der Öllämpchen in den Nächten, in denen sie keine Ruhe fand, brachten ihn aus dem Gleichgewicht. Manchmal forderte Isolde zwei, drei Botengänge gleichzeitig von ihm, rief ihn, kaum dass er sich entfernte, zurück, korrigierte ihre Anweisung und trieb ihn zur Eile an. Das alles geschah, seit die beiden milites vom Festland zurückgekehrt waren mit dem Heft aus Papyrus, seitdem es um diesen Jungen aus Parmenien ging, den noch niemand gesehen hatte und dessen Namen keiner kennen durfte.
    »Drystan«, murmelte Dorran, als er wieder erwachte und es schon längst dunkel war. Er hatte geträumt, dass er selbst so von den Rittern Gurmûns genannt wurde, die mit ihren Pferden immer dichter an seinem Kopf vorbeiritten. Er sei doch Dorran, flehte er sie an, Sohn eines Schmieds, aus der walisischen Ebene nach Erui verschleppt. Da stand Isolde mit einem Mal vor ihm, behauptete, sie sei seine Mutter, und wollte ihn in ihre Arme schließen. Er staunte, dass sie an ihre Brust eine Gestalt mit zwei Köpfen drückte, einen Tierkopf, und der andere hatte die Gesichtszüge von Benedictus wie die eines dicklichen, grinsenden Kindes. Da schlug Dorran die Augen auf, fasste in Stroh und Heu und wusste so, dass er sich immer noch in dem Stall befand. In der Ferne sah er durch das offene Tor den schwachen Schimmer eines Feuers. »Drystan«, flüsterte er und hörte den unheilvollen Klang des Namens. Ein Schauder lief ihm über den Rücken.
     
    Gurmûns Rückkehr -121 - Dorrans Auftrag
     
    Keine fünf Tage waren vergangen, da wurde die Rückkehr Gurmûns mit seiner gesamten Reiterschar erwartet. Die Boten meldeten Isolde, der König habe angeordnet, dass für ihn, seine Reiter und alle am Hofe ein Fest vorbereitet werden solle, denn er habe einen großen Streit geschlichtet und käme nicht mit leeren Händen. »Ein Fest wie das von Tara«, ließ er der Königin ausrichten, die Feuer sollten entfacht werden, die Spieße aufgestellt, Fleisch gebe es genug. Isolde scheuchte daraufhin ihre Mägde und Knechte und ließ im Hof Tische und Bänke aufstellen. Cowragli-Brot wurde gebacken und Feuerstellen eingerichtet. Tee aus Wedwaughn-Wurzeln wurde angesetzt, den die Reiter besonders liebten, weil er sie fröhlich machte und die Kämpfe und Strapazen vergessen ließ. Isolde genoss es, solche Feste zu arrangieren, und wusste, dass sie der Lohn waren für viele Tage, an denen die Reiter und ihr König gelitten hatten. Es gab auch immer Wehklagen dabei, wenn die Töten mitgeführt wurden und ihre Familien in Trauer fielen. Dann musste sie besonders dafür sorgen, dass die Freude der Sieger und Gewinner das Leid überstimmte. Aus Wellek, den Zwillingsgehöften am Meer, ließ sie den fili Vigh kommen. Er sollte singen und Legenden erzählen in seiner Sprache, die voller klangvoller Wörter war. Für die Kinder wurde ein bäire- Feld eingerichtet, damit sie mit Bällen spielen konnten. Und sogar die Mönche aus dem Kloster mussten mithelfen, das Fest würdig zu gestalten. Einige von ihnen sangen Psalmen, so schön, dass selbst Isolde, die diese christlichen Gesänge ablehnte, still dabei wurde und, froh darüber, die Worte nicht verstehen zu können, den Melodien gleichwohl gern folgte.
    Damit die kleine Isôt nicht allzu viel von der Aufregung und Unruhe, die entstanden waren, mitbekam, wurde sie in die Obhut Brangeenes gegeben, und beide zogen für einige Tage mit zwei Mägden in ein kleines Steinhaus nahe der Küste, in das sich auch Isolde manchmal zurückzog, wenn Gurmûn seine Kriegsleute um sich scharte und der Hof einem Wespennest glich.
    Dorran hatte neben anderem die Aufgabe, zwischen diesem Sommerhaus, wie es Isolde nannte, und der Burg zu wechseln. Das bedeutete nur einen Ritt von kurzer Dauer, ein Stundenglas konnte man währenddessen umdrehen, aber es erschöpfte den jungen Mann, weil er sich, je öfter er zwischen Hof und Küste unterwegs sein musste, immer weniger darüber im Klaren war, welche Aufgabe er nun gerade zu bewältigen hatte. Sollte er bei der kleinen Isôt nach dem Rechten sehen, hatte er sich auch gleichzeitig darum zu kümmern, den Stall herzurichten für die vielen Pferde, die erwartet wurden. Mit mindestens fünf Dutzend Tieren rechnete man. Aber es waren weit mehr, die mit Gurmûn einritten - auch ehemalige Feinde und Rivalen, die er sich unterwerfen konnte, hatte er mitgebracht.
    Als sie die vielen Reiter sah, erschrak Isolde. Es waren Menschen darunter, die noch Federn in die

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