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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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Sprachen lernen?
    »Aber du bist rechtzeitig gekommen und hast alles mitangehört, was ich mit diesen beiden Waldläufern besprochen habe?«
    »Nur den letzten Teil.«
    »Das genügt auch. - Auf dem Tisch liegt, wie du siehst, noch ein dritter Lederbeutel. - Siehst du ihn?«
    Dorran sah sich um. »Ja«, sagte er leise.
    »Nimm ihn!« Und da sich Dorran nicht bewegte, schrie sie ihn an: »Nimm ihn!«
    Dorran gehorchte und hielt den Beutel in der Hand. Er wog schwer. Wenn nicht Kupfer darin war, musste es viel Silber sein.
    »Und jetzt geh, pack deine Sachen und folge diesen beiden dummen Waldläufern, ohne dass sie dich sehen können, auf Schritt und Tritt, bis sie ihre Aufgabe erfüllt haben.«
    »Welche Aufgabe?« Dorran war völlig verblüfft, er wusste nicht, was gespielt wurde.
    »Bis dieser Junge das Leben verlernt hat.« Isolde biss die Worte aus sich heraus.
    »Welcher Junge?«, fragte Dorran mit seiner weichen Stimme. »Der Tod meiner Tochter!«
    »Ihr meint den Tod von Prinzessin Isôt?« Dorrans Stimme wurde immer leiser.
    »Hab ich noch eine andere?«
    »Nein, nein!« Dorran entschuldigte sich.
    »Dann tu jetzt, was ich dir gesagt habe. Und immer zum Halbmond bekomme ich einen Bericht von dir. Auf dem Festland gibt es überall Schreiber, und die Mönche hier können alle Sprachen. - Geh jetzt! Und wehe, einer dieser Läufer entdeckt dich! Sie verfolgen den Jungen, und du verfolgst sie. Ist dir das klar?«
    Isolde stand auf und fasste sich an die Stirn, verzog das Gesicht dabei, als hätte sie Schmerzen. »Lösch die Lampen aus!«, sagte sie leise, und Dorran folgte ihrer Anweisung wie gewohnt. Als nur noch am Lager der Königin ein Lämpchen brannte, verließ er den Raum.
    Draußen standen die beiden Waldläufer im Schein eines Feuers und zählten Münzen. Sie schienen recht froh dabei zu sein. Dorran fühlte nur den schweren Beutel in seiner Hand. Allmählich begriff er, was seine Aufgabe war. Sonne und Mond musste er von nun an meiden, damit man nicht einmal seinen Schatten sah.
     
    Der Pferdeknecht Thomas ~122~ Ein Dom und noch ein Dom
     
    Unbekümmert ritten während derselben Tage Courvenal, Tristan und Thomas, ein Pferdeknecht, den Courvenal in Magdeburg gedungen hatte, auf dem Festland durch teutsche Lande gen Süden. Gefolgt immer von Nella, der Hündin. Thomas, der den Schluss ihrer kleinen Karawane bildete und auch das zusätzlich angeschaffte Packpferd beaufsichtigen musste, sollte dafür sorgen, dass die Hündin ihnen fernbliebe, so hatte es Courvenal ihm aufgetragen. »Und wenn du sie erwischst, schlag sie tot!«, hatte er Thomas leise befohlen und dem Jungen dafür sogar Geld geboten. »Es ist ein böser Geist in dem Tier«, hatte er gesagt, als Tristan einmal vorausgeritten und außer Hörweite war. Thomas hatte nur mit dem Kopf genickt, und Courvenal wusste längst, dass er in dem Knecht zwar einen fleißigen Helfer, jedoch keinen besonders ritterlichen Begleiter gefunden hatte.
    Wenn sie zur Nacht lagerten, näherte sich Nella Tristan manchmal leise winselnd. Er wachte auf und spürte, wie etwas seine Hand berührte, ohne zu wissen, dass es sich dabei um Nellas Zunge handelte. Weil der Junge aber oft so müde von den langen Ritten und den vielen Menschen war, denen er auf dieser Reise begegnete, schüttelte er meist nur die Hand, als würde ihm eine Spinne über die Finger krabbeln, und schlief gleich wieder ein.
    Thomas hingegen, der weit weniger Schlaf zu brauchen schien und sich seinem neuen Herrn Courvenal sehr ergeben zeigte, beobachtete diese nächtlichen Annäherungen des Hundes und schwieg darüber, weil er sonst den Mönch hätte wecken müssen. Hätte er das getan, wäre die Hündin, die ihm sehr listig schien, schon wieder weg gewesen. Machte die kleine Pilgertruppe mit ihren vier Pferden in Klöstern und Herbergen halt, hielt sich Nella ohnehin den Anwesen fern, und auch Courvenal dachte nicht mehr an die Hündin.
    Je weiter sie in Germanien südwärts kamen, desto mehr dankte es Courvenal seinem Ordensbruder Adolphus aus der Kaiserstadt Magdeburg, dass er ihm den jungen Thomas als Begleiter empfohlen hatte. Adolphus, durch und durch gläubig und immer auf der Seite des Papstes, ganz gleich wie dieser gerade hieß, hatte bemerkt, dass sein Klosterschüler Thomas die Pflanzen liebte.
    »Jemand, der sich um Blumen kümmert«, hatte er zu Courvenal gesagt, »der an Blüten riecht und von den Haselsträuchern die Nüsse sammelt, der schmackhafte Pilze findet und von giftigen

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