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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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er sein Pferd im Schritt hielt. Er wollte die Augen bedecken, dabei verlor er das Gleichgewicht und rutschte zur Seite. Ihm war danach, sich fallen zu lassen. Zu groß war die Angst, Tristan für immer verloren zu haben und mit ihm das Volk seiner Parmenier. Dann würde er sich - von einem Felsen stürzen. In diesem Augenblick sah er plötzlich Yella vor sich, den Knecht, wie er ihn angestarrt hatte, bevor er hinterrücks in seinen Tod fiel. Die aufgerissenen Augen, der fragende Blick, nicht an ihn gerichtet, in den Himmel vielleicht, auf die Möwen?
    »Mein Herr?« Ein Reiter war neben ihn geritten und hielt ihn am Arm fest. Rual sah die im Morgenlicht glänzende Rüstung und dahinter schon den Hafen und die Schiffe. Es zogen dunkle Wolken vor die Sonne. Wenig später wurde das Segel gesetzt.
     
    Der müde Reiter ~ 173 ~ Afra
     
    Thomas begegnete an diesem Morgen der Reiterschar, die den Marschall aus der Burg hinaus begleitete. Dass es sich bei dem im Sattel plötzlich zur Seite rutschenden Ritter um Rual handelte, wusste er nicht und fragte auch nicht nach. Der Mann war vielleicht einfach nur von der aufgehenden Sonne geblendet gewesen oder müde von einer langen Nacht wie er selbst. Viel wichtiger war ihm, was sich die Leute am Wegrand erzählten: Zwei feindliche Kundschafter seien in der Nacht aufgegriffen und in den Turm von Conoêl geworfen worden. Das freute Thomas über alle Maßen. Sein Plan war also aufgegangen.
    Noch am Nachmittag zuvor, nachdem er sich mit dem Stallmeister am Hafen über den Kauf eines Pferdes einig geworden war, hatte er das nicht mehr ganz junge Tier hinter den Hütten über einen Abhang auf einen Hügel geführt, von dem aus er sowohl den Hafen wie auch die Herberge im Blick hatte, in der Hoggard auf ihn wartete. Über den Weg zum Hafen sah er einen Tross von Reitern einreiten, junges Volk war dabei, bunt geschmückt mit Fahnen und Wimpel an den Rössern. Das konnten also keine Wachleute sein, auf die er wartete. Doch es dauerte nicht lange, da stürmte erst in vollem Galopp ein Reiter heran, bei dem es sich, wie er später wusste, um Inger handeln musste, bis auf der Kuppe eines östlich gelegenen Hügels ein geordneter Trupp auftauchte, der direkt auf die Herberge zuhielt. Zwei der Reiter stiegen ab und verschwanden in der Hütte.
    Da ein frischer Wind aufkam, rieb sich Thomas die Hände. Er richtete seinen Blick unablässig auf die Tür der Herberge und achtete nicht auf die aufgeregten Rufe, die vom Hafen herkamen, bis ein zweiter Tross Berittener von dorther ebenfalls auf die Hütte zuhielt. Anscheinend wurden Nachrichten unter den Reitern ausgetauscht, alle saßen ab, die Hütte wurde umstellt, und bald darauf erschienen Hoggard und der Erui im Licht der jetzt schon fast untergehenden Abendsonne. Sie mussten gefesselt sein. Mit kurzer Leine wurden sie hinter den Pferden festgebunden und angetrieben, ihnen zu folgen. So ritten wieder acht Mann, wie sie gekommen waren, den Weg zurück - Hoggard und Dorran hinter sich herschleppend. Die anderen Reiter, die hinzugekommen waren, saßen ebenfalls auf, machten kehrt und ritten zum Hafen zurück.
    Thomas atmete auf. Als Erstes holte er seine Sachen, die er in der Herberge untergestellt hatte. Dann machte er sich auf zu einer Schenke, die auf halbem Weg zwischen Hafen und der Burg Conoêl am Weg liegen sollte. Dort wollte er die Nacht verbringen, er hatte keine Eile.
    In der Hütte gab es ein paar Frauen, die taten, als warteten sie schon lange auf ihn. Vor allem eine hatte es ihm angetan, die sich Afra nannte und vorgab, aus Augustusburg zu stammen. Sie hatte ein derbes Aussehen, aber schöne Schultern und flache Brüste, wie Thomas sie liebte. Außerdem verstand Afra auf Anhieb seine Sprache, lockte ihn mit dem Versprechen, ihm allerbesten Wein aufzutischen und ein überm Feuer gebratenes Rebhuhn. Sie führte ihn in die Kammer, die sie beide in dieser Nacht ganz für sich allein haben würden, was Thomas, seitdem er solches Privileg in Toledo genossen hatte, gleich wie der Himmel auf Erden vorkam. Dass er dafür zwei ganze Turnüsgroschen auf den Tisch legen musste, scherte ihn wenig. Und er bekam auch, wofür er zahlte: Das Rebhuhn war köstlich, der Wein bekömmlich, und Afra gab sich ihm so lange und so bereitwillig hin, dass er zum Schluss ermattet an ihrem Rücken lag und sie noch bis zum Morgengrauen Zeit für einen anderen Gast fand, der von einem der Handelsschiffe aus Danmark kam und ein paar dänische Pfennige bei ihr

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