Tristan
wie man sie nicht auf jedem Markt kaufen konnte. Curtius vermutete gleich, dass es sich dabei um einen aus dem Norden handeln musste. Erst jetzt bemerkte er, dass beiden die Hände auf dem Rücken gefesselt waren.
Rual sprach mit ihnen, fragte sie aus, kannte schon ihre Namen. Den einen, der nur ein langes, fleckiges Hemd über seinen Beinkleidern trug, nannte er Hoggard, den anderen, den mit dem hirschledernen Wams, Dorran.
»Woher sind diese Münzen?«, wollte Rual von Hoggard wissen. Er hielt ihm seine linke flache Hand entgegen, auf der einige Moritzpfennige lagen. »Und vor allem: Wem hast du diese Schillinge gestohlen?« Bei diesen Worten zeigte er dem Britannier große, im Widerschein des Feuers golden leuchtende Geldstücke, die er ihm wie Hostien entgegenhielt.
Der Angesprochene schwieg und senkte den Blick zu Boden.
Daher wandte sich Rual an den anderen Gefesselten. »Und du«, sagte er, »was hast du uns zu verbergen? Welcher Auftrag führt dich nach Conoêl? Warum hast du dich nach meinem Sohn Tristan erkundigt? Woher stammst du, aus Irland? Stimmt das, oder stimmt das nicht?«
Wieder kam ihm Schweigen entgegen. Das Feuer der schnell aufgeschichteten Scheite beleuchtete die beiden Gefangenen wie Pferdediebe, die gleich zum Galgen geführt werden sollten.
Rual rief nun nach Hubertus. So hieß der Schmied, das wusste Curtius wohl. Und Hubertus trat aus der Reihe der Reiter, ein grobschlächtiger Mensch, der keinen hellen Verstand hatte, aber wusste, wie man aus einem klobigen Stück Eisen ein schmales Schwert mit scharfer Schneide hämmern konnte. Jeder auf Conoêl hatte auch davon gehört, dass Hubertus daran arbeite, »den Pferden Schuhe zu geben«, wie es hieß, und sich darüber aufregte, dass es immer wieder Leute gab, die darüber den Kopf schüttelten. Eigenartige Eisenstäbe schmiedete er, an deren Enden Formen zu sehen waren wie Zeichen, Symbole oder Wappen. Einige dieser Zeichen sahen aus wie ein »U«, andere wie ein zusammengezogenes »CE«. Wenn man ihn danach fragte, sagte er nur, das »U« stehe für Freiheit, es fange den Segen Gottes auf, und das »CE« für Conoêl. Es sei wie eine Burg, geschützt vor allem Bösen. Drehe man das »U« aber um, sei es ein Omega, ein Symbol für die Einheit des Ewigen, in dem sich wie in Jesus aller Anfang und Ende treffen würden. Es gäbe also keinen besseren eisernen Schuh an den Hufen der Pferde als dieses »Q«, wenn man auf ihrem Rücken gegen die Heiden in den Kampf ziehen wollte.
Niemand wusste, woher der Schmied etwas über dieses Zeichen erfahren hatte und wieso er so hochtrabende Worte im Mund führte, da er doch den ganzen Tag über nichts anderes tat, als Eisen zu schmieden. Curtius selbst hatte ihn darauf hingewiesen, dass es gotteslästerlich wäre, ein Symbol der Unvergänglichkeit des Herrn an den Hufen von Rössern zu befestigen.
Bei solchen Einwänden schüttelte der Schmied nur seinen Kopf mit dem langen, schwarzen, zotteligen Haar. Gerade in diesen Tagen war er damit beschäftigt, eine neue Methode herauszufinden, wie er die Eisen an den Hufen der Pferde befestigen konnte, damit sie jeden noch so strapaziösen Ritt aushielten. Lederriemen hatten sich als Halt an den Fesseln als untauglich erwiesen, sie rissen bei schnellem Galopp auf steinigem Grund. Deshalb hatte er jetzt Stifte gezogen, die er direkt durch Ösen am Eisen in das Horn der Hufe trieb. Weil er sie aber umbiegen musste und sie deshalb oft nicht fassten, war er ungeduldig geworden und hämmerte manchmal bis spät in die Nacht, um den eisernen Dornen eine neue Form zu geben. Wann immer man zu ihm kam, stets hatte Hubertus Eisen in seiner Esse liegen, deren Glut nie erkaltete.
Das wusste Rual. Also befahl er dem Schmied, eines der Eisen zu holen. Und zu dem Irländer gewandt, sagte er in scharfem Ton: »Wenn du mir nicht auf der Stelle sagst, warum du auf Conoêl bist, warum du nach meinem Sohn gefragt hast und in wessen Auftrag, dann wird dir der Schmied ein Zeichen auf die Stirn brennen, das du nie wieder vergessen können wirst.«
Dorran begann sofort, um Gnade zu flehen, und gestand seine Absichten, Tristan im Namen der Königin Isolde von Erui zu entführen und auf die Insel zu bringen.
»Nach Irland also!«, sagte Rual und fragte sich nach dem Grund für solch ein Vorhaben, wandte sich wieder ratlos an Hoggard und wollte nun von ihm unter Androhung der gleichen Strafe wissen, weshalb er in Parmenien sei. Als der Britannier daraufhin beichtete, dass er nur
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