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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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sie, stürmte einfach auf den jungen Mann zu, der rasch zur Seite trat und der Frau nur noch nachblicken konnte, wie sie rasch hinter einem der Ställe verschwand.
    Tristan war benommen. Das Bild der vor ihm fliehenden Unbekannten verfolgte ihn noch, als er in den schattigen Raum trat. Er kam von der Wasserstelle, wo er sich gesäubert hatte - seit seinen letzten Tagen auf Conoêl hatte er nicht mehr so etwas Wohltuendes erfahren. Doch wer war diese junge Frau? Was suchte sie bei seinem Lager? Hatte sie bei ihm gelegen? Hitze durchströmte seinen Körper. Es hatte viel zu trinken gegeben in der Nacht, in der sie mit Marke gefeiert hatten. Hench, der Jagdknecht, hatte ihn schließlich an Häusern und Ställen vorbei zu seinem Lager geführt. Alles war unbekannt für ihn. Hench hatte ihm die Schuhe ausgezogen, das wusste er noch. »Ich würde gern Euer Knappe sein«, hörte er dessen Worte nachhallen.
    »Das geht nicht«, hatte Tristan mit schon geschlossenen Augen geantwortet, »weil ich nicht dein Ritter bin.«
    »Dann eben Euer Knecht.«
    »Ich kenne dich doch gar nicht!«
    »Aber ich kenne alle Leute auf Tintajol, und das kann Euch eines Tages sehr hilfreich sein.«
    »Kennst du auch alle Frauen?«
    »Gewiss doch, Herr. Soll ich Euch eine zuführen?«
    Das waren die letzten Worte, an die Tristan sich erinnerte. Aber vielleicht hatte er ja auch noch ein »ja« gesagt oder ein »Sofort« gestammelt, und Hench hatte ihm tatsächlich eine Frau …?
    Tristan setzte sich auf sein Lager und grübelte nach, was er womöglich angerichtet hatte. Irgendetwas musste geschehen sein, an das er sich nicht mehr erinnern konnte. Der leichte Schmerz in seinem Kopf ließ allmählich nach, doch er schwor sich, sich nie mehr dazu hinreißen zu lassen, diesen Wein zu trinken, der nach dem zweiten und dritten Becher so gut schmeckte, dass man nicht mehr davon lassen konnte.
    Hench, dachte Tristan, ich muss Hench fragen, was passiert ist.
    »Hench!«, rief er, »Hench, wo bist du?«
     
    Elmars Erinnerungen ~ 180 ~ Brennende Apostel
     
    An diesem Morgen, als Tristan nicht mehr wusste, was er in der Nacht zuvor . getan hatte, wurde Courvenal in einem kleinen Hafen an der schottischen Küste aus der Dunkelheit seines Gefängnisses befreit. Die Norweger hatten in Kettwall angelegt, ein paar Waren mit den Bauern getauscht, frisches Wasser an Bord genommen, den Mönch aus seinem Versteck geholt, ihn über die Landungspritsche bis zum Ufer getragen und ihn dort liegen lassen. Die Bauern waren längst abgezogen, und Courvenal, der wie ein nasses, vom Meer angespültes Bündel Stoff aussah, wäre wohl elendig zugrunde gegangen, wäre nicht ein Mönch des Klosters Fidgrow, das sich oberhalb von Kettwall befand, auf dem einzigen Pferd des Klosters vorbeigeritten und hätte Courvenals Stöhnen und Jammern gehört.
    Bruder Elmar kümmerte sich um Courvenal, als wäre er sein eigener Sohn.
    Nicht oft kam es vor, dass an dieser rauen Küste ein Ordensmensch zu ihnen fand und wenn schon keine Waren oder Bücher, so doch wenigstens Nachrichten aus der Welt mitbrachte. Der fremde Mönch war noch zu schwach, um zu sprechen, und Elmar wusste nicht einmal seinen Namen. Er blieb bei Courvenal, nachdem er ihn ins Kloster gebracht hatte, pflegte ihn und fragte ihn wissbegierig aus, sobald er einigermaßen bei Kräften war. So erfuhr er viel über die Entführung, über den Schüler Tristan und über die Reisen, die sie unternommen hatten zur Bildung und ritterlichen Reife des Jungen.
    Je mehr Elmar von Courvenal erzählt bekam, desto reichhaltiger wurde das Essen, das er ihm brachte. Als Courvenal fast gänzlich genesen war und wieder allein auf seinen Beinen stehen konnte, begleitete er ihn zuerst in die Kapelle, um an seiner Seite Gott dafür zu danken, dass er diesen klugen Mann ans Ufer gespült und ihm so eine wertvolle Gesellschaft geschenkt hatte, die er schon lange vermisste.
    Courvenal hingegen flehte zuerst zu Gott, dass Tristan unversehrt geblieben und gerettet sei wie er selbst, und begann sogar einen Gesang anzustimmen, der in dem kargen Gotteshaus, das mehr einem Stall glich, ohne Klang und Widerhall blieb.
    Für Elmar war es ein Ohrenschmaus.
    »Du musst uns jeden Tag etwas singen, Bruder Courvenal«, sagte Elmar, als sie die Kapelle verließen und einen engen, von zwei Steinhäusern begrenzten Hof betraten. Unter einem vorgezogenen Dach stand das Pferd und streckte den Kopf zu Boden, um zwischen Pfützen und Lachen nach ein paar Grasbüscheln

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