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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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werden mir ein Pferd und Kleider geben, und so werde ich einer von ihnen sein. Morgen, wenn du uns wieder die Sonne schickst, damit unsere Augen die Herrlichkeit deiner Welt bestaunen können, werde ich ihnen noch mehr von dem zeigen, was du, Herr - von nun an dachte Tristan an Courvenal -, mich gelehrt hast, und später, wenn wir zu Markes Burg kommen, will ich mich benehmen wie jemand, der deinem Anstand, Herr - jetzt bezog er sich auf Rual -, gerecht wird, und sogar wenn mir Frauen vom Hofe begegnen, werde ich an dich denken - dabei stand ihm seine Mutter vor Augen, und er musste sich beherrschen, damit er nicht zu schluchzen begann. Sosehr er auch Floräte und Rual vermisste, die Angst und die Sorge, die er sich um Courvenal machte, war größer. Dass er ihn am nächsten Tag nicht würde begrüßen können, versetzte ihn in Angst.
    Anderntags war seine Beklemmung von ihm gewichen. Er war als Jäger gekleidet, saß auf einem wendigen und willigen Pferd, war ausgestattet mit Speer, Bogen und Pfeilen und konnte beweisen, dass es keinem Tier gelang, ihm zu entkommen. Schon gegen Mittag war die Jagdtruppe so ausreichend mit Beute versehen, dass die Lastpferde bis an die Hälse vollgepackt waren. Daher entschloss sich Lebuin, ohne weitere Rast nach Tintajol zurückzukehren, das er noch vor der Nacht erreichen zu können glaubte. Die Schar der Jäger und Knechte ritt ungeordnet los. Jeder wollte der Erste auf der Burg sein, um den Leuten des Königs zu verkünden, mit welch herrlicher Beute sie einritten.
    Als Tristan diese Hast bemerkte, schloss er zu Lebuin auf und fragte, ob das Treiben seiner Gesellen in seinem Sinne wäre.
    »Warum nicht?«, sagte darauf der königliche Jäger unter Lachen. »Lass den Mannen die Freude. Wenn sie schon nicht in Schlachten gegen den Feind siegreich sein können, so zählen ihre Taten in den Wäldern und auf den Auen eben diesmal doppelt, und das wollen sie sich nicht nehmen lassen.«
    »Warum bist du nicht unter den Ersten, die davongeritten sind?«
    »Weil…« Lebuin stockte.
    »Weil sich solches Verhalten für eine fürstliche Jagdgemeinschaft nicht schickt«, fuhr Tristan an Lebuins Stelle fort, »und das weißt du oder ahnst es zumindest. Auch du hast einen Sieg errungen und solltest im Triumph heimkehren. Du solltest zeigen, wie sehr du deine Kunst beherrschst. Im Moment jedoch wird in den Augen deines Königs alles so erscheinen, als hätte dir der Zufall oder das pure Glück deinen Fang in die Hände gespielt. Und wenn auch noch der Jagdknecht vor dir die Burg betritt, um den Erfolg eures Ausritts anzukündigen, könnte man schnell deine Taten für die seinen halten.«
    Lebuin schaute Tristan nicht an. Doch dessen Worte trafen ihn mitten ins Herz. Er arretierte sein Pferd, griff selbst zum Horn und blies das Signal zur Versammlung. Dieses Signal konnte bedeuten, dass er sich in Gefahr befände oder auch, dass es galt, ein Tier zu jagen, woran jeder Anteil zu nehmen habe. Er blies das Horn zweimal und nur kurz, setzte es ab und wandte sich mit ernstem Blick an Tristan: »Du sprichst wahr, aber wir kennen nur diese Art des Heimritts. Was soll ich den Männern sagen, wenn sie gleich zurückkehren? Wie sollen wir in die Burg einreiten, wer soll was verkünden, und was machen wir mit den Packpferden, die noch ein gutes Stück hinter uns sind?«
    »Wir warten auf sie, bis sie aufgeschlossen haben, denn die Tragpferde werden zuerst in die Burg einreiten.«
    »Die Pferde zuerst?« Lebuin schüttelte den Kopf.
    »Geordnet, zu zweien«, fuhr Tristan fort und wunderte sich darüber, mit welcher Bestimmtheit er gegenüber dem Jagdmeister sprach, der gut dreimal so alt wie er sein mochte. »Und das Leitpferd trägt den Hirsch. Es wird aussehen, als wenn er sich selbst seinem König anbietet. Damit Marke auch gleich erkennen kann, was du ihm bringst, werden auf den beiden folgenden Rössern die besten Teile des Wildbrets aufgelegt sein. Wie ein Geschenk muss erscheinen, was du deinem Fürst aus der Natur gebracht hast. Er wird dir dafür förmlich danken, mehr aber noch erkennen, was Gott, der Herr, selbst ihm in seiner Güte zum Geschenk gemacht hat. So rückt sich alles ins richtige Verhältnis. Und nicht nur die Augen sollen sehen, sondern auch die Ohren an dem Triumph teilnehmen. Ich könnte auf deinem Jagdhorn ein paar Melodien blasen, die bestens dafür geeignet sind, alle Blicke auf den Einritt deiner Truppe zu lenken.«
    »Du kannst das Horn blasen?«, fragte Lebuin

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