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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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und gaben ihr Rat. Dann gebar sie ihre Tochter Isôt, ich erinnere mich noch an den Tag, an dem wir aus dem Königshaus zur Feier der Geburt Wein gebracht bekamen. Doch wenig später, oder waren es einige Jahre später? - wenn ich mich nur recht erinnern könnte! -, hieß es plötzlich, ein roter Stern sei über dem Meer aufgegangen, der dem Eiland Unglück verheiße. Ein Königssohn jenseits des Meeres würde das Unglück bringen und den Tod, Eruis Tod, verstehst du, Bruder?«
    Courvenal hörte aufmerksam zu und erschrak, als Elmar den roten Stern erwähnte. Es wurde dunkler im Raum, das Feuer sackte in sich zusammen, und Courvenal schlug vor, ihr Gespräch am nächsten Morgen fortzusetzen. Elmar war durch seine Erinnerungen so in Eifer geraten, dass zu befürchten war, er würde die beiden einzigen Stühle, auf denen sie saßen, den Flammen opfern, nur um noch weiter zu berichten. Tatsächlich verschwand er auch für eine Weile und kam mit zwei geschnitzten Figuren zurück, die wohl die Apostel Paulus und Johannes darstellen sollten.
    »Bruder!«, fuhr Courvenal auf. »Du willst doch nicht etwa …?«
    Da warf Elmar sie schon in die Glut, und aus dem trockenen Holz schlugen sofort die Flammen. »Meine Erinnerungen sind mir heilig«, sagte er dabei und lachte ein wenig, »und wer weiß, wann wieder eine Stunde kommen mag, in der ich einen solch geduldigen Zuhörer finde wie dich. - Wo waren wir stehen geblieben? - Der rote Stern! Natürlich eine List der Druiden! Nach sieben Jahren, prophezeiten sie, würde er verglühen, wenn bis dahin nicht der Königssohn gefunden und auch getötet wäre. Das waren wahrscheinlich sieben Jahre, in denen die Druidenfamilien bestens lebten, denn die Königin ließ sich von ihnen unterrichten, weil sie selbst es verabscheute, in den nächtlichen Sternenhimmel zu sehen. Wenn ich mich recht erinnere, müssten diese sieben Jahre längst vorbei sein. Ich verließ die Insel, als diese Himmelsperiode begann.
    Was sich seitdem auf der Insel oder sonst ereignet hat, weiß ich nicht. Ich gehe nachts nicht aus dem Haus. Wenn es klopft, ist es der Wind, der mit irgendetwas gegen die Tür schlägt. Pilger kommen hier nicht vorbei. Und wenn einmal der eine oder andere Bauer oder Knecht auftaucht und um eine Messe bittet, dann deswegen, weil jemand aus seiner Familie im Sterben liegt. Wenn ihre Kräuter und heidnischen Gesänge nicht mehr helfen, dann …«
    »Weißt du noch, wie dieser Königssohn hieß, nach dem sie suchten?«, unterbrach Courvenal den Mönch, weil er fürchtete, dass er gänzlich in seine fruchtlose Gegenwart abschweifte.
    »Namen!«, sagte daraufhin Elmar und schlug die Hände zusammen. »Was bedeuten schon unsere weltlichen Namen, Bruder Courvenal? Ich erinnere mich nur an die unserer Apostel, aber, ehrlich gesagt« - er senkte seine Stimme - »auch nur deswegen, weil ich sie dauernd vor mir hersage. Doch dieser Königssohn sollte, wenn ich mich recht erinnere, heißen - wie hieß noch dein Schüler?«
    »Tristan.«
    »So ähnlich, ja, das könnte der Name sein. Oder auch Tristus, oder Tertian, oder Tartin - was weiß denn ich«, sagte er plötzlich aufbrausend, »jedenfalls, und das wussten alle, war es kein richtiger Name!«
    »Kein richtiger Name?«
    »Ein Hirngespinst, erfunden von den Druiden, um die Königin zu verwirren. Sieh doch« - jetzt beugte sich Elmar vertrauensvoll Courvenal entgegen -, »der Feind der Iren lauerte auf der anderen Seite des Meeres - Britannien! Weil die Britannier unter dem Zins litten und immer noch leiden, den die mächtigen Iren ihnen auferlegt hatten: Korn und Wolle, Erz und Eisen, Silber und Gold jedes, jedes Jahr! Und schließlich, als es das alles nicht mehr in der geforderten Menge gab, forderten sie Knappen als Sklaven. Junge, wohlgenährte Männer aus den besten Familien, die ihre unbezahlten Söldner werden sollten - ihre Sklaven! Das wollte Gurmûn! Alle paar Jahre schickt er seinen Schwager hinüber mit seinen Kriegern und holt sich, was er kriegen kann. Das Königshaus muss schließlich leben, braucht Münzen und Waffen, um das eigene Volk einzuschüchtern. Dann fanden sie einen Druiden, der ihnen etwas vom bösen Feind erzählte, der ihnen die Königstochter raubt! Woran erinnert das, wenn ich mich recht erinnere? An ein Schachspiel, Bruder Courvenal! Könnt Ihr Schach spielen? Natürlich versteht Ihr Euch darin. Dann wisst Ihr auch, was es bedeutet, wenn die Königin in Gefahr gerät. Und so erfanden sie einen Tartinus, oder wie

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