Tristan
zu suchen.
In einem der Häuser brannte ein Licht. Das war dort, wo Courvenal untergebracht war. Elmar, einen Kopf kleiner und gewiss ein decenium älter als er, stand neben ihm und verbarg die Hände in den Ärmeln seiner zerschlissenen Kutte.
»Wo sind die anderen Klosterbrüder?«, wollte Courvenal von ihm wissen.
Elmar räusperte sich. »Die anderen?«, wiederholte er die Frage. »Welche anderen?«
»Die anderen eben.«
»Es gibt keine anderen, Bruder.«
»Willst du behaupten, du bist der einzige Bewohner dieses Klosters?«
»Als ich hier vor ein paar Jahren ähnlich wie du an den Strand gespült wurde, weil das Boot, auf dem ich mich befand, von Irland kommend, in einen Sturm geriet und hier notankerte, da gab es in Fidgrow noch acht Brüder. Zwei davon sind weggezogen in den Süden der Insel, vier sind verstorben, und die restlichen zwei haben sich als Knappen verdingt. Jetzt bin ich allein hier. Nur das Pferd ist mir geblieben. Ich habe zwei Schafe und eine Ziege, die mir Milch geben, und die Schiffe, die hier anlegen, lassen manchmal etwas für mich zurück. Dafür versorge ich sie mit frischem Wasser. Wer nach norje will, muss hier vorbei, und Gottes süßes Nass brauchen sie alle. Sie geben mir dafür Mehl und Salz und manchmal sogar ein Fässchen Wein. Ich habe noch eins davon. Der heutige Tag, an dem du wieder gehen und sogar singen kannst, scheint mir der richtige, um es zu öffnen. Dieses Haus dort zur Linken steht leer. Dort bin ich schon seit dem Frühjahr nicht mehr gewesen. Gehen wir also in das andere. Da ist das kleine Refektorium, das sogar einen Kamin hat. Wir machen uns ein Feuer, trinken etwas, rösten Brot über glühender Kohle, und du erzählst weiter. Oder ich erzähle etwas, was meinst du, Bruder?« Bei diesen Worten hakte sich Elmar bei Courvenal unter.
Sie kamen in einen schmalen länglichen Raum, in dem nur noch zwei Stühle und ein Tisch standen. »Das andere Mobiliar«, erklärte Elmar wie nebenbei, »hat mir im letzten Winter die Beine gewärmt.« Er lachte, fand Lunte und Feuerstein und setzte tatsächlich im Kamin lose aufgeschichtete Hölzer in Brand. Er holte den Wein und das Brot, brachte Salz mit und in zwei Holzschalen dicke Schafsmilch, auf der er Honig aus Bienenwaben zerbröselte. Später gab es noch heißes Wasser mit zerriebenen getrockneten Kräutern aus einem Topf, den er einfach ins Feuer gestellt hatte. Courvenal schmeckte dies alles vorzüglich. Während er aß und trank, vernahm er beim Knistern des Feuers Bruder Elmars Stimme, die ihm leise und eindringlich seine Lebensgeschichte vortrug, immer wieder unterbrochen von dem Satz: »Wenn ich mich recht erinnere!«
»Meine Zeit in Irland war die schlimmste«, sagte er. »Dagegen ist dieses verlassene Kloster wie das Paradies. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich nach Erui geriet, aber wenn ich mich recht erinnere, hatte uns der Papst selbst dorthin gesandt. Wie er hieß, ist mir entfallen, Gregor, Paulus, kann das sein? Wir, eine kleine Horde von fünf Mönchen, folgten jedenfalls einem Aufruf, unserem seligen Bruder Laurentius, der so viel Gutes getan hatte in Irland, um die Erd- und Sonnenanbeter von der Heiligen Schrift zu überzeugen. In der Grafschaft, an dessen Gestade wir landeten, herrschte der König Gurmûn mit seiner Königin Isolde, beide noch ganz jung. Die Königin herrschte, so muss man es sagen, während Gurmûn ständig unterwegs war, um Zinsen einzutreiben. Die Leute hatten nichts, und wenn sie nichts hatten, was sie ihm geben konnten, hat er ihnen noch die Haare abgeschnitten, um die Kissen der Königin damit auszustopfen.
Wir Mönche lebten in Höhlen, von deren Wänden Wasser rieselte und unter unseren Füßen im Boden versickerte. Tagsüber gingen wir zu den räths, wie die Leute ihre Behausungen nannten, und predigten ihnen Christi Worte. Abends kehrten wir in unsere Klosterhöhle zurück, aßen ein Fladenbrot, tranken Wasser, schliefen auf feuchtem Stroh, und am nächsten Morgen zogen wir wieder los. Wenn einmal die Sonne schien und wir uns an einem windstillen Platz wärmen konnten, war das ein Geschenk unseres Gottes. Was wir sonst sahen, war nur Leid.
Besser als uns und den Armen ging es nur den Familien der druis, unseren Brüdern im Scriptorium, die ein richtiges Haus hatten, Benedictus, dem Abt, und der Königsfamilie. Die Königin allerdings, das muss ich sagen, war den Mönchen gutgesinnt, sie tat oft auch so, als würde sie zu Gott beten. Nachts aber kamen die Druiden zu ihr
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