Tristan
antworteten, weil sie ihn gar nicht verstehen konnten.
Pajol achtete darauf, dass Rual den Leuten nicht zu viele seiner Pfennige gab. Meistens begleitete er ihn bei seinen Landgängen. Er konnte ein paar Wörter der Wikinger sprechen, weshalb Rual akzeptierte, dass er ihm folgte. Ein- oder zweimal gab es Schwierigkeiten - das war schon auf der Rückfahrt am Hafen von Bergen, weil es wohl dort gerade einen König gab, der so ähnlich wie Tristan hieß, nämlich »Tista«. Und dann rannte da einer herum in fremder Kleidung mit einer unverständlichen Sprache, der nach dem König verlangte? Schon bald versammelten sich einige Krieger, um ihren König vor dem Fremden zu schützen, der vielleicht ein paar Boote voller Leute im Fjord liegen hatte und das Königreich überfallen wollte. Schnell ließ Pajol das Segel hissen, schleppte Rual an Bord und befahl abzulegen. Die Lagerkammern des Bootes waren gefüllt, Pajol witterte gute Geschäfte und steuerte Irland an. Dort, schwor er sich, wollte er sich seines Passagiers entledigen. Er wusste bereits, wie.
Es war eine lange Fahrt bis nach Develin, den größten Ort an Irlands Küste. Pajol wiegte Rual in dem Glauben, dass sie bald zum Festland zurückkehrten.
Seinen Leuten auf dem Boot hatte er eingeschärft, nur diese Auskunft zu geben. Henrik, den Hellsten aus seiner Mannschaft, hatte er beiseitegenommen und ihm seinen Plan so lange erklärt, bis er hoffte, dass dieser ihn verstanden hatte und seinen Worten folgen konnte. Es gelang!
Als sie den Hafen von Develin erreichten, ruderte Pajol zusammen mit Rual und zwei seiner Leute an den nächsten Kai. Rual ging gleich los und fragte wieder jeden, den er traf, nach »Tristan«. Immer erntete er ein Kopfschütteln. Bis er einer Frau begegnete, die sagte: ja, der sei erst kürzlich bei ihr gewesen.
»Ein Jüngling noch, mit gelben Haaren?«, vergewisserte sich Rual.
Genau so habe er ausgesehen. Und er könne wunderbar singen.
Rual erstarrte. »Hat er gesagt, woher er stammt?«
»Natürlich hat er das«, sagte die Frau, »aus einem Fürstentum, das Pernemium heißt.«
»Könnte es auch Parmenien gewesen sein?«
»Auch das.«
»Triffst du ihn wieder?«
»Noch heute Abend.«
»Und wo?«
»In dem Haus dort drüben, siehst du? Das mit dem Dach, das nach unten hängt.«
Rual bekam fast keine Luft mehr: Er hatte ihn gefunden! Überglücklich verabredete er mit der Frau, dass er dazukommen wolle. Er würde ihr auch ein paar Münzen geben, wenn er wirklich dort jenen träfe, den er suche.
Den ganzen Nachmittag verbrachte Rual am Hafen und schaute nach den Leuten, in der Hoffnung, Tristan vielleicht schon jetzt entdecken zu können. Als es dunkel wurde, ging er schließlich zu dem Haus mit dem herabhängenden Dach. Die Frau, die sich Keila nannte, ließ ihn ein. Der junge Mann würde gleich kommen. Inzwischen solle Rual etwas essen und trinken, was der Marschall auch gern annahm. Keila setzte sich dabei neben ihn und berührte mit der Hand unter dem Tisch wie unabsichtlich seinen Schenkel. Rual zuckte zusammen, sagte aber kein Wort, weil er die Möglichkeit des Wiedersehens mit Tristan nicht verderben wollte. Wohlweislich hatte er seinen Münzbeutel am Gürtel hängen und dort direkt an der Fibel festgemacht, die genau zwischen seinen Beinen hing. Er dachte noch daran, dass die Frau ihre Hände dorthin niemals fuhren würde. Doch dann hatte sie plötzlich einen Holzlöffel in ihrer freien rechten Hand, stocherte in Ruals Teller herum, trank aus seinem Becher und rückte so nah an ihn heran, als würden sie sich schon seit langer Zeit kennen. Sie sprach unentwegt, obwohl er kaum etwas verstand, lachte und schien sich zu freuen. Sie berührte auch seine Schultern, seine Brust und dann wieder seinen Schenkel. Rual hatte sich in den vergangenen Jahren immer nur selbst berührt, eine fremde Hand auf seinem Körper war ihm ebenso sehr ein Schrecken wie auch angenehm.
»Wann kommt er denn?«, wollte er zwischendurch immer wieder wissen.
»Bald, bald«, war die Antwort, »trink noch einen Schluck, es ist Honig dabei und Fenchel.« Sie sagte das Wort in ihrer Sprache. Doch Rual verstand es, er konnte es schmecken und sprach es schließlich selbst aus. Da war Keila mit ihrer Hand schon zwischen seinen Beinen und schlug ihn ganz leicht gegen sein Glied, als wollte sie es weghaben von sich. Darüber vergaß sich Rual. Seine Gefühle sanken in seinen Schoß, und weil sie immer noch miteinander aßen, tranken und auch redeten, war
Weitere Kostenlose Bücher