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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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haben, welch klapprige Gäule und schadhafte Waffen sie uns zuletzt aus ihren Beständen geschickt haben. Wahrscheinlich horten sie in Lagern und Ställen frisches Material und denken, wir wüssten nichts davon. Jetzt lassen sie verbreiten, vierzig Ritter seien von der Insel herübergebracht worden. Vierzig Ritter! Damit wollen sie uns einschüchtern? Weißt du, Darragh, wie wir es diesmal machen?«
    Der Hauptmann schüttelte den Kopf. Er ahnte nicht einmal, was Morgan vorhaben könnte, führte immer nur unterwürfig seine Befehle aus und war zufrieden damit. »Was also?«, fragte er ungeduldig.
    »Wir geben ihnen einen Monat mehr Zeit.«
    »Wofür?«
    »Ihr Zeug bei uns abzuliefern.«
    »Warum?« Darragh zog die Stirn kraus, er verstand nicht, während Morgan aufstand, mit seinem dichten Wollmantel bekleidet auf ihn zutrat und mit überlegener Miene meinte: »Zeit, um uns alles zu geben, was sie versteckt haben. Und wenn sie es nicht tun, schlagen wir erst ihren Leuten die Hände und dann den Herren den Kopf ab.«
    »Ein Mann ohne Hände kann dir nichts geben«, sagte Darragh stumpf.
    »Muss er auch nicht - denn wir nehmen es uns einfach selbst.« Morgan lachte. Er war sich so sehr seiner Macht über Parmenien gewiss, dass die Parmenier keine Gegner mehr für ihn waren.
    »Er hat so laut gelacht«, berichtete Bodan, »dass wir uns die Ohren zuhalten mussten.« Bodan war ein früherer Knappe Riwalins gewesen. Nach dessen Tod hatte ihn Rual als Reiter bei den südlichen Grenzgebieten abgestellt, fern von Conoêl, Rual wollte keine Zeugen aus Riwalins Zeit bei König Marke um sich haben. Doch durch Floräte hatte Thomas von dem Getreuen gehört, Bodan nach Conoêl zurückbeordert und ihn dazu gebracht, sich als Späher unter Morgans Leute zu mischen, wofür er ein ansehnliches Maß an Münzen erhielt. Das würde sich eines Tages auszahlen, hatte Thomas gegenüber Floräte immer behauptet - und er sollte recht behalten. Bodan, ein Mann in den Dreißigern, wechselte ständig die Grenze, galt Morgan als zuverlässiger Reiter und konnte so Thomas davon berichten, was an dessen Hof gerade vorging.
    »Das ist gut, sehr gut sogar!«, sagte Thomas, nachdem Bodan der kleinen Runde die Pläne Morgans mitgeteilt hatte, um gleich wieder zurückzureiten zu Morgans Mannen. »Wir haben einen Monat mehr, um alles vorzubereiten, und nur einen halben weniger, um früher als erwartet vor Morgan zu stehen mit einer großen Anzahl von Pferden, in deren Tragsäcken sich unsere Männer verbergen und nicht das Korn, der Stoff und das Eisen, das man darin vermutet. So kommen wir in seine Burg, ohne dass er etwas ahnt. Mehr noch: Überrascht wird er sein und neugierig, weshalb ihn Tristan, der neue König von Parmenien, leibhaftig aufsucht, um ihm den Zins zu übergeben. Nicht ganz glauben wird er uns, weil er selbst nur aus lauter Misstrauen besteht. Aber er wird sich in seiner Macht geschmeichelt fühlen und deswegen zögern, uns abzuweisen oder dazu aufzufordern, unseren Zins einfach nur abzuliefern. Nein, er wird uns empfangen wollen, denn die Habgier gegenüber Dingen schließt die Sucht mit ein, auch den gedemütigten Geber sehen zu wollen. Aug in Aug! Seine Macht will er auskosten. Wer einmal getötet hat, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen worden zu sein, will es wieder tun, um das Recht dazu zur Gewohnheit werden zu lassen. - Das ist unsere Gelegenheit, ihn zu überrumpeln und eines Besseren zu belehren. Wir stellen ihn, die Ritter klettern aus den Säcken der Packpferde. Es wird einen Kampf geben, und den werden wir gewinnen!«
    Courvenal fand den Plan von Thomas gut ausgeheckt und applaudierte. Rual fand keinen Einwand, hielt sich aber mit seiner Zustimmung zurück. Tristan hingegen zweifelte.
    »Wir wissen«, sagte er, »dass auf Morgans Burg alle seine Reiter sind. Sie glauben an ihren Herrn und folgen ihm überallhin. Nach dem, was Bodan uns berichtet hat, sind es Männer, die ohne Zögern töten, wenn ihr Herr es ihnen befiehlt. Für jeden abgeschlagenen Kopf zahlt er ihnen vier Pfennige, ganz gleich ob es der eines Ritters oder der eines Kindes ist, weil dieses ja eines Tages auch ein Ritter werden könnte. Für Köpfe von Mägden oder kintmägden zahlt er nur zwei Pfennige. Doch auch das ist schon viel. Denn wenn ich zwei wib erschlage, habe ich die gleiche Anzahl von Münzen wie für den Tod eines Reiters. Wir begegnen nichts als Habgier. Und wir wissen, dass Morgan einen Zweikampf zur Klärung der Verhältnisse ablehnt. Es

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