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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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köstlich?«
    »Es schmeckt nach tiefem Schlaf und Morgenröte«, vernahm Riwalin jetzt zum ersten Mal die Stimme der Magd. Sie war hell und hoch, und alle S-Laute zischelte sie lispelnd. Dabei hob sie den Kopf, und Riwalin sah in ein vom Feuer beschienenes, von einer Haube umrahmtes ovales Gesicht, aus dem ihn zwei dunkel schimmernde Augen ansahen.
     
    Die Feier nach dem Sieg ~35~ Harding Lafranc
     
    In der Nacht, die auf Riwalins ersten Kampftag an Markes Hof folgte, lag Hon neben Riwalin auf dem Lager und bewachte seinen Schlaf. Über den Körper des jungen Mannes hatte sie ein dichtes Tuch gebreitet und erst dann ihre Hand auf die bedeckte Schulter gelegt. Einzig mit ihren Blicken hatte sie Riwalin berührt und die feinen Züge seines Gesichts liebkost. Doch mehr als diese Hingabe war zwischen ihnen nicht geschehen. Wortlos, mit einer flüchtigen Geste, hatte ihr der Fremde erlaubt, sich zu ihm zu betten.
    Der Parmenier war schnell eingeschlafen, ermattet vom Kampf mit Findennisch und von der Feier, die darauf gefolgt war. Denn kaum war er nach seiner Rückkehr vom Turnierplatz gewaschen und frisch gekleidet an den Feuerplatz getreten, kaum hatte er Hon kennengelernt und den fremden Duft des Zimmets gerochen, waren fremde Ritter an sein Zelt herangetreten und hatten ihn beglückwünscht. Der Sitte gemäß lud Riwalin sie ein zu bleiben, mit ihm zu trinken und zu essen. Der Topf mit dem Zicklein war schnell leer gewesen, es hatte köstlich geschmeckt, das wilde, herbe Fleisch mit dem süßlichen Gewürz und scharfen Kräutern, dazu gab es schweren Wein, den einzigen, den Bodan hatte besorgen können, und Riwalin hatte schon nach dem ersten Schluck seinem Knappen befohlen, ihn reichlich mit Wasser zu mischen.
    »Dein Herr ist klug«, hörte Bodan Ilons zischelnde Stimme dazu sagen. Es war wie das Schlängeln einer Zunge an seinem Ohr, und das gefiel ihm nicht. Er schaute sie an mit einem hastigen Blick, den sie erwiderte, indem sie wie ein schüchternes und zugleich neugieriges Kind die Augenlider senkte und verstohlen wieder anhob, um ihn zu beobachten. Als sich Bodan vom Feuer entfernte und Riwalin an Hon herantrat, um näher bei den wundersamen Augen dieses Mädchens zu sein, legte ihm plötzlich jemand von hinten die Hand auf den Arm. Riwalin drehte sich um.
    »Merwin!«, rief er überrascht aus. »Du bist hier?«
    Ein freudiges Lachen empfing ihn aus einem breiten Gesicht, das bis zu den Wangenknochen mit Haaren bedeckt war. Merwin stammte aus der Nähe von Ruone im westlichen Frankenreich, er war Riwalin schon einige Male auf Turnieren begegnet und von ihm jedes Mal gleich beim ersten Anritt vom Pferd gestoßen worden. Doch der Lohnoise, der sich auch »Der Bärtige« nannte, hatte ihm das nie nachgetragen. Dieses Mal schien er sich überaus zu freuen, den Fürsten von Parmenien wiederzutreffen, und erklärte Riwalin auch gleich, warum.
    »Fürst«, sagte er und strahlte, soweit dies sein von Haaren umschlossenes Gesicht zuließ, »du hast eine Heldentat vollbracht! Du hast Findennisch, diesen hinterlistigsten aller Ritter, zur Strecke gebracht. Wusstest du, dass er die Spitze seiner Lanze mit Dornmessern bestückt, kurz und spitz, sodass man sie von der Tribüne aus nicht sehen kann?«
    »Woher sollte ich das wissen …?«
    »Ganz gleich«, unterbrach ihn Merwin und hielt Bodan seinen Becher hin, damit er ihn vollschenkte, »jetzt kann er uns nicht mehr schaden. Dein Sieg muss gefeiert werden. Harding Lafranc - wo bist du?« Merwin rief den Namen und drehte sich nach allen Seiten um. »Komm her, begrüße mit mir einen tapferen Freund, durch den das gleiche lohnoisische Heldenblut fließt wie durch uns und unsere Söhne!«
    Riwalin war Merwins Blicken gefolgt und hatte erst so wahrgenommen, dass eine ganze Schar von ritterlich gekleideten Männern einen Halbkreis um das Feuer gebildet hatte. Daraus löste sich nun eine dickbäuchige Gestalt in einem blauen Wams, trat heran und stellte sich vor mit: »Ritter Harding Lafranc aus dem Vogtland.«
    Riwalin deutete eine Verbeugung an, neigte sogar den Kopf ein wenig zu tief, um sein Lächeln zu verbergen, das ihn unwillkürlich überkam, als er diesen Mann das Wort »Ritter« aussprechen hörte und doch nichts anderes vor sich sah als einen fast aus allen Nähten seiner Kleidung platzenden Stallmeister. Aber Lafranc, der mehrere Sprachen und Dialekte sprechen konnte, erwies sich bald als ein witziger Germane, der an solchen Turnieren nur teilzunehmen schien, um

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