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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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verfaulter Äpfel. Die Knappen eilen herbei, schleppen dich weg und suchen am Waldrand die Grube einer aufgeworfenen Baumwurzel, ziehen dich aus, teilen sich deine Rüstung, deine Waffen, deinen Schmuck, und werfen über dich Steine und Sand - verschwunden bist du, als seist du nie gewesen. Eine Weile noch flüstern deine Dirnen und frowen, denen du wer weiß was versprochen hast, deinen Namen. Dann verfliegen auch diese Laute, und ewige Stille kehrt um dich ein, um dem spöttischen Gelächter und trunkenem Gegröle all der Todesreiter auf diesen Turnieren der Burgen von Rebalo, Tintajol oder Veronn Platz zu verschaffen.«
    Lafranc spuckte aus wie jemand, der sich vor den eigenen Worten ekelte, undnahm einen weiteren tiefen Schluck aus seinem Becher.
     
    Die Frauen ~37~ Der Gewinn
     
    Riwalin wollte sich von Lafrancs heftigen Worten nicht beeindrucken lassen. »Im Leben geht es immer nur um den Tod. Lafranc, das habt Ihr gut ausgedrückt.« Er hob seinen Becher, trank ebenfalls und fuhr fort: »Findennisch wird uns nicht mehr ärgern. Freut euch darüber. - Jetzt haben wir viel über Ritter gehört. Doch wie steht es mit den Frauen?«
    »Die Frauen?« Lafranc schien auf einmal verlegen. Er deutete auf Hon, die sogleich ihren Kopf senkte, sodass ihr hübsches Gesicht unter der Haube verschwand. »Frauen? Nun ja, ich sehe nur eine hier aus dem Bauerngesinde. Ob diese Magd schon eine ist? Oder ist sie noch ein Kind? - Jedenfalls«, brüllte er auf einmal los, »scheint sie zu nichts nütze zu sein: Mein Becher ist leer!«
    Mit heiserem Lachen drehte er langsam seinen Becher um, ein paar Tropfen fielen ins Gras der zertretenen Wiese, und Hon stand schon bei ihm mit einem Krug, um Wein nachzuschenken. »Ja, wenn dieses Miststück eine Frau wäre, Fürst Riwalin, und wenn alle Frauen so wären wie dieses Miststück, würde es uns Mannen besser gehen. Es gäbe keinen Streit, keinen Neid, keine Verleumdung, keine Eifersucht, keine Verteufelungen, keine Zauberei. Die frowe und das wiff sind ncedre, versteht Ihr mich? - Notare.«
    Er ahmte das Zischeln und mit der Hand die Bewegung eines Schlangenkopfes nach, lachte hämisch und blickte dabei vor sich hin, als hätte er genau vor Augen, worüber er sprach. »Aber das sind natürlich nicht die frowen, die Ihr meint, nehme ich an.«
    Jetzt war es Riwalin, dem die Verlegenheit im Gesicht stand.
    »Ihr denkt«, fuhr Lafranc fort, »an solche schönen Frauen am Hofe, die man kaum anschauen kann, weil man sich dauernd vor ihnen verbeugen muss. Meint ihr die?«
    Riwalin nickte leicht mit dem Kopf.
    »Doch Bilder habt Ihr vielleicht schon von denen gesehen in den Chroniken und Liederbüchern, da wo alle so aussehen wie unsere Jungfrau Maria, so schön und edel und klug und rein. Meint ihr die? Oder meint Ihr den Schleier, den sie vor dem Gesicht tragen, den mit Edelsteinen besetzten Gürtel, das Gewand aus byzantinischem geglättetem Brokat und die Schuhe aus rotem Hirschleder, fein und eng am Fuß liegend. Meint Ihr diese frowe? O ja, von denen kann ich Euch eine Menge erzählen, auch wenn es alles nur mcere sind und Gesungenes, schöne Lügen und edle Träume. Keine davon könnt Ihr je in den Armen halten. Wenn Ihr das wollt, müsst Ihr Euch andere frowen suchen.«
    Lafranc lachte leise in sich hinein, wandte sich ab und ließ sich wieder den Becher vollschenken. Er machte nicht den Eindruck, als wollte er noch etwas sagen. Auch Riwalin hielt dem Mädchen das Gefäß hin, und es fiel ihm auf, dass Hon beim Einschütten seine Hand festhielt, weil sie zitterte. Es war die Hand, in der er die schwere Lanze gehalten hatte.
    »Du willst sicher wissen«, sagte Merwin, der neben ihn getreten war, in vertraulichem Ton, »wo du diese Frauen finden kannst? - Nach allem, was ich von dir weiß, mein Freund, bist du bislang nicht weit über eure Landesgrenzen hinausgekommen, und wahrscheinlich hast du dich noch kein einziges Mal auf diesem Feld umgesehen, auf dem die ritterlichen Zelte stehen.«
    Riwalin schüttelte den Kopf.
    »Dann kennst du natürlich auch nicht die Senke hinter den Kirschbäumen, die vor etwas mehr als einer Mondzeit noch voll mit Früchten hingen?«
    »Ich bin gestern erst aus Conoêl angekommen«, sagte Riwalin wahrheitsgemäß.
    »Das ist auf der anderen Seite der Meeres«, sagte Merwin. »Weit weg, und vielleicht ein schönes Land. Aber hier, keine hundert Fuß entfernt, liegt ein noch viel schöneres. Das Land der Frauen, die man kaufen kann. Für einen Brakteat

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