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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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Anwärter gab es genug. Zu ihrem Leidwesen stand an erster Stelle ihr eigener Truchsess Donald McWighn, Gurmûns Vetter, der sich durch eine solche Heirat bereichern wollte. Er buhlte mit allen Mitteln um Isôt, was Isolde zutiefst zuwider war. Aber es kamen andererseits nach jedem neuen Vollmond Ritter und Barone, die sich König nannten, sogar aus den Provinzen vom äußersten Norden der Insel, wo allergrößte Armut herrschte. Auch die versuchten, sich in Isoldes Fürstentum einzuschleichen, und hatten es doch nur auf ihren Besitz abgesehen. Bastarde nannte die Königin sie, das einzige fränkische Wort, das sie gern gebrauchte. Den Lord von Coxley ließ sie einmal direkt vor dem Eingangstor mit Bullenpisse überschütten, damit er für immer das Weite suchte. Er kam auch nie wieder nach Wexford zurück. Ihre Tochter schickte sie derweil mit Brangaene in den Süden, um sie von den Werbern fernzuhalten. »Verunstaltete« - helgenninghs nannte sie die Menschen, die ihr nicht gefielen. Nicht einmal Gurmûn wusste, woher sie dieses Wort kannte.
    Als sie Tantris vor sich sah mit seiner Leidenschaft für die Musik, die sie nicht ungern teilte, und mit seiner Bildung des Weitgereisten, vor der sie Respekt hatte, dachte sie sofort daran, dass er Isôt ein Lehrer sein könnte. Das Weltwissen, das sich bei Isolde zumeist auf den Norden bezog, schuf die Unterschiede, das wusste sie. Ihre Tochter würde selbst lernen, zwischen einem Viehbauern zu unterscheiden, der sich König nannte, und einem König, der wie sie selbst (ein wenig) Lateinisch lesen konnte.
    »Ein Pakt«, murmelte sie, »ich heile ihn, und wir werden einen Pakt eingehen. Ich helfe dir, du hilfst mir. So machen wir es.« Sie rieb sich die Hände, holte eine Wurzel aus einem Tongefäß und schabte sie mit einer Raspel in das Gebrau, das sie zu einem Brei einkochen ließ. Dann strich sie die Paste auf ein hölzernes Brettchen und ging damit zu Tantris. Der lag in Schmerzen auf seinem Strohsack, wimmerte und kratzte sich an den Armen die Haut blutig, weil sie immer trockner wurde.
    Die Königin schickte die Wachen vor die Tür und näherte sich dem Kranken. »Tantris«, sagte sie mit schmeichelnder Stimme, »kannst du mich hören?«
    Tristan nickte aufstöhnend mit dem Kopf.
    »Würdest du meine Tochter in allem, was du selbst weißt und kannst, unterrichten, wenn ich dich heile?«
    Natürlich würde er das!, stieß aber zwischen den vor Qualen zusammengepressten Zähnen in aller Ehrlichkeit hervor: »Was weiß ich denn, und was kann ich schon?«
    »Mehr wollte ich nicht hören!« Isolde war zufrieden. »Du bist der erste Mann, den ich kenne, der nicht lügt.«
    Tristan wollte aus seiner grundeigenen Tugendhaftigkeit heraus diese Ansicht verneinen, doch der Schmerz, den er im Bein und im ganzen Körper verspürte, brachte aus ihm nur ein Wehklagen hervor. Er drehte und wand sich auf seinem Lager, drückte sein Gesicht gegen das Kissen, das man ihm unter den Kopf gelegt hatte, um sein Stöhnen und Ächzen zu ersticken. Es war schon voll von Tränen, Speichel und Erbrochenem, stank bitter und beißend, aber es waren zumindest seine eigenen Gerüche, die sich darin fingen, während die eiternde Wunde am Bein einen Verwesungsgestank verbreitete, der nicht von ihm kommen konnte, da er ja noch lebte. Tristan war verzweifelt und konnte nur noch undeutliche Worte stammeln.
    Da wurde plötzlich sein Körper herumgerissen, er lag auf dem Rücken und über sich sah er das Gesicht der Königin. Ihre Augen waren rot und schwarz umrandet, die Schminke überdeckte die Falten, die wie Furchen in der Haut wirkten. Für Augenblicke kam Tristan zu Bewusstsein.
    »Ich heile dich, und du zeigst meiner Tochter ein anderes Leben, ein höfisches, wie es außerhalb unserer Insel existiert? Exsisteret«, wiederholte sie auf Lateinisch, oder was sie dafür hielt. Einen Vertrag wollte sie schließen, mächtig wollte sie sein, verheiraten wollte sie Isôt mit einem vom Festland. Das eröffnete neue Handelswege, schuf Unabhängigkeit von den Britanniern.
    Tristan starrte der Frau in die Augen. Sie lag halb auf ihm, er roch ihren harzigen Atem, ihre Kleider umgaben seinen halb nackten Körper. Er konnte nicht sprechen, nickte nur mit dem Kopf, wieder und wieder. Seine Zunge schien ihm geschwollen. Ja, wollte er sagen, ich mache alles, was Ihr befehlt, doch ihm rann nur Speichel aus den Mundwinkeln.
    Isolde schien zufrieden. Sie warf sich zur Seite, befreite sich von ihrem Rock und dem wollenen

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