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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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Entscheidung
     
    Petitcrue kam nur wenige Tage später am Hof von Tintajol an - als Geschenk des Ritters Tristan an seine edle Königin Isolde von Cornwall, wie es in dem Begleitschreiben hieß. Isolde nahm den Hund in Empfang, brach in Wut aus und ließ das Tier gleich in einem Nebenraum einsperren.
    »Warum schickt er mir einen Hund, der nicht schwerer ist als ein Spielball für Kinder?«, brauste sie auf.
    Brangaene beruhigte sie. »Es muss etwas ganz Besonderes an ihm sein. Seitdem er hier ist, hat er weder gegessen noch getrunken und stolziert gleichwohl herum, als könnte es ihm nicht besser gehen. Sieh dieses Fell, wie es in allen Farben glänzt! Sir Tristan würde dir nie nur irgendeinen Hund schenken. Und das Glöckchen um den Hals des Tieres, hast du es schon einmal gehört?«
    »Ich halte mir die Ohren zu, ich will es nicht hören. Ich hasse Glocken, die die Leute in die Kirchen rufen, und solche, die mich zu Tisch bitten, und solche um den Hals des Leithammels auf der Weide - warum soll sie dann noch am Hals solch einer winselnden Ratte vor sich hin scheppern? Er selbst soll kommen, Tristan!« Sie wurde immer zorniger und verzweifelter. »Was drückt er sich in der Nachbarschaft bei einem Grafen herum, während er mir fehlt, jeden Tag?! Wenn er sich wenigstens in meiner Nähe aufhielte, wenn ich ihn beim Essen sehen könnte oder beim Gebet in der Kapelle, und wäre er dann auch noch so weit entfernt von mir! Ich hasse ihn! Ich liebe ihn! Hilf mir doch, Brangaene!«
    Wenigstens einmal am Tag befielen Isolde solche Ausbrüche ihres Kummers und der Leidenschaft. Brangaene gab acht darauf, dass niemand sonst zugegen war. Vor allem den König und seine engsten Berater hielt sie fern.
    Marke hatte längst von Tristans Geschenk an die Königin gehört und ließ sich irgendwann das Hündchen vorführen. Gemäß dem auf Pergament verfassten Schriftstück, das er argwöhnisch kontrollierte, erführ er, dass Petitcrue seine besonderen Decken benötigte, um darauf herumzulaufen. Desgleichen hieß es in dem Schreiben, man solle dabei stets das um seinen Hals hängende Glöckchen zum Klingen bringen.
    Er befolgte diese Anweisungen und war verwundert. Sein Blick auf die Welt schien sich zu verändern, wenn er den Hund betrachtete und das Glöckchen hörte. Vergessen waren alle seine Sorgen um Isolde und ihr abweisendes Verhalten, das sie ihm nach dem Gottesurteil jeden Tag aufs Neue zeigte. Vergessen auch seine Sorgen um die schlechten Erträge einer Missernte, um kleine Überfälle auf Küstenorte, die entweder durch nordische Plünderer oder vereinzelte eruische Beutezüge verursacht wurden. All das vergaß der König, sobald er das Glöckchen erklingen hörte. Seitdem der kleine Hund des Öfteren am Abend auf seinem Tisch auf und ab ging und sein prächtiges Fell zeigte, konnte er endlich wieder gut schlafen. Der Hund wirkte wie eine Erlösung auf ihn.
    »Marjodô«, sagte er eines Abends zu seinem Truchsess, »das musst du dir anschauen.«
    Der Truchsess kam und war ebenso begeistert wie sein König. Lachend gingen sie nach einer Umarmung wieder auseinander, wie sie es schon lange nicht mehr getan hatten.
    Da Marjodô während der Abwesenheit von Tristan alleine in der Kemenate wohnte, hatte er mehr Zeit, über alles, was auf Tintajol geschah, nachzudenken. So erkannte er auch die absonderlichen Kräfte dieses Wunderhündchens. Marke und auch er selbst wurden scheinbar zu ganz anderen Menschen, wenn sie sich zusammen mit dem Tier in einem Raum aufhielten. Marjodô dachte gleich daran, ob er diese günstige Stimmung nicht nutzbringend für seine Pläne anwenden könnte, und machte einen Versuch. Es musste ein Vertrag wegen des Umbaus der Burg mit einem Baumeister unterzeichnet werden, in dem es um beträchtliche Zahlungen ging. Vor deren Besiegelung ließ Marjodô Petitcrue holen, legte dem Architekten die Pläne und Verträge vor, deren Zahlen er um größere Summen verringert hatte. Währenddessen tanzte das Hündchen auf einem Nachbartisch herum, das Glöckchen erklang, und der Bauherr setzte unter alle Dokumente wohlgelaunt sein Zeichen, als hätte er das beste Geschäft seines Lebens gemacht. Die Verträge wurden unter Zeugen besiegelt, eingerollt, man reichte sich die Hand, und alle glaubten, sich einig geworden zu sein. Marjodô triumphierte innerlich. Noch nie hatte er einen so guten Preis aushandeln können, selten hatte er besser vor seinem König dagestanden. Als er Marke auf den gewonnenen Vorteil

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