Tristan
der Barone angeordnet. Auf Courvenals Frage hin, ob die Versammlung Tristan zu Ehren stattfinden sollte, war der König ausgewichen: Auch darum gehe es, doch es gebe noch etwas anderes Wichtiges zu besprechen. Etwas anderes - Courvenal grübelte darüber nach, was dies wohl sein könnte, erkundigte sich später im Esssaal en passantbei Marjodô, ob der etwas wisse, erhielt aber nur ein Achselzucken und die mit einem hinterhältigen Lächeln vorgetragene Bemerkung als Antwort, vielleicht wisse der König jetzt endlich, da die Königin sich anschicke, helt Tris tan abzuholen, was zu tun sei. Jetzt endlich - wieder waren es zwei Worte, die Courvenal eine Weile lang skeptisch machten, bis er schließlich für sich nur eine einzige Erklärung fand: Sie fügte sich diesmal nicht aus zwei Wörtern zusammen, sondern aus zwei Namen - Tristan und Isolde. In Gedanken verloren hatte er daraufhin die bibliotheca aufgesucht und sich zum Schreiben an sein Pult gesetzt.
Tristan hätte nicht einmal ahnen können, was während der letzten Tage seiner Abwesenheit auf Tintajol vor sich ging. Er hatte seinen Sieg über Urgân und die Gastfreundschaft Gilans umso unbeschwerter genossen, als er annahm, dass Isolde ihn, sobald sie Petitcrues Glöckchen ertönen hörte, nicht allzu sehr vermissen würde. Er stellte sich vor, wie sie von dem Hündchen unentwegt begleitet wurde, und selbst nachts läge es zu ihren Füßen auf dem Bett und erfreute sie, kaum dass sie erwachte. Solche Bilder verschafften ihm selbst einen ruhigen Schlaf. Tagsüber regten ihn die ausschweifenden Gespräche mit seinem neuen, vielgereisten Freund Gilan dazu an, an all die schönen Länder zu denken, die es auf der von Gott erschaffenen Welt gab. Er verspürte ein Verlangen in sich, sie wiederzuentdecken, nun aber mit seinen eigenen Augen, nicht wie früher mit denen seines Lehrers Courvenal. Daher hatte er sich, als die Zeit gekommen war, sich von Gilan zu verabschieden, dazu entschlossen, nach Connex zur Küste zu reiten, um von dort aus auf einem Schiff nach Seaford zurückzukehren, auch wenn das einen tagelangen Umweg bedeutete. Endlich einmal wollte er wieder das offene Meer sehen. Er wünschte sich dessen Weite und das Ungewisse herbei und war sich dabei bewusst, sich einer illusio hinzugeben. Denn á lafin würde er in einem Hafen vor Anker gehen, den er nur allzu gut kannte. Dort jedoch würde Isolde auf ihn warten, das immerwährende Ziel seiner tatsächlichen Sehnsucht nach Glück und Abenteuer.
Durch einen Boten Gilans hatte er Isolde heimlich von seiner Ankunft unterrichten lassen und auch an Marke ein Schreiben geschickt, das mit wenigen Worten seine Rückkehr nach Tintajol ankündigte. Als das Schiff am angegebenen Tag in den Hafen von Seaford einfuhr, wunderte er sich über die am Ufer aufgebauten Zelte, die Marke immer nur dann errichten ließ, wenn ein hoher Gast erwartet wurde. Tristan vermutete daher, dass der König selbst anwesend sei, um ihn zu empfangen, was für Tristan zunächst nichts anderes bedeutete, als dass die Königin auf der Burg geblieben war. Missmutig vernahm er die Befehle der Schiffsleute, die Planken auszulegen, damit er trockenen Fußes von Bord gehen könne.
Am Ufer wurde er allerdings nicht von Marke, sondern von einem seiner Herolde begrüßt. Der König hatte, kaum dass er von Isoldes Abreise gehört und wenig später Tristans Schreiben erhalten hatte, dem Tross der Königin Eilbotschaften nachgeschickt, damit Isolde nicht selbstgerecht handeln und Marke als einen Herrscher bloßstellen könnte, der keine Zeit habe, sich seines besten Ritters anzunehmen.
Der Herold verkündete Tristan nach der Überbringung der Willkommensgrüße des Königs mit steifen Worten, Königin Isolde erwarte den Bezwinger Urgâns an Markes statt in ihrem Zelt. Tristan ergriff ein Schwindel. Am liebsten wäre er dem Herold zu dem Zelt vorausgeeilt, musste jedoch in angemessenem Abstand hinter ihm hergehen. Kaum stand er wenig später Isolde gegenüber, fiel er, wie es sich gehörte, vor der Königin auf die Knie. Insgeheim empfand er ihren Anblick noch lieblicher als je zuvor, überreichte ihr mit gesenktem Haupt die gifte Gilans und musste es nach einem höflichen Wortwechsel erdulden, von dem Herold in ein separates Zelt begleitet zu werden, in dem er die Nacht verbringen sollte. Für den nächsten Morgen war dann der gemeinsame Aufritt zur Burg geplant.
Mürrisch folgte Tristan den vom Herold verlesenen Anordnungen, verschmähte das
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