Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Tasche aufnahm.
»Wieso bist du so früh unterwegs?«, lautete die Gegenfrage, und Fritz fühlte Ärger aufsteigen.
»Ick jeleite Nelly nach Hause. Eene Dame sollte nachts nich alleene durche Stadt jehn.«
»Siehste.«
»Hört auf, ihr zwei Kavaliere. Ich freue mich über die Begleitung, aber nur, wenn sie höflich ist.«
Falko verbeugte sich, Fritz grollte. Nicht nur, dass er wohl auf die neuesten Nachrichten von der Rallye verzichten musste – das war schließlich sein und Nellys Geheimnis –, nein, er hatte so auch gar keine Chance, noch mal einen Gutenachtkuss zu ergattern.
Nelly hingegen schien sich zu amüsieren und flirtete eifrig mit seinem ehemaligen Freund Falko, diesem Verräter, der sein Motorrad schob.
»Wie geht es dem Herrn Papa, Fräulein Nelly? Hat der Arzt ihm helfen können?«
»Er hat ein neues Medikament bekommen, aber nun ist er den ganzen Tag müde.«
Herr Papa? Fritz stutzte. Wieso kannte Falko Nellys Vater? Und was war mit dem? Beinahe hätte er sich selbst die Hand an die Stirn geklatscht. Warum war er eigentlich nie auf die Idee gekommen, Nelly nach ihren Eltern zu fragen? Das gehörte doch bestimmt auch zu den guten Manieren. Er überlegte kurz und suchte nach einer gewählten Formulierung. Und als Falko mal endlich das Maul hielt, fragte er: »Wie geht es denn der allerwertesten Frau Mama?«
Nelly sah ihn leicht fassungslos an.
»Meine Mutter starb nach meiner Geburt, Fritz. Ich nehme an, es geht ihr jetzt gut, und im Himmel gibt es keine Schwindsucht.«
Fettnapf, ick jrüße dir.
»Tschuldigung.«
»Schon gut, das konntest du ja nicht wissen.«
»Ick hätt mir erkundjen können. Ick bin een Trottel.«
»Welch weise Einsicht, Fritz.«
»Ach, halt et Maul, Falko.«
Fritz schlurfte neben Nelly her, und als sie die Haustür erreicht hatten, übergab er ihr die Tasche.
»Danke fürs Tragen, Fritz.« Sie reichte ihm die Hand, und etwas Festes drückte an seine Finger. Ein Zettel, heimlich zugesteckt. Mit einem etwas glücklicheren Blick schaute er ihr in die Augen.
»Gute Nacht, Nelly. Heute Nacht kann ick vielleicht nich kommen. Wejen der Rallye. Da hab ick Dienst. Dann kann dir Falko ja bejleiten.«
»Was hast du für einen Dienst?«
»Wir schiem Wache an die Autos. Ick hab Schicht von halb dreie bis morjens.«
»Na, dann können wir dich ja besuchen, wenn Nelly Feierabend hat. Mein Ross steht Ihnen zur Verfügung, wertes Fräulein.«
»Mal sehen. Gute Nacht, die Herren.«
Sie hauchte ein Küsschen auf die Fingerspitzen und verschwand im Haus.
Das Küsschen war weit mehr in seine, Fritzens, Richtung geflogen als zu Falko.
»Hast du was dagegen, wenn ich sie morgen abhole?«
»Mach nur. Wennde bei ihr landen kannst.«
»Hast du irgendwelche Rechte?«
Er hatte ein Küsschen und ein Stück Papier. Damit war er Falko gegenüber weit im Vorteil. Außerdem würde Nelly mit ihm am Sonntag in den Park gehen. Man konnte also großzügig sein.
»Wer hat schon Rechte? Wat is mit ihrem Vater, Falko?«
»Wusstest du nicht, was? Der alte Kuntze ist Kriegsinvalide, hat den rechten Arm verloren und einen Lungenschaden. Arbeitsunfähig, macht so ein bisschen im Haushalt herum.«
»Wie Charlie, aber der malocht noch.«
»Charlie ist ein anderer Typ, Fritz. Der will noch was erreichen. Der Kuntze jammert und klagt nur. Nelly hat’s nicht leicht mit ihm.«
»Zeicht se einem aber nich.«
»Nein, das tut sie nicht. Ich hab’s auch nur rausgefunden, weil ich mal mit der Nachbarin geredet habe.«
»Und warum det?«
»Weil ich neugierig war, Fritz. Hättest du auch sein können. Schwing dich rauf, ich fahr dich nach Hause.«
Er hätte Nelly auch selbst fragen können, Stoffel, der er war. Fritz grollte mit sich, stieg aber auf den Sozius und wurde vor der Werkstatt abgesetzt.
»Wann bist du an der Sammelstelle?«
»Von mittags an.«
»Da muss ich arbeiten, schade. Mach’s gut.«
Falko knatterte davon, und Fritz stiefelte die Treppen hoch zu seinem Zimmer. Er war aufgekratzt, und beim Schein der kleinen Lampe entfaltete er das kostbare Stückchen Papier, das Nelly ihm zugesteckt hatte.
Die Wertungen! Tatsächlich, der Henske hatte von dem Großmann die Wertungen durchgegeben bekommen. Manc hes war ziemlich gekritzelt, Nelly hatte sehr schnell schreiben müssen. Aber klar war, dass noch immer sein Favorit unter den Besten war. Wieder aber hatte es Meldungen zu Reifenpannen gegeben, und wieder waren die Schläuche zerfressen gewesen. Henske hatte zugesagt, sich auch bei
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