Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
martialischen Offizier heiterte Mac tatsächlich ein wenig auf. Als sie aus dem Büro der Rennleitung traten, erzählte er Latour dann doch von der gestohlenen Pistole und Geraldines Mordversuch.
»Sie kokst.«
»Sagte mir die Fahrerin auch.«
»Tja, auch im Rausch kann man Trost finden.«
»Und den Tod. Greg, es ist nicht verkehrt, was du mir sagen willst. Ich habe seit Jahren versucht zu überleben. Dabei verliert man höhere Ziele aus den Augen.«
»Such dir ein nettes. Eines, das du erreichen kannst. Und bring dich nicht um, mein Freund.«
»Freundschaft, Greg, ist eines dieser Dinge, die ich mir wünsche. Hans gewährt sie mir, und ich scheine sie nicht recht zu würdigen. Chester und Beau – ich hätte nie gedacht, dass sie mich akzeptieren würden. Ich werde daran arbeiten.«
Gregoire legte ihm den Arm um die Schultern und führte ihn mit leichtem Druck zu den Unterkünften.
»Wir sollten schlafen gehen. Der Tag war lang.«
»Und die Nacht bringt schlechte Träume. Aber dennoch.«
»Mein Angebot steht.«
Mac schüttelte lächelnd den Kopf.
»Schade. Gute Nacht.«
»Gute Nacht.«
46. HÄSSLICHE TRÄUME
Zu Bett, zu Bett, wer’n Liebchen hätt,
wer keins hat, der muss auch zu Bett.
Preußischer Zapfenstreich
G ute Nacht«, wünschten mir ChiChi und ChouChou, und als ich in mein Zimmer trat, schwankte ich leicht. Die letzte, wenn auch triumphale Aktion hatte jegliche Kraft aus mir herausgesogen. Ich schaffte es gerade noch, aus den Schuhen zu schlüpfen, sank vollständig bekleidet auf das Bett, drehte mich in die Decke und war auch schon eingeschlafen.
Mitten in der Nacht aber schreckte ich hellwach auf.
»Was für ein Mist!«, entfuhr es mir, und meine Zimmergenossin murmelte etwas Empörtes.
Ich aber saß senkrecht im Bett und rieb mir das Gesicht.
Ich hatte zwar mein Interview mit Thalheimer bekommen, aber jegliche Chance, dass er jemals eine Anzeige im Bunten Blatt schalten würde, restlos vergeigt.
Wie dumm konnte ein Mensch nur sein?
Und dann drängten sich auch die anderen Ereignisse des vergangenen Tages in mein Bewusstsein. Geraldine war verunglückt. Sie hatte sich von der Mauer gestürzt, zwar überlebt, aber so, wie es aussah, würde sie von nun an gelähmt bleiben. Und ich hatte mich nicht weiter um sie gekümmert. Ja, Gerry hatte mich betrogen, hatte mich ausgenutzt, mir Steine in den Weg gelegt. Eine wirkliche Freundin war sie mir wohl nie gewesen. Aber nun lag sie irgendwo in einem Hospital, alleine, gebrochen und hoffnungslos. Ich hatte mir einen lustigen Abend gemacht, statt mich umgehend ins Flugzeug zu begeben und zu ihr zu fliegen. Oder zu ihren Eltern …
Zu Titus’ und Geraldines Eltern? Gott, auch die hatten mich belogen, hatten mich glauben lassen, Titus sei gefallen. Hingerichtet worden war er, mit Schande überhäuft. Ein Verräter. Sicher, Hans und Will hatte er die Flucht ermöglicht, aber er hatte seine eigenen Leute verraten, ihnen damit den Tod gebracht.
Nach Berlin zu den du Plessis konnte ich nicht mehr zurückkehren. Sowie die Rallye beendet war, würde ich meine Sachen packen und nach Godesberg reisen. Wohin sonst? Aus der Traum von der großen Karriere. Annalisa würde mich sicher wieder aufnehmen, im Hotel gab es immer etwas zu tun. Oder ich fand eine Anstellung in einer anderen Zeitungsredaktion. Haushaltstipps und Dekorationsvorschläge konnte ich im Schlaf verfassen.
Was für ein Ausblick.
Ich schaute auf die Uhr. Halb vier, die Zeit der bösen Ängste, dem ausweglosen Kreisen der Gedanken. Langsam schob ich die Decke zur Seite und angelte nach meinen Schuhen. Durch die undichten Läden drang das Licht der Bogenlampen, die das Lager die ganze Nacht erhellten. Leise, um die andere Schläferin nicht zu wecken, griff ich nach meiner Jacke und schlich mich nach draußen. Vielleicht half mir ein Rundgang durch das stille Areal, aus dem Teufelskreis meiner Grübeleien zu entfliehen.
Kühl war die Nacht, und feuchter Nebel zerstreute das Lampenlicht über den lehmigen Wegen. Im parc fermé glitzerte Tau auf den Karossen, und vier Männer wanderten langsam um die Gatter herum. Man hielt Wacht, offenbar sehr aufmerksam. Die Baracken allerdings waren dunkel, und hier und da erklang ein sonores Schnarchen aus den Fenstern. Auch die Gebäude, in denen die Kinder schliefen, waren still, obwohl dort das eine oder andere Nachtlicht durch die Scheiben blinzelte. Die Rumpler stand wie ein schlafender Vogel an ihrem Platz, aber als ich an ihr vorbeiging,
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