Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
blinzelte mich ein Fuchs überrascht an und huschte dann lautlos in das nahe Gehölz.
Ich kehrte um, hing meinen trüben Zukunftsvisionen nach und quälte mich mit Selbstvorwürfen. Wie hatte ich nur so blöd sein können zu glauben, dass ich mit diesem vermaledeiten Auftrag Erfolg haben konnte? Es war ja wirklich alles schiefgelaufen, zumeist durch meine eigene Schuld. Dass noch Treulosigkeit und Betrug dazugekommen waren, lag an meiner eigenen Blauäugigkeit. Ich hätte viel früher darum bitten müssen, die Hintergründe von Titus’ Tod erklärt zu bekommen.
Hätte mir das etwas genutzt?
Mit hängenden Schultern, den Blick auf den Boden gesenkt, wanderte ich weiter.
Und stieß gegen eine breite Brust.
»Schlafwandelst du, Emma?«
»W… Mac?«
»Der, ja. Und offenbar ebenso schlaflos wie du.«
»Zu viel Wirrwarr im Kopf.«
»Und hässliche Träume. Ich kenne das.«
Er hatte die Arme um mich gelegt, und müde lehnte ich den Kopf an seine Schulter. Warm war es hier, und unter meiner Wange fühlte ich sein Herz klopfen.
»Ich werde nicht wieder weinen.«
»Nein, wir weinen nicht mehr.«
Und damit zog er mich fester an sich und legte seine Hand in meinen Nacken.
»Ich habe heute ein freundliches Angebot abgelehnt. Aber Gregoire hat schon recht gehabt, Nähe und Zärtlichkeit helfen, wenn die Welt zu schwarz wird.«
»Er mag Männer. Sei ihm nicht böse deswegen.«
»Aber nein. Ich habe mich tatsächlich ein wenig geschmeichelt gefühlt, auch wenn ich sein Angebot abgelehnt habe. Ich mag nämlich Frauen.«
Ich sah in sein Gesicht. Das diffuse Licht warf kaum Schatten, seine Züge wirkten sanfter als sonst, auch wenn ein stoppeliger Bart Kinn und Wangen dunkel färbte. Seine Augen lagen mit einem ruhigen Blick auf mir und spiegelten Verständnis wider.
»Greg hat mir den einen oder anderen Knochen hingeworfen, an dem ich zu nagen habe, Emma. Er hat ziemlich genau erkannt, welche Wunden noch nicht verheilt sind. Wunden, die ich zu vergessen suchte.«
»Und die nun wieder schmerzen.«
»Manche. Eine davon heilt gerade eben, Emma.«
Ja, vor dem Krieg war er in mich verliebt gewesen. Konnte es sein, dass diese Zuneigung die Hölle überlebt hatte?
Ich sah ihn an.
Ein kleines Lächeln lag in seinen Mundwinkeln.
»Manchmal dreht man sich im Kreis und kommt da wieder an, von wo aus man gestartet ist. Verändert vielleicht, aber man hat ja möglicherweise auch eine neue Chance.«
»So weit war ich vorhin auch schon gekommen. Nur die neue Chance habe ich noch nicht entdeckt. Andererseits …«
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, denn er war deutlich größer als ich, und gab ihm einen sanften Kuss.
»Andererseits …«, sagte er und erwiderte den Kuss, allerdings nicht besonders sanft. »Andererseits habe ich lange darauf verzichtet«, fügte er dann hinzu und wiederholte die Übung. Sie gefiel mir.
»Wir beide sind schwierige Menschen geworden«, flüsterte ich schließlich und legte meinen Kopf wieder an seine Brust.
»Und eine ganze Reihe Geister klammern sich in unsere Herzen. Aber, Emma, es würde mir guttun, sie mit dir zusammen zu vertreiben.«
»Wir können es versuchen, Mac. Ich habe niemanden mehr, dem ich vertrauen kann. Ich hatte gedacht, Geraldine und ihre Eltern brächten mir Zuneigung entgegen, aber ich verstehe jetzt gar nicht mehr, warum sie mich zu sich eingeladen haben.«
»Wegen der Papiere?«
»Welcher Papiere?«
»Die Leutnant du Plessis dir überlassen hat.«
»Um Himmels willen, er hat mir … Oh, du meinst, die er in dem Brief erwähnt hat? Ich weiß nicht. Sie haben mich nie … Doch, sie haben. Sie haben mich danach gefragt, damals, als ich bei ihnen eintraf. Aber ich wusste nicht, was sie meinten, also sagte ich, dass ich keine Papiere erhalten hatte.«
»Hast du nun welche von Titus bekommen oder nicht?«
»Ich weiß es nicht. Ich kann mich kaum erinnern … Doch, da war ein Umschlag.«
»Was stand darin, Emma?«
»Keine Ahnung. Ich habe ihn nie geöffnet. Ich habe ihn … weggelegt.«
»Oder weggeworfen. Sei’s drum, es spielt jetzt wohl keine Rolle mehr. Komm, wir versuchen noch eine Mütze voll Schlaf zu kriegen. Morgen Abend in Magdeburg gehen wir zusammen essen und schauen, ob wir dabei ein paar böse Geister zur Strecke bringen können. Einverstanden?«
»Hört sich gut an.«
Er begleitete mich zu meiner Baracke und küsste mich noch einmal zärtlich, fast brüderlich. Vielleicht auch vorsichtig.
Vorsichtig würden wir beide sicher auch zukünftig
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