Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
wohl davon ab, wie es Hans geht.«
Der Junge sackte in sich zusammen. Aber dann richtete er sich mit einem Ruck auf.
»Machen Sie den Beifahrer, Frollein. Bitte, machen Sie.«
»Ich kann das nicht, Fritz. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob Mac das möchte und ob die Rennleitung das erlaubt.«
»Det werden die. Der hat doch den Saboteur jestellt. Reden Se mit denen, Frollein Schneider. Bitte.«
Ich sah mir den marmeladenverschmierten Jungen an, der so voller Eifer argumentierte.
»Geht es dir nur um die Wette, Fritz?«
»Psst. Nee, nee, Frollein. Det isset nich. Also, det isset ooch, aber – der Mac, der hätt’s verdient.« Fritz schielte zur Tür, aber Minna ging ihren eigenen Beschäftigungen nach. Und mit verhaltener Stimme vertraute mir Fritz an, dass er die Rallye seit Beginn mithilfe einer pflichtvergessenen Klingelfee minutiös verfolgt hatte. Nelly, so der Name der jungen Telefonistin, hatte die nächtlichen Meldungen der Rennleitung belauscht und die Ergebnisse für Fritz aufgeschrieben. Weshalb er schon vor Tagen auf den Außenseiter mit dem Ford gesetzt hatte. Bei einer illegalen Wette. Er hatte dabei auch von Wills anderen Heldentaten erfahren, unter anderem seine offenbar spektakuläre Rettung von Geraldine an der Staumauer und Doro Obelis Bergung aus dem brennenden Wagen. In Fritzens Augen glomm die reinste Heldenverehrung, die von dem nächtlichen Kampf noch gekrönt worden war.
Will, und das wurde mir durch die Begeisterung des jungen Mechanikers eben gerade bewusst, war ein Held. Ein stiller Held, der trotz seiner zahllosen Wunden und all der schmerzlichen Erfahrungen noch immer tat, was getan werden musste. Er jammerte nicht, er half. Er besiegte Schwierigkeiten.
Er verdiente den Sieg.
Und er verdiente Fritz.
»Fritz, ich glaube, ich kenne den idealen Beifahrer für Mac.«
»Ja? Wen?«
Großäugige Hoffnung.
»Dich.«
Der Kaffeepott rutschte aus seiner Hand und knallte auf den Tisch.
»Ick?«
»Du bist Mechaniker, du kennst Berlin, und du willst, dass er gewinnt.«
»Aber … aber …«
»Wird Charlie dich gehen lassen?«
Wortloses Nicken.
»Dann pack deine Tasche. Ich rede mit der Rennleitung. Du hast recht, sie schulden Mac etwas. Immerhin ist Hans wegen Waldgrubers Einmischung krank ausgefallen.«
»Mann, Frollein, Mann!«
»Emmalou. Ach ja, und nimm deinen guten Anzug mit. Kann ja sein, dass ihr siegt. Ich geh jetzt mal in die Werkstatt und schau mir die Rumpler an.«
Charlie war unter dem Auto hervorgekrochen, schrubbte sich eben die Hände und lächelte mich an, als ich eintrat.
»Alles halb so schlimm, Fräuleinchen. Der Propeller ist in zwei Tagen so gut wie neu, der Motor ist überholt, die Bespannung kriegen wir schnell hin, und das Ruder funktioniert auch wieder. Nur die Achse, die hab ich zum Schmied gebracht, damit er sie geraderichtet. In drei Tagen fliegt sie wieder.«
»Charlie, Sie sind ein Wunder. Ich habe nur ein dummes Problem. Ich habe im Augenblick nicht genug Geld bei mir, um Sie zu bezahlen. Können Sie mir eine Rechnung schreiben? Dann sehe ich zu, dass Sie spätestens am Dienstag Ihr Geld bekommen.«
»Nur keine Hektik, Fräuleinchen. Sie sehen ehrlich aus, und wenn’s ein paar Tage dauert, macht’s nichts.«
Eine kleine Erleichterung mehr.
»Charlie, ich habe noch etwas anderes angerichtet.«
»Na, was denn?«
»Ich habe Fritz gebeten, bei MacAlan als Beifahrer mitzufahren. Der Junge …«
»… wird sich überschlagen. Ich merk doch schon die ganze Zeit, wie er da hinterherhechelt. Ich hab schon dafür gesorgt, dass er am Kontrollpunkt mitmachen konnte. Ist ein feiner Junge, der Fritz. Ein ganz feiner. Aber ist der MacAlan in Ordnung? Wird er auf ihn achtgeben?«
Ich musste über meine neue Erkenntnis lächeln.
»Ja, Charlie, Alasdair MacAlan ist genau der Held, den Fritz in ihm sieht. Ich kenne ihn schon seit meiner Kindheit.«
»Denn ist gut. Denn soll Fritz seinen Triumph genießen.«
»Dann gehe ich jetzt mal zum Theater und überrede die Rennleitung, dass sie ihn mitfahren lassen. Ich schätze, er wird dann bis Dienstag wieder zurück sein.«
»Sagen Sie dem Henske einen schönen Gruß, dass ich einverstanden bin.«
»Henske?«
»Der Chef.«
Am Sammelplatz herrschte Aufregung. Die Neuigkeit, dass einer von ihnen sich an den Reifen vergriffen hatte, hatte Empörung, Unglauben, Wut und hier und da Schadenfreude ausgelöst. Zwischen den Gruppen und Grüppchen irrte ein überforderter Wachtmeister herum, der Hans Beckhaus
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