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Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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hatte Fritz leise gemurmelt und sich aus dem Zelt verdrückt.
    Das alles war ja nun ungeheuer aufregend gewesen, fand er. Aber als er auf die Uhr schaute, sah er, dass es schon halb vier geworden war.
    Nelly hatte er verpasst.
    So ’n Mist.

59. KLEINE UNSCHICKLICHKEITEN
    Komm zu mir in der Nacht –
wir schlafen eng verschlungen.
    Müde bin ich sehr, vom Wachen einsam.
    Ein fremder Vogel hat in dunkler Früh schon gesungen,
    als noch mein Traum mit sich und mir gerungen.
    Else Lasker-Schüler
    U nter mir breiteten sich die Felder aus, über mir strahlte blau der Himmel mit seinen kleinen Kumulusschäfchen. Verstreute Ortschaften, verbunden durch Straßen und Schienenwege, dunkelgrüne Wälder, hier und da rot und gelb durchsetzt mit Herbstlaub, glitzernde Flüsse und kleine Seen.
    Und plötzlich begann sich alles zu drehen. Verzweifelt versuchte ich die Maschine abzufangen, doch tiefer und tiefer trudelte sie gen Boden.
    Das Ende kam.
    Ich schrie!
    Und wachte auf, zitternd, mit klappernden Zähnen. Ich tastete nach dem Nachttisch und fand den Lichtschalter.
    Großer Gott, was für ein Traum.
    Er war so was von realistisch gewesen.
    Ich schob die Bettdecke zur Seite und stand auf, um zum Fenster zu gehen. Ich musste mich vergewissern, dass ich noch immer sicher in Magdeburg gelandet war.
    Denk an etwas Schönes, Emma!
    Zum Beispiel an die kleine Fantasie beim Glas Wein vor dem Einschlafen. Etwas Unschickliches konnte doch sehr wohl auch etwas Schönes sein, oder?
    Ich könnte zum Beispiel an Wills Tür klopfen und schauen, was er von einem unschicklichen Vorschlag hielt.
    Aber dann starrte ich doch nur weiter ins Dunkle. So viel Mut hatte ich nicht.
    Das Fenster lag zur Straßenseite, und im Licht der Gaslaterne schimmerten die Schienen der Elektrischen, die vermutlich bald die Frühschicht aufnehmen würde. Einige Automobile parkten am Straßenrand vor dem Hotel, ein Mann in dicker Jacke kam leicht humpelnd auf das Hotel zu.
    Ich rieb mir die Augen.
    Mac – Will? Was machte der denn zu dieser gottlosen Stunde da draußen? Ob etwas mit Hans passiert war? Das war auf einmal Grund genug, mit ihm zu sprechen.
    Ich zog mir hastig meinen Morgenmantel über und trat auf den Gang, um Will zu fragen, wie es um ihn stand.
    Er kam langsam aus dem Aufzug, und in der matten Nachtbeleuchtung wirkte sein Gesicht erschöpft und grau. Er bemerkte mich nicht.
    »Will«, flüsterte ich. Er blieb stehen und sah mich an, als ob ich ein Geist wäre.
    »Was ist los, Emmalou?«
    »Warst du bei Hans?«
    »Hans? Nein.«
    »Wo kommst du denn her?«
    Er wischte sich mit der Hand durch das Gesicht.
    »Sammelstelle.«
    »Da ist doch etwas passiert!«
    Er nickte. Dann steuerte er auf sein Zimmer zu und wurstelte den Schlüssel aus einer Tasche. Ich folgte ihm unaufgefordert. Mit einem Seufzer ließ er sich auf das zerwühlte Bett sinken.
    »Nun sag schon.«
    »Wir haben den Saboteur gefasst.«
    »Oh.«
    »Der die Reifen zerstört hat.«
    »Himmel!« Und dann sah ich die Dreckschliere und etwas verkrustetes Blut an seiner Stirn. »Du hast gerauft.«
    Ein gespenstisches Lächeln huschte über sein stoppeliges Gesicht.
    »Ja, Mama. Aber der andere sieht auch nicht besser aus.«
    Ich setzte mich neben ihn.
    »Wer war es?«
    »Du wirst es nicht für möglich halten, Emma.«
    »Thalheimer?«
    »Nein, tatsächlich nicht. Der junge Doktor. Er wollte seinem Vater beweisen, dass er die Rallye gewinnen kann, weil der Alte ihn für einen Versager hält.«
    Ein paar kleine Szenen kamen mir in den Sinn – Zankereien, Bemerkungen über proletarischen Ehrgeiz, herablassende Blicke.
    »Ja, man hätte darauf kommen können.«
    »Es überrascht dich nicht?«
    »Beide haben ein bisschen zu oft behauptet, dass ihnen an einem Erfolg nichts liegt. Vor allem der alte Waldgruber hat das immer betont. Der junge hat aber Ehrgeiz entwickelt. Dass er allerdings zu so drastischen Maßnahmen greifen würde … Schon erstaunlich.«
    »Er hat den Tod der Fahrer billigend in Kauf genommen, hat Wachen betäubt und Hans zu hoch dosierte Betäubungsmittel verabreicht. Und er hat keinerlei Unrechtsbewusstsein gezeigt, Emma. Er hat seinem Vater die Schuld daran gegeben, dass er so handeln musste.«
    Mir ging plötzlich das Vatermord-Syndrom durch den Kopf. Wenn einer so etwas hatte, dann der junge Doktor.
    »Er hat eine Ausbildung bei Doktor Freud gemacht«, murmelte ich.
    »Was ihm wohl mehr geschadet als genützt hat.«
    Ich stand auf und nahm den Waschlappen von dem Becken.

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