Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
für deine Enkel wirst du einst der Sieger des Rennens sein.«
»Sie machen sich det zu leicht.«
»Nein, das tue ich nicht. Aber seit gestern, Fritz, habe ich neue Chancen. Ich habe meine Papiere wieder und kann das Versteckspiel aufgeben. Ich muss nicht mehr gewinnen.«
»Doch, det müssen Sie. Schon mir zuliebe. Ick hab doch allet uf Sie jesetzt.«
»Ah, na dann. Tja, dann muss ich also wirklich gewinnen. Aber das kann ich nur, Fritz, wenn du ein bisschen lockerer wirst. Deine Aufgabe ist es, mein zweites Paar Augen zu sein. Klar?«
»Jawoll.«
Sie hatten den Tiergarten hinter sich und rollten auf dem Kaiserdamm durch Charlottenburg. Eine breite Prachtstraße war das, von Bäumen gesäumt, hinter denen herrschaftliche Häuser aufragten. Am Lietzensee bogen sie dann ab und erreichten gleich darauf das Messegelände. Fritz wirkte noch immer angespannt, aber er gab sich Mühe, unter halb gesenkten Lidern die anderen Fahrer zu beobachten. Offensichtlich schätzte er deren Fähigkeiten ab.
Man hatte ihnen ein Team von zwei Mechanikern zugewiesen, und noch einmal hatten sie eine Stunde Zeit, ihre Wagen zu kontrollieren. Bei aufgeklappter Motorhaube verlor sich endlich Fritzens Anspannung, er zog Muttern nach, prüfte die Schmierung und untersuchte Leitungen und Drähte.
Mac betrachtete die Aufstellung. Von den fünfundsiebzig Fahrzeugen, die in Paris gestartet waren, traten hier in der letzten Runde nur noch zweiunddreißig an. Ausfälle technischer Art hatte es zwanzig gegeben, zwölf Fahrer hatten aus den unterschiedlichsten Gründen aufgegeben, fünf waren disqualifiziert worden, verunglückt sechs.
Dreizehn Reihen, drei und zwei Fahrzeuge wechselnd nebeneinander, in der ersten Reihe war Thalheimers Benz aufgeführt, neben Latours Citroën und von Braunlages Horch. Hinter denen die Fitzgeralds und der Peugeot, es folgten Macs Ford, der Italiener und der Spanier. Danach kam das restliche Feld.
Eine gute Position, er musste sie nur nutzen.
Mac ließ seinen Blick zu der Rennstrecke schweifen. Start und Ziel befanden sich unter dem Querriegel, der über die Straße hinter der Nordkurve gebaut worden war. Ein Turm mit einer Uhr bildete die Mitte, auf dem Dach prangte in Weiß die Aufschrift: Automobil-Straße. Von dort ging es knapp zehn Kilometer geradeaus bis zur Südkurve, dann auf der anderen Seite zurück zur Nordkurve. Jede Fahrbahn war acht Meter breit, ein Rasenstreifen lag dazwischen. An den Seiten der Nordkurve waren Tribünen aufgebaut, die sich bereits gefüllt hatten. In dem achteckigen Turm an der Startlinie war die Rennleitung untergebracht.
Ein Mann mit Megafon trat vor und rief die Fahrer zum Sammeln. Mac ging zu seinem Ford zurück, und Fritz klappte die Motorhaube zu.
»Läuft wie jeschmiert, Mac.«
»Dann ist ja gut. Steig ein, wir müssen auf unseren Startplatz fahren. Dritte Reihe, rechts. Ist ganz in Ordnung.«
»Det hat Ihnen der blöde Kleinhas vasemmelt«, murrte Fritz.
»Ja, der hat uns die Wertung vermasselt. Aber das können wir jetzt nicht mehr ändern.«
»Doch. Sie müssen kämpfen, Mac. Bitte!«
Mac musste sich ein Lächeln verkneifen. Fritz war so wild auf den Sieg.
»Ich werde tun, was ich kann.«
Motoren sprangen an, dröhnten, brummten, Einweiser winkten mit ihren Fahnen. Sie folgten deren Kommandos, fuhren an die weiße Linie.
»Mann, sind det viele da oben«, meinte Fritz mit einem Blick zu den Tribünen.
»Ist gut besucht. Es hat ja auch schon lange kein Rennen mehr auf der Avus gegeben. Da ist sogar so ein Geschwindigkeitstest mit Durchschnittswagen schon eine Attraktion.«
»Zwee Runden, Mac. Zwee Runden. Ick gloob, mir is übel.«
»Nein, ist es nicht. In einem richtigen Rennen würden sie fünfzehn Runden verlangen.«
Eine Kapelle spielte einen markigen Marsch, die Zeitnehmer, Mechaniker und Posten verschwanden von der Fahrbahn. Die Aufregung, die Mac noch eben gespürt hatte, legte sich, und er fühlte Gelassenheit in sich aufsteigen.
Gewinnen. Nicht für sich, sondern für Alasdair MacAlan, der nach diesem Rennen endlich seine Ruhe finden würde.
Und für Fritz, der ihm vertraute.
Und darum fing Mac laut an zu singen:
»Hark when the night is falling
Hear! Hear the pipes are calling,
Loudly and proudly calling,
Down thro’ the glen.
There where the hills are sleeping,
Now feel the blood a-leaping,
High as the spirits of the old Highland men.«
Der Startschuss fiel, die Flagge wehte, Mac gab Gas.
Klar setzte sich der Horch an die Spitze.
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