Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
weiß was zu regeln.
Gempp nahm ihn doch auch nicht ernst.
Hatte er sich wirklich so getäuscht? In eine Vorstellung verrannt? Verschwörungen gesehen, wo keine waren?
Schon wieder ein Klopfen. Ein Page brachte ein Telegramm.
Mit klammen Fingern faltete er es auseinander, die nächste Hiobsbotschaft erwartend.
Die Polizeidienststelle Magdeburg teilte ihm mit, dass Hans Beckhaus im Krankenhaus vorgefunden wurde, wo er gegen seinen Tremor behandelt wurde. Er sei weder ansprechbar noch transportfähig. Man bat um weitere Anwei sungen.
Er war also gar nicht geflohen. Er war krank.
Gott, warum hatten die Idioten ihm das nicht gesagt? Er war doch kein Unmensch. Er hatte oft genug diese Kriegszitterer gesehen. Menschlicher Kehricht, unbrauchbar, unheilbar, unfähig zu einem gesitteten Leben. Ein Blödsinn, den Mann zu verdächtigen.
Müde stand Otto von Braunlage auf und schritt vor dem Fenster auf und ab.
Wann hatte es angefangen, derart aus dem Ruder zu laufen?
Mit Beginn dieser verdammten Triumph-Rallye? Nein, da war Polen schon verloren. Da hatte er sich schon in Abhängigkeiten begeben gehabt. Mit seiner Heirat? Sicher, das war auf jeden Fall der Zeitpunkt, an dem er irgendwie den Überblick verloren hatte. Trixi hatte seine Sinne benebelt. Nie zuvor hatte er gedacht, dass eine Frau ihn dermaßen wahnsinnig machen konnte. Sie war unersättlich, wollüstig, ein Raubtier im Bett. Es hatte ihm gefallen. Es hatte ihm sogar gefallen, ihr in ihren wilden Spielen zu Willen zu sein, und damit hatte er sich erpressbar gemacht.
Manchmal verweigerte sie sich ihm, flirtete mit anderen Männern und wollte seinen Wünschen nur entgegenkommen, wenn er sie entsprechend beschenkte. Schmuck und Kleider verlangte sie. Nie bekam sie genug davon. Mochte der Himmel wissen, wo sie all das Zeug aufbewahrte.
Es wäre ja gut gegangen, ihre Mitgift war mehr als üppig gewesen, und seine Einkünfte aus dem Gut waren auch ganz anständig. Bis dreiundzwanzig. Als der Verwalter ihn übers Ohr gehauen hatte.
Otto von Braunlage lehnte die Stirn an das kalte Glas des Fensters.
Falsch, er hätte es verhindern können. Aber er war im Taumel der Leidenschaft gefangen gewesen und hatte sich um die Bücher nicht gekümmert, obwohl das Geld in lodernden Flammen verbrannte. Und mit ihm sein Besitz.
Er hatte das Gut nie gemocht, er war Soldat, Offizier. Ein Landbesitz war schiere Langeweile. Dass er auch eine solide Einnahmequelle gewesen war, war ihm zu spät klar geworden.
Er klingelte erneut nach dem Zimmerservice und bestellte sich eine Flasche Rotwein. Der mochte ihm helfen nachzudenken. Auf dem Sekretär in der Ecke lag ein Block des hauseigenen Papiers mit dem Emblem des Adlon, Tintenfass, Löschwiege und Füllhalter.
Es war an der Zeit, Bilanz zu ziehen.
Oberst von Braunlage nahm einen tiefen Schluck von dem Wein und machte sich daran, seine Verbindlichkeiten zu notieren.
Der erste Posten war der Verlust von tausend Reichsmark, die seine Frau ihm gestohlen hatte.
Der zweite Posten der Verlust des Horchs, den MacAlan entwendet hatte.
Weitere folgten.
69. EHRENRETTUNG
In diesen heil´gen Hallen
kennt man die Rache nicht.
Und ist ein Mensch gefallen,
führt Liebe ihn zur Pflicht.
Emanuel Schikaneder
J emand hatte den Smoking so kunstvoll geflickt, dass die Stellen am Ärmel kaum mehr zu erkennen waren. Der Friseur hatte seine und Fritzens Haare gestutzt, die Pomade hatten aber sowohl er als auch Fritz dankend abgelehnt. So in festlicher Aufmachung waren sie bereit, sich dem abendlichen Bankett zu stellen.
Ihre Aussagen zu Thalheimer waren zu Protokoll gegeben, der Horch stand, wenn auch etwas zerbeult, wieder im Hof, Donny Dorsch hatte seine Geschichte bekommen und war tatsächlich fast bereit, dafür Kniefälle zu machen. Skandale und Triumphe – das erfreute das Reporterherz!
Will hatte es auch geschafft, ein Telefonat mit der Klinik in Magdeburg zu führen, und hatte mit einer gewissen Erleichterung vernommen, dass es Hans allmählich besser ging. Er hatte den Arzt gebeten, Hans von ihrem Erfolg bei der Rallye zu berichten, denn das mochte seiner Genesung noch weit mehr dienlich sein. Der verständige Mensch hatte versprochen, dies zu tun, ja er hatte sich sogar nach Einzelheiten erkundigt.
Nur Fritz war nicht glücklich.
»Und wir können wirklich nich zu Aschinger jehn?«
»Nein, Fritz, wir sind verpflichtet, an der Feier teilzunehmen. Das ist die Kehrseite des Ruhms.«
»Ick weeß aber nich, wat Macker-Kartoffeln
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