Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

luxuriöseren Fahrzeugen. Der Bugatti war schneller, aber der Fahrer übermütig, was ihm Strafpunkte bei der Stetigkeit eingebracht hatte. Benz und Horch lagen noch vor ihnen, auch der Citroën, von Latour gesteuert, und ein unauffälliger Peugeot mit einem weiteren französischen Team. Chester und Beau lagen gleichauf, ebenso die Schweizer mit ihrem Steyr und Waldgrubers mit ihrem Amilcar.
    Tilmann neben ihm nickte zufrieden.
    »Es wäre ein Triumph, MacAlan, wenn Sie den Pokal erhielten. Ich gestehe, ich hatte mir wenige Chancen für Ihren Wagen ausgemalt, aber Sie scheinen ein versierter Fahrer zu sein. Die Eifel war ein harter Brocken.«
    »Das Sauerland wird nicht einfacher, Mister Tilmann.«
    »Sie kennen die Strecke?«
    »Ein wenig.«
    Tilmann schlenderte zur Bar und winkte Mac mit sich.
    »Bis das Büfett eröffnet wird, dauert es noch eine halbe Stunde. Erzählen Sie mir etwas von sich, MacAlan.«
    Die Zeit der Zurückgezogenheit war wohl vorüber, und Mac nahm die Einladung an. Der Amerikaner bestellte einen Whisky, er ein Bier.
    »Ich habe einige Zeit als Chauffeur gearbeitet, Mister Tilmann. Dabei kommt man ziemlich herum.«
    »In Deutschland, MacAlan?«
    »In Deutschland, in Frankreich, in Spanien und in Marokko.«
    Tilmann nippte an einem Glas.
    »Marokko. Interessant.«
    »Staubig.«
    »Und ein hart umkämpftes Gebiet. Sie haben es verlassen?«
    »Gezwungenermaßen, jedoch nicht ohne Lohn.«
    Nachdenklich betrachtete Tilmann ihn über den Rand seines Glases.
    »Man wies Sie aus, MacAlan?«
    »Richtig.«
    »Und warum?«
    »Ich habe einer jungen Frau die Kleider vom Leib gerissen.«
    »Ah.«
    »Ihrem Vater verlangte es nach meinem Kopf.«
    »Ohne Zweifel ein Mann von Ehre.«
    »Das Oberhaupt eines Clans der Rif-Kabylen.«
    Tilmann nahm noch einen Schluck, und Mac hatte das Gefühl, dass er ein gewisses Amüsement empfand.
    »Abd el Krim?«
    »Nein, nicht der Anführer selbst. Ich war sein Chauffeur, Mechaniker und technischer Berater.«
    »Und kein Wüstling, vermute ich. Was trieb Sie zu solch unzüchtiger Handlung, MacAlan?«
    »Eine Giftgasbombe, Mister Tilmann. Mir war die junge Frau anvertraut worden, sie auf den Markt zu fahren, und just bei unserem Besuch wurde der Ort von den Spaniern beschossen. Ich konnte sie eben noch aus der größten Gefahrenzone bringen, aber ihre Kleider waren bereits mit dem Gas verseucht. Daher habe ich sie ausgezogen und mit Wasser übergossen. Sie trug nur geringe Verletzungen davon.«
    Wieder nippte der Amerikaner an seinem Whisky, Mac nahm einen Schluck von seinem Bier. Es schmeckte ihm nicht besonders. Die Erinnerungen vergällten alles und jedes.
    »Ihre eigenen Verletzungen waren schlimmer, nehme ich an.«
    Mac zuckte mit den Schultern. Er hatte es gerade noch bis zu der Unterkunft des Clanchefs geschafft – in jenem Ford, den er auch jetzt noch fuhr. Dort hatte man ihn in eine Kammer gesperrt und Stunden sich selbst überlassen. Erst Hans hatte seine Abwesenheit bemerkt und war zu Abd el Krim selbst gegangen. Sie hatten ihn freigekauft und in ein Hospital gebracht. An diesen Teil der Geschichte hatte er keine deutlichen Erinnerungen mehr. Ein Abgesandter von Krim hatte ihm nach einigen Tagen mitgeteilt, dass er das Land zu verlassen hatte, wollte er seinen Kopf auf den Schultern behalten. Immerhin hatte Abd el Krim ihm und Hans eine Abfindung gezahlt und ihm selbst den Ford überlassen. Wiedergesehen hatte er den Mann, den er als intelligent und besonnen eingeschätzt hatte, danach nicht mehr.
    »Sie haben sich offenbar wieder erholt, MacAlan«, sagte Tilmann.
    »Sieht so aus.«
    »Ich selbst habe mich während der Kriegsjahre in meinem Land aufgehalten, doch habe ich von vielen Seiten Berichte gehört.«
    »Keiner, der je gesehen hat, was das Giftgas anrichtet, Mister Tilmann, wird den Einsatz billigen. Und doch verwenden es die Militärs in Marokko weiterhin. Nur schweigt die Öffentlichkeit darüber, und in unseren chemischen Fabriken wird weiterhin das Gas hergestellt.«
    Es war die Verbitterung, die seine Zunge gelöst hatte, und er hätte gerne zurückgenommen, was er gesagt hatte. Der Amerikaner hatte ein Ohr für Zwischentöne, und so nahm Mac resigniert hin, dass Tilmann leise sagte: »Sie sind kein Schotte, Alistair MacAlan. Und Giftgas haben Sie nicht erst in Marokko kennengelernt.«
    Mac stürzte sein Bier hinunter. Aber er antwortete nicht auf die Feststellung.
    »Okay. Es ist Ihr Ding. Ein gutes Abschneiden bei der Rallye eröffnet Ihnen neue