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Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx

Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx

Titel: Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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den Wänden hingen Zeichnungen in Schwarz und Weiß sowie Stiche. Durch zwei offene, breite Fenster wehte der Wind herein, so dass ein angenehmer Zug ging.
    Aus diesem Zimmer führten wiederum zwei kleinere Wendeltreppen weiter nach oben. Über einer prangte ein Bild, das ein Mädchen mit einem Fächer in der Hand zeigte, über dem anderen eines mit einem Jungen, der einen Besen hielt.
    »Das sind bestimmt die Schlafsäle für die Schüler«, vermutete Trix. »Für Mädchen und für Jungen.«
    »Dann gehe ich mal rauf«, verkündete Tiana. Trix seufzte und schleppte sich ebenfalls nach oben.
    Die Schlafsäle gefielen ihm. Sie nahmen zwei Stockwerke ein, in jedem gab es ein Dutzend Betten. Früher hatte es offenbar weit mehr junge Assassinen in der Verborgenen Natter gegeben. Ein Bett in der unteren Etage war zerwühlt, hier musste der einzige Schüler schlafen. Trix entschloss sich, einen Platz in der oberen Etage zu belegen. In jedem Geschoss gab es einen Abtritt, der aus der Mauer herausragte und unmittelbar über einem (echten) Abgrund hing. Das war zwar ein wenig schauerlich, aber ungeheuer praktisch und hygienisch (zumindest wenn kein starker Wind ging). Auch einen Waschraum mit einer großen Porzellanschüssel gab es. Das Wasser kam aus einem großen, dicken Bleirohr und war warm und glasklar. Trix überlegte kurz, ob auch das auf Magie zurückging oder ob das Wasser durch Windkraft aufs Dach gepumpt und dort von der Sonne erhitzt wurde. Dann kam er zu dem Schluss, seiner Phantasie besser nicht die Zügel schießen zu lassen: wahrscheinlich steckte einfach Magie dahinter.
    In einem Schrank neben der Schüssel entdeckte Trix einen Stapel Handtücher, Fläschchen mit dickflüssigen Ölen und ein inzwischen steinhartes Stück Seife.
    Die Versuchung war zu groß.
    Die meisten Menschen adliger Abstammung hegen gegenüber dem Waschen ja verständliche Vorbehalte. Sicher, ein Mensch sollte nach der Geburt gewaschen werden, damit er gleich begreift, welche Prüfungen ihn fortan erwarten. Außerdem sollte man einen Toten waschen, denn dem konnte das ja nun wirklich nicht mehr schaden. Auch stimmten fast alle Autoritäten darin überein, dass es sich für Braut wie Bräutigam gezieme, vor der Hochzeit ein Bad zu nehmen. Dies würde vor allem sicherstellen, dass beide wissen, mit wem sie ein gemeinsames Leben anfangen, schließlich seien Fälle bekannt, bei denen hinter einem rotwangigen, braun gebrannten Bräutigam ein bleicher Hänfling zutage trete. Oder umgekehrt: Eine ordentlich abgewaschene Braut, bisher eine blasse Aristokratin aus dem Norden, entpuppt sich als Bewohnerin Samarschans. Hinzu kommt ferner der Wunsch junger Menschen, die verständliche Aufregung vor der Hochzeit mit einer Prüfung zu bekämpfen. Da bietet sich das Waschen an.
    Auch ist allen noch jener spektakuläre Fall in Erinnerung, als der vor seiner Hochzeit gut geschrubbte Provinzbaron Doss Huan am eigenen Finger einen Ehering entdeckte. Der Ehrlose war bereits verheiratet, hatte aber wegen der Mitgift eine zweite Ehe angestrebt – bis ihm die eigene Vergesslichkeit einen Strich durch die Rechnung machte.
    Ferner meinen verschiedene Heiler, während einer Krankheit und nach der Genesung eines Patienten sei es ratsam, diesen mit einem Schwamm abzureiben, der in mit Duftessig versetztem Wasser getränkt wurde. Aber was soll man von Heilern schon erwarten? Einige von ihnen empfehlen zur Genesung von Fieberkranken ja auch verschimmeltes Brot, andere raten Damen in besonderen Umständen zur Stärkung ihrer Kräfte zu einem Schluck Wein!
    Bevor wir jedoch über diese Abneigung gegenüber Wasser den Stab brechen, sollten wir uns einige Tatsachen vor Augen führen. Zum Trinken und für die Essensvorbereitung nutzte man damals Wasser aus Brunnen und Kanälen, zum Waschen jedoch Flusswasser. Wenn nun etwas weiter flussaufwärts gerade eine Schafsherde vorbeigezogen ist und der Hirte sein Pferd gewaschen hat, wenn die Kanäle der Stadt gemäß den Gesetzen der Natur alle in den Fluss fließen und wenn die traditionelle Methode, einen toten Hund oder eine tote Katze zu bestatten, darin besteht, das Tier von einer Schlucht in den Fluss zu werfen, dann …
    Die Frage, ob das Waschen mehr Schaden anrichtet als Nutzen bringt, ist also so leicht nicht zu entscheiden.
    Auch die Zugluft gilt es zu berücksichtigen.
    Ein adliger Mensch muss in einem Schloss oder wenigstens in einem großen Haus leben. Frönt dieser Mensch der unsäglichen Angewohnheit, sich

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