Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx
noch ein Schüler bist«, murmelte Ilin. »He, Fee, ich wollte dich nicht beleidigen! Wir magischen Wesen …«
»Ich bin magisch!«, keifte Annette. »Minotauren sind magisch. Greifen, Mantikore und Einhörner sind magisch. Aber ihr Drachen seid genauso unmagisch wie Menschen, Elfen und Zwerge!«
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte Ilin.
»Weil ein magisches Wesen von Geburt an zaubern kann! Ihr aber müsst das erst lernen! Und nur weil ihr so lange lebt, könnt ihr so viel!«
»Das habe ich nicht gewusst«, gestand Ilin. »Ich habe immer angenommen …«
»Das weiß ja wohl jedes magische Wesen!«, kanzelte Annette ihn weiter ab. »Aber genau deshalb können wir euch Drachen auch nicht leiden! Immer spielt ihr euch auf, obwohl ihr eigentlich stinknormal seid!«
»Du erkältest dich, Annette.« Trix fasste die tobende Fee mit zwei Fingern bei der Taille und steckte sie in seinen Ausschnitt. »Lass uns weiterfliegen, Ilin!«
»Du hättest mich warnen können, dass du nicht mein einziger Fluggast bist«, grummelte der Drache.
Den ganzen Tag flogen sie über Ländereien des Barons Ismund dahin. Sobald die Menschen den Drachen bemerkten, rannten sie aufgeregt hin und her und schickten Pfeile und Feuerwerkskörper gen Himmel. Offenbar aus Freude. Am Abend landeten Trix und Ilin auf einem Berghang, direkt neben einer Schafherde. Der Hirte war weit und breit nicht zu entdecken, so dass sie ihm keine Hammel abkaufen konnten und sich unentgeltlich versorgen mussten.
»Hier leben sehr gastfreundliche Menschen«, beruhigte Trix den Drachen. »Sie werden bestimmt keinen Ärger machen, wenn du dir ein oder zwei Hammel nimmst.«
Annette labte sich am Blütenstaub des wilden Edelweißes, das am Hang wuchs.
Die Nacht über flogen sie weiter. Ilin hatte erklärt, Drachen könnten auch im Schlaf fliegen, ohne vom Kurs abzukommen. Ihre nächste Rast machten sie morgens, bereits in der Nähe von Samarschan, auf einem Hochplateau bei einer der Grenzburgen. Die Nacht über war es kalt gewesen, doch kaum war die Sonne aufgegangen, war es sehr schnell heiß geworden. Auf einer grünen Wiese öffneten blasse Feldblumen gerade ihre Kelche, woraufhin Annette erst einmal frühstücken flog. Ilin erklärte mit einem Seufzer, sie müssten jetzt hungern, denn hier gebe es nichts zu essen für sie.
Inzwischen jagten Ilins Ausmaße und die fürchterlichen Fangzähne des Drachen Trix längst keine Angst mehr ein. Er lag völlig entspannt im Gras und sah in den klaren, blauen Himmel hinauf. »Was ist eigentlich bei euch los?«, fragte er Ilin. »Wozu brauchst du einen Zauberer?«
»Wir Drachen von Samarschan schweben in großer Gefahr«, antwortete Ilin ausweichend.
»Das habe ich verstanden. Aber warum?«
»Hast du je vom Mineralisierten Propheten gehört?«
»Hier und da habe ich was aufgeschnappt. Das ist der Anführer irgendeines Stammes, oder?«
»Der Anführer irgendeines Stammes?«, echote Ilin. »Ja, vielleicht war er das vor einem Jahr. Möglicherweise sogar noch vor einem halben. Aber inzwischen fehlt nicht mehr viel und er ist Großwesir bei Sultan Abnuwas.«
»Wäre das denn so schlimm?«
»Du bist zwar ein mächtiger Zauberer«, sagte Ilin, »aber politisch völlig unbeleckt. Der Sultan Abnuwas entscheidet in Dachrian rein gar nichts. Das Sagen hat einzig und allein der Großwesir. Akhsogud hat dieses Amt seit vielen Jahren inne. Er ist ein friedliebender und den Freuden des Lebens zugeneigter Mann, der an der Universität von Fatalum studiert hat. Unter ihm kehrten in Samarschan Ruhe und Ordnung ein, er hat mit eurem Königreich einen Friedensvertrag geschlossen und sogar Handelsbeziehungen zu den Kristallenen Inseln angeknüpft. Seit der Nomadenführer Abrakadasab – möge sein Name meinen Mund nicht entweihen! – sich jedoch zum Mineralisierten Propheten erklärt hat, sieht alles anders aus! Ganz Samarschan, von den Bergen in Amalaya bis hin zu den Salzsümpfen in Barokko, von der Quarxsee bis zur Einkuschwüste, ist ihm jetzt ergeben. Nur in Dachrian ist noch alles beim Alten. Das dürfte sich aber bald ändern. Spätestens in einem Monat kommen nämlich die Stammesführer in der Hauptstadt zusammen und rufen Abrakadasab zum neuen Großwesir aus. Und das Erste, was der tun wird, ist, eurem Königreich den Krieg zu erklären!«
Die zahllosen unbekannten Namen hatten Trix völlig verwirrt.
»Und dieser Abkra … Akku …«
»Abra«, soufflierte der Drache. »Du meinst doch Abrakadasab, den MP?«
»Genau. Der
Weitere Kostenlose Bücher