Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx
mit der Schleuder um.
Dem Dritten, Gerüchten zufolge ein ehemaliger Ritter aus dem Königreich, hatte die Hitze den Verstand geraubt, worauf er für immer in der Wüste geblieben war. Selbst jetzt steckte er in einer stählernen Rüstung, die er ohnehin nur ablegte, wenn sein Kamel den Gestank nicht mehr ertrug und anfing zu bocken. Seinen Helm nahm Eisenschädel, wie der Mann hieß, aber selbst dann nicht ab.
Der Vierte war ein Jüngling unbekannter Herkunft, der als Wickelkind in einer Grube bei einem kleinen Nomadenlager gefunden wurde. Er trug stets ein rot-blaues Gewand, bevorzugte ebenfalls den Faustkampf und wollte von allen Einfacher Mann genannt werden.
Der Fünfte war ein düsterer, wortkarger Wilder, der sich nie rasierte oder die Haare schneiden ließ, in Lumpen ging und mit schrecklichen Eisenhandschuhen kämpfte, aus denen scharfe Klingen herauslugten. Sein ungeheurer Appetit hatte ihm den Namen Vielfraß eingebracht.
Der Sechste, der Kapitän gerufen wurde, trug ebenfalls einen Lederharnisch. Seine Waffe war ein runder, messerscharfer Schild. Mit ihm parierte er Angriffe, setzte ihn aber auch als Wurfgeschoss gegen den Feind ein.
Das waren die ruhmreichen Krieger, die auf einen Platz unter den Favorisierten Scharfsichtigen Beobachtern hofften.
Als nun zwei Jünglinge die Arena betraten, die zwar die legendären schwarzen Gewänder der Assassinen trugen, aber nur mit Besen bewaffnet waren, lief ein einstimmiges Gejohle durch die Menge. Die Kotisten lachten bei ihrem Anblick ebenso wie die Gaghas oder die Favoriten des MP.
Selbst Abrakadasab gestattete sich ein Lächeln.
»Geht wieder fort, ihr Burschen«, sagte Einfacher Mann. »Tut so, als seid ihr gekommen, die Arena zu fegen, und verlasst den Kampfplatz wieder. Wir müssten uns ja schämen, wenn wir euch zufällig zu Krüppeln machen würden.«
»Wir sind gekommen, um das Recht zu kämpfen, in die Garde des Mineralisierten Propheten aufgenommen zu werden!«, antwortete der ältere Jüngling stolz. »Ich heiße Tri, das ist mein Freund Tien. Wir sind Krieger und haben das Recht, zum Kampf anzutreten!«
»Dies ist ein Platz für Helden, nicht für Kinder«, beschwor Tarantula sie. Er war selbst kaum älter als die beiden, hatte sich allerdings schon die Achtung seiner Gefährten erworben. (Und zwar zu Recht.)
»Dann geh du doch!«, antwortete Tien mit heller Stimme.
Nach dieser Beleidigung gab selbst der gute Tarantula jeden Versuch auf, die beiden zur Vernunft zu bringen. Eisenschädel brummte unter seinem Helm: »Ach … diese Jugend!«
Zwei Hörner bliesen zum Beginn des Wettbewerbs.
Abrakadasab hob die Hand. Seine magisch verstärkte Stimme hallte über die ganze Oase: »Diese kühnen Kinder sollen die Kämpfe eröffnen. Einer von ihnen tritt gegen Tarantula an, der andere gegen Einfacher Mann. Man möge … Nachsicht gegenüber ihrer Dreistigkeit zeigen.«
Tarantula und Einfacher Mann verneigten sich. Der Befehl Abrakadasabs, diesen beiden Kindern eine Abreibung zu verpassen, sie aber nicht zu töten, rief zustimmendes Gemurmel unter den Nomaden hervor, und selbst der strengste Wüstenkrieger zeigte sich von der Güte des MP ergriffen.
Trix und Tiana sahen sich an.
»Ich nehme den in Rot und Blau«, sagte Trix.
»Die tragen beide Rot und Blau«, bemerkte Tiana.
»Ich meine den mit dem langen Gewand.«
»Dann nehme ich den mit den Schnüren«, erwiderte Tiana.
Doch die ruhmreichen Krieger hatten ihre eigenen Pläne. Sie näherten sich den beiden gemächlichen Schrittes. Als Tarantula noch gut zehn Schritt von den beiden trennte, sprang er plötzlich vor und ließ seine dornenbesetzten Kugeln auf seine Gegner zuschnellen. Dabei zielte er jedoch nicht auf sie (denn ein solcher Schlag hätte jeden umgebracht), sondern neben sie, damit er dann mit einem jähen Ruck die Seile um sie schlingen und sie in den Sand reißen konnte. In Tarantulas Brust schlug nämlich ein gutes Herz, so dass er ohnehin stets danach trachtete, seinen Gegner zu fesseln und dem Henker zu übergeben, statt ihn eigenhändig zu töten.
Diesmal jedoch …
Die beiden Kinder rissen gleichzeitig die Besen hoch und fingen damit die Schnüre in der Luft ab. Ein Ruck, ein Schlag – und Tarantula musste einsehen, dass er es war, der, den gespannten Seilen gehorchend, mit dem Gesicht voran zu Boden fiel!
Tarantula ließ die Schnüre los, drehte sich im Sand und kämpfte jetzt mit ganzer Kraft – und mit zwei Blasen voller Leim, den er aus gekochten Spinnen
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