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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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heißt, es ist nur mit anderen zu vergleichen, die auch aus Gänseschiß stammen.«
    Ninurta wog das Schwert, hielt es mit ausgestrecktem Arm und berührte die Schneide mit dem Daumen. »Es ist sehr scharf.«
    Shakkan knurrte etwas. »Du beleidigst mich, Knabe«, sagte er dann. »Der Griff ist ein Notbehelf; diese Klinge braucht einen feinen, kostbaren Griff. Aber…« Er sah sich um und deutete auf eine Puppe, Leder gefüllt mit Stroh. »Nachgiebiges Leder ist schwer zu zertrennen, Stroh weicht der Klinge aus. Versuch mal, die Puppe zu köpfen.«
    Ninurta hieb von der Seite, ohne allzu viel Wucht. Die Klinge zerteilte Leder und Stroh, glitt fast ohne auf Widerstand zu treffen wie ein scharfes Messer durch sehr gares Fleisch.
    »Wenn ich dies auf eine Seite der Waage lege, werden die Fürsten der Trojaner und der Achaier auf die andere Seite Gold legen, und zwar mehr Gold, als nötig ist, die Waage auszugleichen.«
    Shakkan bleckte die schadhaften Zähne. »Wenn du mich fragst: Es ist zu schade für die Achaier.«
    Eigentlich wollte er mit Djoser sprechen, stellte dann aber fest, daß er eigentlich gar nicht mit Djoser sprechen wollte – noch nicht. Als er von der Schmiede zurück zu den Wohnungen ging, kam ihm Tashmetu entgegen; sie lächelte sehr schräg und wies auf die Küche.
    »Dort werden Köstlichkeiten zubereitet, Fürst meines Lagers – für dich und mich, zu geziemend bedächtigem Genuß nach langer Trennung.« Ernster setzte sie hinzu: »Wir wollen uns reinigen, Liebster – ohne Öl und Salben, die den Geschmack verfälschen.«
    Ninurta hielt sie an den Schultern fest. »Was hast du vor?« Sie hauchte einen Kuß in die Luft. »Laß dich überraschen.«
     
    Er badete am Grottenstrand, unterhalb der mit Tsanghars Geräten hochgezogenen Schiffe; danach ging er zum zweistufig gemauerten Becken, das der kleine Bach speiste. Zwei Sklaven halfen ihm beim Reinigen, rieben und striegelten ihn, ohne Öl oder Duftsalben zu verwenden. Hin und wieder kamen andere Bewohner vorbei, ergingen sich in spöttischen Bemerkungen und bekundeten ihren Neid. Als er fertig war, trockneten die Sklaven ihn ab und hüllten ihn in ein langes weiches Tuch. Einer der beiden verschwand, kam sofort wieder zurück und sagte: »Die Herrin ist bereit.«
    »Na dann.« Ninurta lächelte. »Ich danke euch.« Er ging zu jener Wohnung, die seine gewesen war und nun von Tashmetu belebt wurde. Eine wahre Belebung, dachte er; und immer noch wußte er nicht, was ihn erwartete – nur, daß es zweifellos köstlich genug sein würde, die Erinnerung an Gefangenschaft, Flucht und Einöden zu tilgen.
    Die größeren Gegenstände waren aus dem Raum entfernt worden, um Platz für einen neuen Boden zu schaffen: eine riesige Decke aus weichem Leder, die offenbar auf Kissen oder Stapeln anderer Decken ruhte, denn sie war fast zwei Handbreit über dem eigentlichen Boden. Als Ninurta darauf trat, federte sie nicht, sondern gab nur ein wenig nach, wie festes Fleisch unter suchenden Händen.
    Tashmetu stand inmitten von tausend Platten und Näpfen aus Holz. Auch sie war in ein langes Tuch gewickelt; in einer Hand hielt sie zwei helle Binden.
    »Welche Art Zauberei wird dies hier, Geliebte?«
    Tashmetus Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen, als die beiden Sklaven, die Ninurta gebadet hatten, mit hellen Tüchern erschienen und diese über die Fensteröffnungen und die Tür spannten.
    »Damit wir Licht haben, wenn wir sehen wollen, ohne durch Zuschauer gestört zu sein.« Sie wies mit der Linken auf die hellen Vorhänge; das Tuch über der Tür glitt eben seufzend zu Boden, nachdem die Sklaven gegangen waren. »Sieh dich um. Was siehst du?«
    »Dich. Was brauche ich mehr?«
    »O, viel mehr. Schau.«
    Ninurta kniete zwischen den Platten und Näpfen. Er sah Stockfisch, gekochten Thunfisch in einer Tunke, die nach Sesam und Drachenkraut duftete; gebratenen Thunfisch mit säuerlichem Lauch; Tintenfisch, zu Ringen zerschnitten und goldbraun gebacken; Muscheln, Austern und Krebse in verschiedenen Flüssigkeiten, alle Schalen weit geöffnet. Lammbraten mit grünen Kräutern und rotem Beerenmus. Teile gebratener Hühner. Wachteln auf saurem Kohl, umgeben von Weinbeeren. Tauben und Rindfleischstücke und Linsenbrei und Melonen, Feigen, Datteln; Schläuche mit Wein und Schläuche mit Wasser. Und Näpfe mit anderen Dingen, die er nicht mehr einzeln betrachten konnte, weil Tashmetu ihm einen Becher reichte, in dem kleine Stückchen trieben, die fahles Fleisch zu sein

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