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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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schienen, und Kräuter und abgeschabte Splitter von Pflanzen, in einem schweren süßen Sud.
    »Trink. Kir’girim und Kal-Upshashu haben es bereitet. Wein und Gewürze; und vor allem Pilzstückchen und Abschabungen von Knollen. Kräuter. Shashammu-Öl. Dies und mehr.«
    Er nahm den Becher. Irgendwie fühlte er sich wehrlos und unberaten, aber auch gespannt und voller Vorfreude auf etwas Unvergleichliches. »Wozu der Trank?«
    »Wir werden fliegen, Ninurta, und uns lieben, ohne zu ermatten, und von allen Köstlichkeiten essen und trinken, ohne satt und träge zu werden.«
    »Soll ich alles trinken, oder teilen wir?«
    »Wir teilen. Du zuerst. Und die Pilzstückchen nicht kauen, nur schlucken.«
    Ninurta trank. Trotz aller mildernden Beigaben schmeckte der Sud wie die Ausscheidung eines siechen alten Dämons. Er reichte Tashmetu den Becher und schüttelte sich. Sie leerte ihn, stellte ihn ab und wies auf die beiden Tuchstreifen.
    »Wir werden einander die Augen verbinden, sobald es zu wirken beginnt.« Ihre Stimme war wie feinstes Leinen, das mit dem Rücken eines silbernen Messers aufgerauht wird. »Um den Geschmack von allem zu genießen – besser zu genießen. Und erst, wenn wir es nicht mehr aushalten, legen wir die Binden ab.«
    »Und bis es zu wirken beginnt?«
    »Ansehen. Berühren. Sprechen. Oder schweigen.« Sie wikkelte sich aus dem weißen Tuch und schleuderte es von sich, zur Tür.
    Auch der Assyrer befreite sich vom Tuch; es begann ihn zu beengen. Er schüttelte den Kopf, der seine Form zu verlieren, zu wabern schien. Tashmetu nahm ihn bei den Händen.
    Sein Blick stieg von den steifen Brustwarzen zu den Augen, die ihn aussogen, aufsogen, die Zeit der Trennung zu Asche brannten, in die sich der Schattendrache seines Erinnerns wühlte und dann lange nicht biß oder scharrte.
    Ninurta wollte ihre Lippen. Und sich mit Krebsfleisch und Tunke und Wein bedecken zu ihrer Sättigung, und Taubenbrust und Oliven aus Ishtars Pforte genießen, Tashmetus Brüste unter Lauch und Lamm entdecken. Seltsam, wie die Farben einander begatteten, wie die Augen, in denen er schwimmen wollte, das Licht spleißten. Wörter, die er formte, wurden zu Klangschlieren und waren jäh wieder durchsichtig. Er lachte und sagte, sie solle sich in den Honig setzen und umdrehen und ihn – dann packte die Faust eines Ungeheuers nach seinem Magen. Als Ninurta (hieß er so?) nach Luft schnappte, schwand die Faust und ließ etwas zurück, das ein Teppich aus glimmenden Knospen sein mochte. Hitze dehnte sich aus, erreichte die Zehenspitzen und richtete jedes einzelne Haar seines Körpers auf.
    Tashmetu kniete vor ihm, zog ihn auf den weichen wogenden Lederboden, der die Schwinge eines Göttervogels war. Er wand die Binde um ihren Kopf und verknotete sie hinten; dann tat sie das gleiche mit ihm, und er sah nichts mehr, aber es war auch nicht nötig, etwas zu sehen, wenn man flog und die Welt unten schaute, die aus gelbem Wasser bestand und grünem Schnee und Menschen, die sieben Beine hatten und Hälse wie Kraniche. Vor allem aber mußte er nicht sehen, um zu spüren, wie Tashmetu ihn berührte, damit er höher steigen konnte und ihren nackten Körper zwischen den Sternen traf und den Mund, der feuchte Blitze barg, und dann wurde ihm schwindlig, so daß er sich nicht mehr auf den Knien halten konnte, und – »Au.« Etwas Hartes, ein Napf, rutschte unter seiner Hüfte weg, und aus dem Napf schwappte etwas Warmes auf seine Haut.
    »Holz bricht nicht«, sagte Tashmetu. War das ihre Stimme? Dieses Hallen und Saugen? Wo? »Deshalb kein Ton.« Er hörte sie rechts von sich und streckte die Hand aus. Haar, Flaum der Ishtar. Weitere Näpfe oder Platten knirschten; plötzlich kam Tashmetus helles Kichern, von Flügelschlägen getragen, aus einer der oberen Ecken des Raums, oder doch von hinter seinem Rücken? »Gut«, murmelte gurrte hauchte sie, und er wußte, es galt der Tunke an seiner Hüfte.
    Zeit wie Hirsebrei. Birnen gegen dies und das und Durst. Köstlich, Linsenmus aus dem Nabel der Liebsten zu schlecken. Die Wachtel, gefüllt mit gehackten Kräutern, oder weinlaubgewickelte Würste zwischen Brüsten. Krebsfleisch vom Schlüsselbein naschen; hören, daß der Stockfisch keiner ist, da er nicht nach Fisch schmeckt; Artischockenblätter und Kürbis, und Tintenfischringe mit dem Mund vom Zeh gezogen, Kirschen wo auch immer und die Auster schlürfen, und Wein aus dem berstenden Schlauch vermengt mit Honig, o die Dattel und Preis den Köchen, die

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