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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Vorschläge für Waren und Preise waren trefflich, und ihre Äußerungen über die Vorzüge einzelner Besatzungsmitglieder zeigten, daß sie auf ihrer ersten langen Fahrt alles überaus scharf beobachtet hatte. Ninurta überließ ihr die Auswahl der Leute; er bestand lediglich darauf, seinen erfahrenen zweiten Steuermann Lissusiri, einen Luwier aus Abasa, mitzunehmen, der die tückischen Küsten bis hinauf nach Troja kannte und den er von der Yalussu geholt hatte. Eine der Überraschungen, die ihm Tashmetu bereitete, war Bod-Yanat der Koch – von dem Kir’girim und Kal-Upshashu übereinstimmend sagten, man solle ihm den Handel mit Heil und Zauberkräutern übergeben. Höchstes Lob, denn die beiden Babilunierinnen vertrauten sonst kaum jemandem außer sich selbst.
    »Und er ist ein guter Heiler, außerdem«, sagte Tashmetu.
    »Man könnte derlei benötigen, nicht wahr?«
    Es war später Abend; sie saßen in der Behausung, die sie seit Ninurtas Rückkehr teilten, tranken Wein und beredeten die Dinge, die noch zu klären waren. Leukippe wollte ohne große Handelspausen nach Troja segeln, um ihre Heimatstadt zu erreichen, ehe die Krieger aus Achiawa dort eintrafen – falls sie wirklich den Kriegszug durchführten. Milawatna (Miletos, wie sie sagte) war einer der wenigen Häfen, die sie anlaufen würde; Tashmetu und Ninurta erwogen die Vorzüge und Nachteile und Angebote anderer Orte und Inseln und entschlossen sich, nur ein paar Inselhäfen und Abasa zu besuchen, um ebenfalls möglichst früh in Troja zu sein.
    »Man muß sich nicht zwischen Hammer und Amboß begeben, wenn es zu vermeiden ist.« Tashmetu leerte ihren Becher mit warmem Würzwein. »Trotz der feinen Schwerter und deines Zauberbogens.«
    »Waffen sind dann am besten, wenn man sie gar nicht erst verwenden muß. Auch ein Spruch meines Großvaters.« Er lachte. »Deine Umarmung und den ruhigen Schlaf danach, an deiner Seite, ziehe ich jeder Balgerei mit fremden Waffenträgern vor.«
    »Nach all den Jahren…« sagte sie halblaut, mit einem versonnenen Lächeln. »Ich war nicht sicher, ob wir wie Frau und Mann leben können, statt flüchtige Hitze hinter Kerets Rücken zu entfachen.«
    Der Assyrer beugte sich vor und legte die Hand an ihre Wange. »Wenn ich dich nicht belästige… Ich halte das sehr gut aus.«
    »An Bord wird es eng; hältst du es dann auch aus?«
    »Solange ich nicht zwischen dir und der See wählen muß…« Lachend stand sie auf und nahm ihn bei der Hand. »Ich und die See? Nun denn. Möchtest du vielleicht meine algenverhangene Grotte aufsuchen?«
    In dieser Nacht rettete sie ihn vor dem Ertrinken. Die Erwähnung des Großvaters führte zurück nach Ashur, die des Fahrtziels nach Troja, und der Schattendrache kroch aus dem Labyrinth, in dem er nistete, raste brüllend und brennend durch die Eingeweide von Ninurtas Seele und stieß eine winzige Gestalt, die der Träumer war, in einen tiefen Brunnen mit Wänden aus lodernden Messern und einem Wasser, das Stahlschwerter zerfraß. Als er auftauchte, hielt Tashmetu ihn in den Armen.
    »Du hast schon häufig nachts gekämpft«, flüsterte sie, »aber noch nie so geschrien.« Ihre Stimme, kaum mehr als ein Hauch, umfing ihn wie ein warmes Gewirk aus Schutz und Behagen. »Magst du darüber sprechen?«
    Dinge, die er nur mit der See und der Nacht geteilt hatte. Das Brennen und Morden in Babilu und Ashur. Der Schleier aus Wille und Verstellung, der vor dem Sturz in den Schlund bewahrte, in dem die gräßliche Ereshkigal die trüben Schatten der Toten peinigte. Die Brustwehr aus Schweigen und Mut über offenen Wunden. Und Tashmetus Arme waren stark genug, ihn zu tragen; ihre Worte sickerten durch die Rüstung und setzten das Werk des Vernarbens in Gang; ihre Lippen tranken die Schwärze aus seinem Leib, ohne die Kraft zu nehmen.
    Am Vormittag brachte sie ihn dazu, mit ihr die Höhle der Babilunierinnen aufzusuchen. Kal-Upshashu und Kir’girim lauschten der Geschichte vom Schattendrachen, dem scheußlichen Untier mit Rüssel und Zähnen, das zwischen den Erinnerungen an Ashurs König und denen an Prijamadu nistete.
    »Du hast wahrscheinlich eine Botschaft des Herrn von Ashur in dir, an Prijamadu. Vielleicht ist diese Botschaft die Antwort auf eine andere, erste; vielleicht bist du zum willenlosen Gefäß für Fragen und Antworten geworden, die zwischen Ashur und wem? Wilusa? hin und her befördert werden. Unbehagliche Vorstellung, nicht wahr? All das ist in dir versperrt; wenn es so

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