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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Bronzebecken stieg der Ruch von Holzkohle, von Räucherharz und von tausend Kräutern. Tashmetu verzog das Gesicht, sagte aber nichts; Ninurta schnupperte. Etwas wie versengte Butter war darin; schwacher Wein; der Duft zwischen den Schenkeln einer Frau nach dem Beilager; und etwas , das ihn an helles Gelb denken ließ, wenn er die Augen schloß. Er hatte dieses Gelb schon gesehen, diese Düfte schon gerochen, vor mehreren Wintern, als Kir’girim und Kal-Upshashu ihn für besonders verwickelte Leibesfreuden verhext hatten.
    Tashmetu sagte später, sie sei benommen gewesen, nicht mehr; Ninurta war willenlos, aber es kam nichts zutage, was seine Fragen beantwortet hätte.
    Zwei Tage rang er mit sich. Er haßte die Vorstellung, nicht Herr seiner selbst zu sein, umgewühlt von Wirkstoffen, von denen Kir’girim und Kal-Upshashu selbst nicht völlig überzeugt schienen.
    »Wir müssen bald aufbrechen«, sagte Tashmetu abends. »Du kannst beschließen, nie wieder nach Wilusa oder Ashur zu reisen; aber was wird mit dem Schattendrachen, der dich von innen frißt?«
    Am nächsten Abend nahm er den Trunk zu sich, der nach gar nichts schmeckte. Er hockte in der Höhle der Babilunierinnen auf einem dicken Fell; Tashmetu saß neben ihm, hatte eine Hand an seine Hüfte gelegt und schwieg.
    Dann begann die scheußlichste Reise, die er je unternommen hatte. Etwas stieg in ihm hoch, wie heißer Magensaft, würgte ihn, wollte sich aber nicht ausspeien lassen. Es kam in Wellen, jede heißer und stickiger als die vorige, und jede Welle brachte Fetzen – wie unverdaute Fetzen in erbrochener Flüssigkeit, ekelhaft und formlos, aber nach und nach setzten sich einige der Bröckchen zusammen. Erinnerungen, von denen er nicht einmal ahnte, sie je unterdrückt zu haben. Er spielte mit einer kleinen Schwester – vergessen, verloren, geschlachtet in Babilu, wo der Vater kreischend brannte. Er ritt mit fremden Kriegern, floh mit der Mutter nach Ashur, roch ihr Blut und die Innenseite ihrer abgezogenen Haut und die Innenseite des Leibs, der ihn geboren hatte und von einem Pfahl zerrissen und gesprengt wurde. Er erinnerte sich an jedes Blatt jeden Baumes, den er gesehen hatte, als er mit dem Großvater nach Westen ritt, roch den Esel, auf dem er saß, und das Essen und die Nächte und den Schweiß. Er lernte, ganz von vorn, alle Kniffe des Händlers und alle Feinheiten des Kriegers, ruchloses Feilschen und berauschendes Töten. Er stand vor Prijamadu, der ihm eine Geschichte erzählte und sich dabei verjüngte, der zu einer Schlange wurde, die die alte Haut abstreift: Prijamadu, nach dem Abzug von Herakles und den anderen durch List und Gewalt Herr über eine verwüstete Stadt geworden, Gemahl der widerstrebenden Tochter des gemeuchelten luwischen Königs; Prijamadu, der Troja wieder aufrichtete und aufbaute und neu befestigte und den alten Reichtum wieder herstellte, indem er eine Flotte baute und durch die Meerenge nach Osten fuhr und das reiche Kolchis überfiel. Berge von Erschlagenen, Hügel von Gold, Seen von Blut. Prijamadu, der von Kolchis nach Süden segelte, an die Küste des Landes der Kashkäer, und dort mit einem Abgesandten der Fürsten von Ashur verhandelte, die sich gegen ihren König Tukulti-Ninurta erheben wollten. Prijamadu, der einen grellen heißen Mond in einem Hafen an der Küste des Landes Azzi verbrachte, im Schlafgemach der Fürstin Penti-Psarri – Fürstin der kriegerischen Frauen des Azzi-Lands, »Frau-aus-Azzi-Land«, am-azziudnejas, von den minder sprachkundigen unter seinen Leuten verkürzt zu amazzyune, zu amazone; Penti-Psarri, mit der er (wie er später erfuhr) eine Tochter zeugte, die ebenfalls Penti- Psarri genannt wurde. Prijamadu, der heimkehrte nach Wilusa – Priamos, wieder in Troja, wo er einen Aufstand der alten luwischen Familien niederschlug und die Haiti der Anstiftung zieh; Priamos, der einen Grenzkrieg gegen das Hatti-Reich begann, unterstützt von Azzi-Frauen und Kashkäern an den anderen Grenzen – zu dem Zeitpunkt, als die Fürsten von Ashur ihren König töteten und nichts fürchteten außer einem Eingreifen der Hatti, aber die Hatti waren an den anderen Grenzen gebunden. Prijamadu, der dem Händler Awil-Ninurta eine Botschaft an den König von Ashur auftrug, deren Inhalt er nicht über die gewohnten Wege senden konnte, weil alle Länder in Unruhe und Aufruhr verfielen. Eine Botschaft und viel Gold, und dann ein Becher. Auch Priamos trank; Ninurta wurde später in einem Nebengemach wach und

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