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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ist…«
    Kal-Upshashu rieb den Rücken an der Kante ihres hohen Arbeitstischs. »Oder?« Sie blickte Kir’girim an.
    »Es gibt Mittel.« Die schlanke Babilunierin faltete die Hände im Schoß und schien in die Ferne zu blicken.
    »Was für Mittel?« sagte Ninurta.
    »Kräuter. Pflanzensäfte. Die Drüsenausscheidungen einer bestimmten Kröte.«
    »Um die Erinnerung zu versperren oder aufzuschließen?«
    »Beides. Aber wir haben nicht alles hier. Vielleicht…« Kir’girim schürzte die Lippen. »Zwei Möglichkeiten. Entweder hat man deinen Willen gelähmt, oder man hat Erinnerung tief in dir vergraben. Den Willen können wir ebenfalls lähmen, so daß er etwas freigibt, was festzuhalten man ihm befohlen hat. Die Erinnerung selbst… dazu fehlt uns etwas.«
    Tashmetu räusperte sich. »Was fehlt? Wo ist es zu beschaffen?«
    Kal-Upshashu schüttelte den Kopf. »Du liebst ihn, was er nicht verdient, obwohl er ein guter Nachtgespiele ist, aber hohl wie alle Männer. Trotzdem… du kannst ebenso wenig tun wie wir. Die Kräuter, die Pflanzen, einige Steinstäubchen; das alles haben wir. Ein paar Tropfen Saft und Wurzelstückchen der sulufu -Pflanze aus dem Libu-Land… In bestimmten Mischungen treibt sie nicht nur die Leibesfrucht heraus, sondern auch die verwachsenen Zwillinge und Drachen des Erinnerns. Aber die Kröte…«
    Es sei, sagte Kir’girim, eine besonders häßliche, mit Warzen besetzte Kröte, die in der Paarungszeit aus winzigen Körperöffnungen Flüssigkeiten absondere, die zusammen einen hochgiftigen Schleim ergäben. Auf der Insel komme die Kröte nicht vor, die Paarungszeit sei im Herbst, und all das sei eine Überlieferung aus den schwarzen Tagen der sumerischen Hexer und Herrscher.
    »Wir können einen Trank machen…« Kal-Upshashus Seufzer klang eher nach Mitleid als nach Bedauern. »Er wird deine Seele umstülpen und dein Gedärm ätzen. Danach wirst du wissen… nicht alles, aber vieles. Aber du mußt dich uns… ausliefern.« Sie blickte Tashmetu an, als sie dies sagte.
    »Ausliefern? Euch?« Der Assyrer lachte hohl. »Wie meint ihr das? Ich fühle mich schon ausreichend ausgeliefert…«
    »Du wirst zu einem bestimmten Zeitpunkt einen anderen Trank brauchen, um wieder zurückzukommen… Es geht um einige Atemzüge – zu früh, die Erinnerung ist wieder verschüttet; zu spät, und du wirst Tage brauchen, um von einem lallenden Unwesen wieder zu dem Mann zu werden, der du nie warst.« Kal-Upshashu lachte, aber es klang nicht überzeugend. So, als ob sie sich hinter Spott verstecken müßte: sich oder etwas, etwas Wesentliches.
    »Ich werde dabeisein.« Tashmetu hatte die Brauen zusammengezogen. »Wann?«
    »Heute abend.« Kir’girim stand auf, ging zu einem Wandbrett und nahm ein paar Gefäße und undurchsichtige Glasflaschen in die Hand, setzte sie wieder ab, nahm andere. »Heute abend, wenn ihr wollt. Es kann gefährlich sein, für deine Gesundheit, innen wie außen.«
    Er grübelte, zögerte, suchte Tashmetus Augen, aber die waren grüner Stein. »Kaum gefährlicher«, sagte er schließlich , »als nicht zu wissen, was die beiden Könige in meinem Kopf treiben. Aber… wie soll das gehen, und wozu das Ganze?«
    Tashmetu wandte sich ab; dumpf sagte sie: »Ich habe davon gehört, aber ich wußte nicht, daß noch heute… Es könnte so sein: Prijamadu hat dir eine Botschaft an Enlil-Kudurri-Ushur aufgetragen und dir einen Trank eingeflößt – einen Trank des Vergessens. Der Herr von Ashur hat, durch einen anderen Zauber, deine Erinnerung aufgeschlossen, die Botschaft entnommen, dir eine Antwort gesagt und dein Erinnern wieder verschüttet. Prijamadu wird es öffnen, durch ein Wort, ein Kraut, einen Trank, und die Antwort entnehmen. So etwa?«
    Beide Babilunierinnen nickten. In die Stille drang das Knurren von Kashtiliash; der Löwe mochte Hunger haben oder das Gespräch mißbilligen.
    »Den Willen lähmen, durch eure Kräuter?« Ninurta grinste schief. »Das ist die leichtere der beiden Möglichkeiten. Damit kann ich mich abfinden; ein Blick von Tashmetu lähmt meinen Willen schon. Wir wollen es versuchen. Heute abend?«
    »Gut«, sagte Kal-Upshashu. »Wir bereiten es vor. Und wenn es nicht wirkt? Sollen wir den Trunk vorbereiten, der deine Seele umgräbt?«
    »Nicht heute.« Ninurta stand auf. »Darüber will ich… ich muß denken und abwägen.«
     
    Ein Ledervorhang schloß den hinteren Teil der Höhle luftdicht ab. Eine einzige Fackel brannte, in einer Metallfaust an der Wand; aus drei

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