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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ein Lamm, ließ Gemüse in Essig-und-Salz-Wasser garen, beschimpfte »diesen Assyrer, der mit der schönen Herrin des Schiffs Stöckchenverstecken spielt, und wir…«. Aber die Besatzungsmitglieder hatten sich in die Stadt begeben, außer Steuermann Lissusiri, der freiwillig Bordwache hielt; und als das Essen fertig war, tauchte Tsanghar auf, mit zwei hübschen Mädchen. (»Zwei auf einmal? Willst du beide für dich behalten? O Mann… Wie machst du das?« – »Ach, weißt du das nicht? Also, ich will es dir erklären. Man schiebt einerseits…«)
    Bod-Yanat verschwand nach dem Essen Richtung Hafen. Tsanghar und die Mädchen verzogen sich zur nächsten Mulde, windab; Ninurta und Tashmetu lagen unter einem Strauch, dessen halbgeschlossene Blüten ihren bittersüßen Duft mit der Nachtluft mischten, dem Hauch von Salz und Weite. Irgendwann sagte Tashmetu:
    »Willst du nicht zu ihm reiten?«
    Ninurta rollte sich auf die Seite und suchte im Licht der Sterne ihre Augen. »Wer? Wohin?«
    »Du bist heute… anders. Kein Feilschen, keine Weisung, etwa Tsanghars Beißer-Kenntnisse zu verschweigen. Keine Beschlüsse über Madduwattas.«
    »Ah. Ich… hm.« Er folgte mit dem Finger den Umrissen von Tashmetus Wangen und Kinn. »Ich weiß nicht. Etwas nagt, aber es tut nicht weh. Als ob der Schattendrache die Zähne herausgenommen hätte, verstehst du? Er kaut jetzt mit blanken Gaumen auf meinen Gedanken herum, die ich deshalb nicht klar sehe, nur… zerkaut. Bald wird er die Zähne wieder einsetzen.«
    »Madduwattas«, sagte sie. »Willst du nicht zu ihm reiten? Er …« Sie unterbrach sich und hustete würgend, als jäh aufkommender Wind den stinkenden Rauch der Feuer von den Stadtmauern herwehte. »Seine Krieger sind hier«, sagte sie dann , »und seine roten Priester, und er läßt die Stadt befestigen. Er ist mit den Trojanern verbündet, gegen die Hatti. Handle mit ihm, mach ihm ein dickes Geschenk; vielleicht kann er dich vor Prijamadu schützen.«
    »Wozu?«
    »Er wird in einem halben Mond herkommen, um die Streitwagen zu sehen, aber das ist für uns zu spät. Du wirst den Drachen erst loswerden, wenn du vor Prijamadu stehst; ich weiß aber nicht, ob es gut ist, dies schutzlos zu wagen. Die geheime Botschaft aus Ashur könnte schlimm sein, und du weißt, was manche Fürsten mit Überbringern übler Nachrichten machen.«
    Er klang erstaunt. »Du hast recht… Wieso habe ich nicht selbst daran gedacht?«
    »Hast du nicht?« Nun staunte sie. »Ich dachte, das wäre der Kern deines Grübelns gewesen.«
    »Da ist kein Kern.« Er legte sich wieder auf den Rücken. Seine Stimme klang nach einer schwerverdaulichen Mischung aus Wirrnis und Zermürbung. »Wie fettes Hammelfleisch, das um eine Leere wabbelt, wo kein Knochen mehr ist.«
     
    Vier Tage, beschlossen sie – vier Tage Zeit bis zum Aufbruch. Aus Achiawa gab es keine neuen Gerüchte; offenbar lag das versammelte Heer immer noch bei Aulis und wartete auf das Ende der Seuche. Aber der letzte Fischer, der etwas von einem Inselfischer gehört hatte, der auf See Klatsch mit einem achaischen Hochseefischer getauscht haben mochte, war längst wieder ausgefahren; vielleicht war die Seuche beendet, vielleicht waren Heer und Flotte schon aufgebrochen; vielleicht war Troja noch, oder doch nicht mehr, zu erreichen… Zuviel vielleicht . Vielleicht würden Tsanghar und Tashmetu mit Hilfe zweier Schmiede in Abasa ungeheure Geschäfte machen, Beißer für alle Pferde herstellen und dem Herrn der Streitwagen verkaufen. Vielleicht war sogar die Kurzreise mit einem gemieteten Esel in die Berge sinnvoll.
    Ninurta fand es schwer, seine Gedanken zu sammeln. Er befolgte Tashmetus Rat, war ihren Vorschlägen gefolgt hinsichtlich dessen, was er Madduwattas mitbringen und dafür vom Dunklen Alten erbitten sollte, folgte den steinigen und immer steileren Bergpfaden, folgte zerstreut dem Teil seiner Gedanken, der sich mit dem seltsamen Fürsten befaßte.
    Vor mehreren Jahrzehnten, als Atreus oder Attarissias vergeblich versucht hatte, alte mykenische Besitzungen im Westen und Südwesten des Festlands Achiawa anzugliedern, waren die Achaier weit ins Landesinnere vorgestoßen. Nördlich der Gegend, die sie Pamphylien nannten, hatten sie den Gebietsfürsten Madduwattas besiegt und vertrieben. Er floh zu den Hatti; deren König Tutchalijas rüstete ihn mit Waffen und Kriegern und schickte ihn zurück in sein Land, wofür Madduwattas dem Hatti-Herrscher Gefolgschaft als Untertan versprechen mußte.

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