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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Gespanne wurden mit Leinen gelenkt, die an Ringen in den empfindlichen Nüstern der Tiere hingen; und jeder Wagen hatte einen Lenker und einen Speerkämpfer als Besatzung.
    »Deine Leute, Assyrer, und Hatti und Romet können mit Wagen umgehen. Die hier?« Tsanghar rümpfte die Nase und tippte sich an einen Nasenflügel. »Läßt sich so lenken, aber nur kurz. Man muß nur ein bißchen zu fest ziehen, dann reißen die Ringe die Nüstern auf, und man braucht ein neues Pferd mit heiler Nase. Deshalb nehmen alle, die etwas davon verstehen, einen dünnen Metallriegel, der ins Maul des Pferds kommt. Einen Beißer, wie wir sagen.«
    »Das stimmt. Nun, da du es sagst, fällt es mir ein. Und was ist mit den Kämpfern im Wagenkorb?«
    Tsanghar stieß ein höhnisches Keckem aus. »Völlig nutzlos , Herr. Mit diesen kurzen Speeren… das sind Waffen für Fußkämpfer. Man kann weder mit dem Speer über die Köpfe der eigenen Pferde hinweg noch seitlich oder nach hinten viel ausrichten. Eine Lanze, also zum Werfen – aber die ist nach einem Wurf weg. Ein Lanzenbündel, vielleicht; oder ein langer Speer – der ist aber auf dem Wagen kaum zu beherrschen. Nein, Assyrer; eure Leute und die anderen guten Wagenkämpfer haben einen Lenker und einen Mann mit schwerem Bogen auf den Wagen, dazu fest angebracht Köcher. Köcher auf der rechten Seite für Rechtshänder, links für Linkshänder.«
    »Hast du eine Erklärung?«
    Tashmetu berührte Ninurtas Arm. Sie saßen im Schatten eines Bogengangs vor einer Schänke, blickten auf den Hafen und das Gewimmel des Kais, tranken kühles Wasser mit ein wenig Wein (Ninurta fand ihn »stickig«) und warteten immer noch auf den Händler, der Leder und Knochenschmuck übernehmen wollte.
    »Ich habe eine Erklärung«, sagte sie. »Und sie ist ganz offensichtlich.«
    Tsanghar hob die Brauen. »Du siehst mich ratlos, schöne Frau; aber ich bin ja auch nur ein dummer Tüftler.«
    Tashmetu lachte. »Dann hört beide zu, dummer Tüftler und dummer Händler. Kann es sein, daß man hier ganz einfach vergessen hat, wie Streitwagen zu nutzen sind?«
    »Vergessen?« Ninurta blinzelte.
    Tsanghar pfiff leise. »Es könnte sein… Ein Gedanke, der mir fern liegt, Herrin, aber wahrscheinlich ist es so. Ich sehe etwas und frage mich sofort, wie kann man es benutzen oder verbessern. Wahrscheinlich… wahrscheinlich hat man den Abasiern gesagt, rüstet eine bestimmte Menge Wagen, und sie … also, wenn sie es wirklich vergessen hätten…«
    »Aber wie kann das sein? Streitwagen sind alt, und sie sind bekannt. Wie kann man so etwas vergessen?«
    Tashmetu lächelte spöttisch. »O Ninurta, Ausbund der heiteren Zuversicht – dies von dir? Der du sonst immer allen jede Dummheit zutraust? Es ist doch ganz einfach.« Sie beugte sich vor. »Nur die großen Herrscher haben Streitwagenheere; für kleine Fürsten ist das zu teuer. Abasa war nie Teil eines großen Reichs, und was die Mykenier, die hier bis vor vier Jahrzehnten geherrscht haben, einmal wußten, kann wirklich vergessen worden sein. Hatti-Wagen sind nie hierhergekommen, Mykenier-Wagen auch nicht, oder jedenfalls sehr lange nicht.«
    »Die Frage ist dann, wer hat den Abasiern gesagt, sie sollen Streitwagen bauen? Jemand, der selbst auch keine Ahnung hat, oder einer, dem Wagen so selbstverständlich sind, daß er sich nicht vorstellen kann, daß die hier gar nicht wissen, wie man damit umgeht?«
    Der abasische Mykenier, Ninurtas Handelsfreund, näherte sich. Tashmetu warf dem Assyrer einen verwunderten Blick zu, fast eine stumme Aufforderung; als Ninurta schwieg, legte sie den Finger an die Lippen, und Tsanghar nickte.
    Der Geschäftsmann, Theokies, erzählte vielerlei – von der Stimmung in Ephesos, vom Zusammenleben der Mykenier- Nachfahren und der Luwier und der wenigen Karier und ihrer gemeinsamen Abneigung gegen Achiawa (»seit sich damals Atreus die Finger verbrannt hat, haben sie es bei uns und am Secha nicht noch mal versucht – dafür ist jetzt Ilios dran, oder?«) und die Hatti, aber auch von der sehr gemäßigten Begeisterung über die neue Zugehörigkeit zum Reich des Dunklen Alten, Madduwattas, der eineinhalb Tagesmärsche entfernt in den Bergen Stammesfürsten versammelte und Krieger anwarb.
    Ninurta überließ das Feilschen Tashmetu; er hing Gedanken nach, die weder deutlich noch deutbar waren – so kam es ihm jedenfalls vor. Abends gaben sie einer grünen Mulde oberhalb des Strands den Vorzug vor der überfüllten Hafenstadt; Bod- Yanat briet

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