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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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untersuchten ihn und sein Gepäck, dann ließen sie ihn durch die Sperre. Der Weg überwand einen letzten Felskamm und fiel dann ab; nach wenigen Dutzend Schritten erreichte der Assyrer die Trümmer einer gewaltigen Wallanlage, die den Ort, als dieser noch eine Stadt war, umgeben haben mußte – vor Jahrhunderten? Jenseits des Walls lagen riesige Steinblöcke wie herumgeworfen; die Bewohner schienen sie als Rückwände ihrer schäbigen Behausungen zu nutzen: Bretterhütten, hier und da mit Lehm verklebt, gedeckt mit flachen Steinen (Steinscheiben, wie es aussah). Vor einer mächtigen, halb mannshohen Schwelle aus einem einzigen grauen Stein hockte ein beinloser Mann. Als Ninurta und der Esel an ihm vorbeikamen, hob er den Kopf und zeigte leere Augenhöhlen.
    Mitten im Dorf ragte ein einzelner Altarstein auf; die Opfermulde war rot verkrustet. Ein seltsames Gerüst stand nicht weit entfernt; beim Umrunden sah Ninurta, daß es das Skelett eines Drachen war. Dann stutzte er und schaute genauer hin.
    Es war das Standbild eines Drachen, gebaut aus Menschenknochen, Draht und dünnen Hölzern. Der Kopf, in dem zwei tiefrote Steine als Augen glommen, richtete sich auf den Altar.
    Hütten und Steinblöcke säumten einen fast runden Platz; in der Mitte stand das Zelt des Fürsten. Wie Bienensummen hörte Ninurta die Stimmen der Leute, die ohne Hast umhergingen und Dinge taten, die ihn nicht berührten. Wachen fingen ihn ab, befragten ihn, schickten einen Diener ins Zelt. Der Esel soff gierig aus einem Trog, eher einer tiefen Rinne in einem mattroten Stein. Ninurta ließ sich auf den Boden sinken und schloß die Augen.
    Er wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, als die Wachen ihn rüttelten und ihm bedeuteten, er könne nun zum Herrscher gehen. Ninurta kam taumelnd auf die Beine; vor ihm stand einer der dunkelroten Priester und winkte, ungeduldig. Ninurta nahm das Tuch mit den Geschenken und folgte ihm ins Zelt.
    Innen glühten zahlreiche Holzkohlebecken; es stank nach zu viel Räucherharz. Kienfackeln auf silbernen Ständern gossen Lichtstrudel in geschliffene Metallscheiben, die vielfarbige Leuchtbäche in den Innenraum schickten. Das Zelt mochte fünf Dutzend Schritte durchmessen, war etwa vier Männer hoch und mit dicken Teppichen ausgelegt. Ninurta sank bis zu den Knöcheln ein und schwankte, als ob der Boden bebte. Ein neuer Geruch wehte ihn an. Nein, nicht neu – eher ein Nachhall eines alten Geruchs, alt im Zelt und alt in seinen Erinnerungen. Vor seinem inneren Auge schien fahles Gelb auf, und Bruchteile eines Atemzugs lang fühlte er sich zurückversetzt in die Höhle, zu Kir’girim und Kal-Upshashu und Tashmetu, zu dem fehlgeschlagenen ersten Versuch, seinen Willen zu lähmen und den Drachen herauszulocken. Zu einer anderen Nacht, viel länger her, ohne Tashmetu. Etwas griff nach seinem Willen, aber er konnte es – was immer es war – abschütteln.
    Er sah den Thron und die dunkle Gestalt darauf, sah rote Priester vor Altarsteinen, sah undeutlich im Zwielicht Bilder eines Drachen oder Krokodils. Dann trat ihm ein Mann mittleren Alters entgegen, mit fahlem Bart und leeren, fast verschwimmenden Zügen. Ninurta dachte an Zaqarbals Bericht.
    »Du mußt der Feldherr und Seher Mukussu sein«, sagte er.
    »Ganz recht.« Gelbliche Zähne blitzten in einem Lächeln auf, das eher Vorbereitung eines tödlichen Bisses schien. »Man nennt mich auch Mapu’se, Mufasa, Moksos oder Mopsos. Du bist einer der Händler von Yalussu, sagte der Wächter? Ich nehme an, dein Freund hat von unserem Gespräch berichtet. Was bringst du dem großen König?«
    Ninurta reichte ihm das Bündel. Mukussu entrollte es, untersuchte das Geschenk, wickelte es wieder ein, fragte nach dem Inhalt der Frage, die Ninurta an Madduwattas richten wolle. Schließlich nahm er ihn beim Arm und führte ihn zum Thron.
    Der Mann, der vom Fürsten eines unbedeutenden Grenzlands zum Herrscher des mächtigen Arzawa aufgestiegen war, mußte alt sein – die Auseinandersetzungen mit Achiawas König Atreus, genannt Attarissias, lagen mehr als vierzig Jahre zurück. Der Mann auf dem Thron wirkte nicht älter als vierzig. Haar, Bart und Augen waren schwarz, die Haut fahlbraun. Ein schwarzer Umhang troff von den Schultern, bildete Wellen und sickerte fransig durch die Lücken im Thron. Einem Thron, der aus menschlichen Schädelknochen gefügt war.
    Madduwattas deutete mit einer Hand auf den Assyrer. Die Fingernägel waren lang und spitz, wie gefeilt.
    »Dein Begehr?

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