Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
wäre lieber ein zweites Mal gegen diesen angetreten als gegen Agamemnon, und am liebsten gegen keinen von beiden.
    »Es gibt hier einige, die sagen, daß nur Achaier wahre Menschen sind, daß nur Achaier für die Sache der Achaier kämpfen dürfen.« Der König griff zum Becher, trank, rollte den Wein im Mund herum, schluckte endlich und fuhr fort: »Hierzu hat Odysseus sehr treffend bemerkt, daß dies alles so sein mag, aber… sag du es, Ithaker; aus deinem Mund klingt es… tückischer.«
    Mit widerwilliger Bewunderung musterte Ninurta den obersten Feldherrn. Der schwarze Bart verdeckte große Teile der Gesichtszüge, aber die Augen – kalt und dunkel – waren nicht die eines dumpfen Toren. Hier saß der geborene Herrscher, abwägend, mißtrauisch, notfalls listig; ein Männerführer. Was vom Mund zu sehen war, ließ den Assyrer an alte Königsbilder seiner Heimat denken: Härte, Ausdauer, rücksichtsloser Wille.
    Odysseus lächelte leicht, wurde aber gleich wieder ernst.
    »Wenn der edle Achilleus und andere befinden, nur Achaier seien richtige Menschen, haben sie zweifellos recht, wie auch der Lachs nicht zu tadeln ist, wenn er sich für den einzigen richtigen Fisch hält. Aus der Sicht des Lachses ist er dies zweifellos; man sollte aber die Sicht der Muränen, der Aale und anderer Wesen achten, die sich ebenfalls alle für die einzigen richtigen Fische halten. Und sicherlich stimmt es, daß nur Achaier für die Sache der Achaier kämpfen dürfen; wer will aber andere, zum Beispiel Shardanier, daran hindern, nicht für die Sache zu kämpfen, sondern für Silber?«
    Khanussu schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Wie wahr, Fürst von Ithaka! Vor allem insofern, als achaisches und trojanisches Silber austauschbar sind.«
    »Ich dachte mir, daß du es so sehen würdest.« Agamemnon verschränkte die Hände hinter dem Kopf; Ninurta bemerkte, daß Tashmetu das Spiel der mächtigen Armmuskeln beobachtete. »Andererseits heißt das, es wäre leichtfertig von uns, Männer gehen zu lassen, die trojanisches Silber nehmen könnten, um uns mit Pfeilen zu beschießen.«
    »Wer sagt, daß wir gehen wollen? Wir haben doch noch gar nicht über den Preis geredet.«
    »Was ist der Wert von Bogenschützen, die wir eigentlich nicht brauchen?«
    Khanussu grunzte. »Unsere Brauchbarkeit für euch steht in einem schwierig auszudrückenden Zusammenhang mit unserer Fähigkeit, für trojanisches Silber auf euch zu schießen.« Er stand auf. »Wenn es aber so ist, daß ihr uns nicht haben wollt, werde ich nun gehen.«
    Agamemnon rührte sich nicht. »Odysseus?«
    Der Fürst von Ithaka setzte eine betrübte Miene auf. »Ich muß dir leider sagen, Khanussu, daß deine Gefährten draußen vor dem Lager in diesem Augenblick von einigen hundert achaischen Kriegern umringt sind. Ich hielt es für besser, dies anzuordnen.«
    »Wann?« sagte Khanussu, offenbar ungerührt.
    Odysseus hob die Schultern. »Dazu genügen einige Zeichen, mit den Augen und den Fingern.«
    »Erlaubt, daß ich mich überzeuge.« Khanussu ging aus dem Zelt; nicht eilig, aber auch nicht langsam.
    »Nun zu euch.« Agamemnon blickte Tashmetu an, dann mit sichtlich weniger Gefallen den Assyrer. »Was bringt euch her?«
    »Waren.« Ninurta hatte Tsanghar eines der vier Schwerter abgenommen; sein Lederbeutel enthielt etliche Beispiele für die Schmiedekunst von Shakkan: Pfeilspitzen aus Eisen, Speerspitzen, ein paar eiserne Dolche. Er leerte den Beutel auf dem Tisch und legte die Scheide mit dem Schwert daneben.
    Agamemnon beugte sich vor; dann streckte er den rechten Arm aus. »Odysseus, zeig mir dein neues Schwert.«
    Odysseus reichte es ihm. Agamemnon stand auf, entfernte sich ein paar Schritte vom Tisch, hieb durch die Luft, runzelte die Stirn, hielt das Schwert ans Ohr, führte noch ein paar Hiebe aus. Dann setzte er sich wieder, gab Odysseus die Waffe zurück, zog die andere aus der Scheide, nahm einige Pfeil und Speerspitzen in die Hand.
    »Schöne Arbeit«, sagte er schließlich. »Aber was sollen wir damit? Wir haben Schwerter und Spitzen.«
    Ninurta verschränkte die Arme und wollte antworten, aber Tashmetu kam ihm zuvor.
    »Reden wir schnell, ehe Khanussu zurückkommt, nicht wahr? Ihr braucht Bogenschützen, denn eure Versuche, vom Streitwagen aus mit Speeren zu kämpfen, sind zweifellos furchtbar gescheitert. Und…«
    Agamemnon unterbrach. »Hast du geschwätzt, Odysseus?«
    »Kein Wort.« Er betrachtete Tashmetu mit einem Ausdruck der Verblüffung.

Weitere Kostenlose Bücher