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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Abfallberge; zu einer Pyramide aufgetürmte Speere, überragt von einem silberglänzenden Helm mit wehendem Roßschweif. Männer standen, saßen, lungerten herum – stinkende, struppige, schlecht ernährte Kämpfer mit schadhaftem Grinsen und ekelerregenden Verbänden. Tashmetu bekam Pfiffe und Bemerkungen zu hören; vermutlich nichts im Vergleich zu dem, was ohne die Anwesenheit der frischgefangenen Frauen im Pferch über sie hereingebrochen wäre.
    »Müssen Geschenke von Aias sein«, murmelte Odysseus, als sie endlich den Frauenpferch hinter sich gelassen hatten.
    Die Wächter vor Agamemnons Zelt ließen Odysseus und seine Begleiter anstandslos hinein. Drinnen war es halb dunkel. Ninurta legte die Hand auf Tashmetus Arm und sagte leise:
    »Fällt mir gerade ein – Achilleus stinkt nicht.«
    In Agamemnons Zelt stank es. Der König, nackt bis auf einen schmierigen Schurz, stand neben einem Tisch und lauschte der Klage eines Unterführers. Es ging um Vorräte, Diebstähle, notwendige Bestrafungen. Der oberste Feldherr der Achaier atmete sichtlich auf, als er Odysseus und die anderen sah; mit einer schroffen Gebärde wies er den Unterführer hinaus.
    »Später«, knurrte er. »Odysseus – und wer sind die da?«
    »Hat dich die Botschaft erreicht? Das traurige Ende des edlen Palamedes betreffend?« Odysseus schien dies wichtiger zu sein als ein Eingehen auf Agamemnons Frage.
    »Sie hat mich erreicht.« Agamemnon fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Um Müdigkeit wegzuwischen oder ein Grinsen zu verbergen? »Sie hat«, wiederholte er, »und meine Tränen flossen üppig. Weinend brachte ich den ersten Teil der Nacht zu; die übrigen dreihundertelf Teile habe ich geschlafen. Wer sind diese da?«
    »Awil-Ninurta, weitgereister Händler, Assyrer, Untertan unseres Freundes Keleos von Ialysos.«
    Agamemnon nickte; er verzog keine Miene. »Also Achaier, als Untertan. Er darf ins Zelt.«
    »Tashmetu, Handelsfürstin aus dem fernen Ugarit, ebenfalls im Auftrag des Keleos.«
    »Ich muß ihm sagen, daß er sehr schöne Untertanen auszuwählen weiß. Willkommen, Tashmetu.«
    Tashmetu bemühte sich um ein Lächeln. Ninurta fand es mißlungen, aber Agamemnon kannte ja die gelungene Fassung des Lächelns nicht.
    »Khanussu, Shardanier, Herr einer Gruppe von fünfzig Kriegern, gute Bogenschützen allesamt, auf der Suche nach sinnvoller Tätigkeit – sobald Awil-Ninurta sie freigibt.« Odysseus räusperte sich. »Er hat sich, dies nebenbei, des Knaben Korinnos angenommen, der in trauernder Verwirrung verstummt ist.«
    »Ah. Gut.« Agamemnon blinzelte. »Fürsorge für die Waisen ist ein edler Zug, Assyrer; vor allem dann, wenn sie den Waisen dazu verhilft, die richtigen Dinge zum richtigen Zeitpunkt zu sagen.«
    Odysseus deutete abermals auf Khanussu. »Bogenschützen, großer König«, sagte er mit merkwürdiger Betonung.
    Agamemnon wies auf ein paar Schemel. »Wir wollen uns setzen. – Schreiber, hinaus; ich brauche dich später wieder. Laß uns Wein bringen.«
    Ein junger Mann, der bis dahin unsichtbar hinter einer hängenden Zeltbahn gesessen hatte, raffte Binsenrollen, Tinte und Halme zusammen und ging hinaus.
    Das Zelt war karg eingerichtet – Matten auf dem Boden, kein Bettgestell; Tisch und Schemel, ein Hocker, auf dem der Schreiber gesessen hatte. Ein Haufen Felle in der Ecke. Tierfelle, möglicherweise unvollständig behandelt; waren sie der Ursprung des Gestanks, oder doch der König?
    Ninurta schob einen Schemel weiter nach hinten, für Tashmetu, ging auf die andere Seite des Tischs und sah, daß es nicht Agamemnon war, der diese wilde, tierische Ausdünstung von sich gab. In der hintersten Ecke stand ein Käfig aus Bronzestäben; darin lag ein junger Luchs, der den Assyrer schläfrig musterte, gähnte und die Augen schloß.
    »Bogenschützen«, sagte Agamemnon. Er schien zu überlegen und schwieg, bis der Sklave, der Wein und Becher gebracht hatte, wieder gegangen war. »Wer hat schon Bedarf an Bogenschützen? Woher seid ihr?«
    »Aus Shardania, großer König«, sagte Khanussu. »Und von anderen Orten. Shardanier, Shekelier, Tyrser, Libuer, ein paar Leute aus den Bergen im Norden von Achiawa, und dazu einige kühne Krieger aus einem Land, in dem die Sonne aufgeht.«
    Agamemnon rekelte sich. Ninurta bewunderte die gewaltigen Muskeln. Auch auf einem Schemel sitzend war der König von Mykene ein prächtiger Anblick – oder furchteinflößend, je nachdem. Achilleus mochte ein wenig geschmeidiger sein, aber Ninurta

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