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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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auszuweinen. Das Heer hatte zornig aufbegehrt – und Ninurta fragte sich, ob Odysseus auch die Seuche erfunden hatte, um Unruhe und Kampfbereitschaft unter jenen zu erzeugen, die Abend für Abend mit Trojanern an den Feuern saßen. Es kam zu einer Abstimmung: Agamemnon sollte die Beischläferin des Achilleus bekommen und die Tochter des Priesters freigeben. So geschah es; und Achilleus zog sich grollend und knirschend und fluchend in sein Zelt zurück. Troja grölte, auch die Neustadt – »und die da ziehen angeblich deswegen in den Krieg, weil eine Frau freiwillig das Bett gewechselt hat?«
    Dann geschah innerhalb eines Tages dreierlei – drei Dinge, die alles veränderten. Morgens tauchten achaische Kämpfer vor der Neustadt auf, zusammen mit einem Dutzend von Khanussus Shardaniern, und verlangten nach Tashmetu, um ihr eine Sendung des Königs Agamemnon auszuliefern. Von trojanischen Wächtern geleitet folgten sie, ohne Waffen, Tashmetu und Tsanghar zum Haus nahe dem Platz der sieben Standbilder und luden Kisten ab: Gold aus dem Schatz des Herrn von Mykene und obersten Feldherrn der Achaier, eine ungeheure Menge Gold – wie Tashmetu, Ninurta und die anderen feststellten, als alle wieder gegangen waren und keine Zeugen sahen, wie sie die Kisten öffneten. Gold – in Fingern, in Barren, aus Gußformen wie Kuhhäute, in Scheiben, Tellern, Ringen, in flachen Stücken, die jeweils einen shiqlu oder ein Mehrfaches eines shiqlu wogen; Schmuckstücke waren dabei, und ein wunderbarer goldener Löwe, allein fast vier Talente schwer. Ninurta wog Teile der kleineren Stücke und schätzte, daß Agamemnon tatsächlich den vollen Preis bezahlt hatte, ungefähr jedenfalls. Und er sagte sich, daß in den kommenden Tagen zweifellos Beauftragte von Priamos kommen und nachschauen würden, wer denn da Kisten – mit was? – vom König der Feinde erhalten hatte. Am frühen Nachmittag kam ein Bote Agamemnons zur »richtigen« Stadt; binnen kurzem wußte man auch in der Neustadt, was die Achaier vorschlugen. Und daß Priamos dem Rat die Annahme des Vorschlags empfehlen würde: Es sollte einen Zweikampf geben zwischen Menelaos und Parisiti, zur Entscheidung des Kriegs.
    »Ich erkenne den krummen Geist des Odysseus«, sagte Tashmetu. »Sie werden zusehen, wie die beiden sich schlagen, und das wird sie anstacheln, und ganz sicher fällt jeder Seite etwas ein, was sie daran hindert, sich an die Abmachungen zu halten. Nicht zu reden von Helena – glaubst du, sie geht mit Menelaos, wenn der gewinnt? Was wird dann aus diesem Schmuck, den du ihr noch immer nicht gegeben hast?«
    Abends dann die dritte Überraschung des Tages. Sie kam von der Bucht, von der Insel, von Kal-Upshashu und Kir’girim: Lamashtu erschien, begleitet von zwei Seeleuten der Kerets Nutzen , die gleich wieder umkehrten. Die herbe Frau war mit jenem Boot (und drei Männern) hergekommen, das Tsanghar mit seinem »Wellenpflug« versehen hatte; und sie brachte eine verstöpselte und mit Wachs versiegelte Tonflasche.
    »Nicht der Krötensud«, sagte sie, »aber etwas ähnlich Wirksames. Wenn du noch nicht bei Prijamadu warst, solltest du es zuerst trinken und danach erwägen, ob du dich besser gleich ins Schwert stürzt.«
    Ninurta zögerte; Tashmetu betrachtete die Flasche mit deutlichem Widerwillen, sagte aber schließlich, es sei dies alles vorwärts wie rückwärts sinnlos, da könne er dann ebensogut Gift nehmen. Sie bereitete ein starkes Brechmittel vor – »für alle Fälle, falls das Zeug anders wirkt als vorgesehen.« Kurz vor Mitternacht, auf dem Dach, sah Tashmetu zu, wie der Assyrer die Flasche leerte. Er hatte sie gebeten, sich die Ohren zuzuhalten, falls er unbeherrscht zu reden begönne – was immer aus ihm herausflösse, sei für jeden gefährlich, der es höre.
    Es floß aber nichts. Nicht nach außen jedenfalls. Er saß auf einem Deckenstapel, starrte in die Sterne, senkte den Kopf, hob ihn wieder. Seine Hände öffneten und schlossen sich; dann sagte er leise:
    »Es ist gut. Nein, es ist nicht gut, es ist scheußlich. Ich weiß jetzt…« Er schaute in Tashmetus Augen, und sie sah Schmerz in seinen. Oder Entsetzen.
    »Was hast du erfahren?« flüsterte sie.
    Er hustete mehrmals und trank ein paar Schluck Wein. »Der Nachgeschmack«, sagte er.
    Dann beugte er sich vor, die Lippen an Tashmetus Ohr, und sagte ihr, was die Botschaft der Könige war.
    Tashmetu wich von ihm zurück; sie war blaß. Ihre Hände tasteten nach dem sich wölbenden Bauch, fuhren

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