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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sind und nie die Pracht des Todes kennen werden.
    Und die Trojaner fällten einen der stärksten Bäume der Achaier, unter dessen Wurzelwerk ein Ungeheuer schlummerte. Patroklos fiel. Achilleus erwachte.
    Sie haßten ihn. Keiner, der ihn nicht verabscheut hätte. Auf dem Bauch waren die Fürsten zu ihm gekrochen, ihn in den Kampf zu bitten, zu betteln, zu flehen. Der Tod des Vetters , des Freundes, des Kampfgefährten und Beischläfers tat, was Agamemnon und Odysseus nicht hatten tun können.
    Achilleus raste. Ninurta sah, und in ihm regte sich der Schattendrache, den er getötet glaubte. Regte sich, weil er einen Zwilling sah.
    Achilleus raste, und vielleicht war es eine Mischung aus dem unbändigen Haß, den sie alle auf ihn hegten und schürten und weiter anfachen und niemals ausgehen lassen wollten – aus diesem unendlichen ätzenden Haß, schärfer als jede Klinge und köstlicher als jedes Beilager, und aus dem Fieber, das Achilleus verstrahlte. Diese Mischung lief wie ein tollwütiger Wolf durch die Reihen der Achaier und biß alle und riß sie hin.
    Das Ungeheuer raste. Es mordete ohne Ende, wie ein Mann zuerst, dann wie ein Tier, schließlich nur noch wie ein Ungeheuer. Hektor, der gewaltige Hektar, getötet und geschunden, die Knöchel aufgebohrt, der Held wie ein Lumpenbündel durch den Dreck geschleift. Troilos, Priamos’ schönster Sohn, gefangen und von den Myrmidonen gehalten und von Achilleus geschändet, dann von den anderen, jedem einzelnen geschändet und schließlich totgetrampelt. Die Frauen aus dem Azzi-Land, die Amazzyunen, herbeigeritten unter ihrer Fürstin Penti- Psarri, Tochter des Priamos, schön und kühn und von den Achaiern Pentisarria gerufen, dann Pentisallia die Göttin – sie alle starben, zerstückelt und in den Boden getreten, zerrissen von einem Ungeheuer, das neben der Leiche der Penti-Psarri innehielt, die Schönheit der Fürstin sah, den Schurz abstreifte und sich auf die Tote legte, sie begattete. Das Ungeheuer packte den Achaier Thersites, der wagte, zu sehen und zu sagen, was ein Mensch zu sagen hatte – packte ihn, hob ihn hoch, riß ihm die Arme ab, schlug die Fänge in den Bauch des kreischenden Stücks, das vom Menschen geblieben war, riß Haut und Fleisch und Schlingen heraus, warf es zu Boden und sprang darauf herum, bis nichts mehr kreischte und nichts mehr als Mensch kenntlich war. Das Ungeheuer, das über Memnon herfiel – Memnon der Aithiope, Sohn von Tithonos, Neffe von Priamos, mit sieben Schiffen hergesegelt aus dem fernen Rome-Land Tameri, als er von der Belagerung hörte. Memnon landete in der Bucht, wo auch die Kerets Nutzen und die Bateia lagen; er und seine Männer schifften sich aus und baten ehrenhaft darum, das Schlachtfeld als fremde Freunde überqueren zu dürfen, um sich den Kriegern des Priamos anzuschließen. Danach ehrenhafter Kampf. Keleos, Fürst von Ialysos, leerte einen Becher Wein mit Memnon, nannte ihn Bruder und zeigte ihm den Weg.
    Den Weg, an dem der Unhold lauerte, das abscheuliche ehrlose Untier, das mit seinen hirnlosen Kampfameisen, den Myrmidonen, über die Männer aus dem Binsenland herfiel, die freies Geleit erhalten hatten. Sie starben, einer nach dem anderen, zerrissen und zerschlitzt und verstümmelt und bespuckt.
    Dann sah Ninurta (oder bildete sich später ein, gesehen zu haben – sehnte sich danach, es gesehen zu haben) überklar und übergroß Parisiti: Beischläfer der göttlichen Helena, Königssohn, Bogenschütze. Sah Parisiti am Flußufer, den schweren Bogen aus Holz und Eisen und Horn gespannt; er setzte einen Pfeil auf die Sehne. Einen Pfeil, den er zuvor geküßt hatte. Er zog die Sehne an die rechte Wange, zielte und ließ los. Der wunderbare Pfeil raste zur Kehle des Ungeheuers. Es wäre ein leichter schneller Tod gewesen, für einen Helden und Kämpfer und Mann, aber nicht für ein abscheuliches Untier. Einer der Myrmidonen wollte das Geschoß mit dem Schild abfangen, konnte es aber nur ablenken. Achilleus hatte seinen Schild hochgerissen. Der Pfeil, trefflich abgelenkt, fuhr unter dem Schild ins Bein des Ungeheuers.
    Der Schrei. Das Grauen dieses einen Schreis. Es geschahen weitere Dinge; Ninurta hörte, er habe gut gekämpft, und Aias sei nach einer Kränkung im Wahnsinn gestorben, und der von Agamemnon zurückgeholte Philoktetes habe später Paris mit einem Pfeilschuß getötet; und Heldenkot und Todeselend. Aber er erinnerte sich nur an wirre Tage, an matte Tänze schartiger Schwerter, graue Traumschlieren

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