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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Meerenge gesichtet worden, aber nichts, was dort geschehen mochte, könne schlimmer sein als das, was der achaische Friede bringe. Morgens brachen tatsächlich einige auf, bepackt – aber es waren wenige.
    Ninurta schätzte, daß mindestens vier Märsche über die Ebene zur Bucht nötig wären, um wenigstens die Hälfte des Goldes mitzunehmen. Was Priamos zustand, war weniger als die Hälfte, aber weder Ninurta noch Tashmetu mochten damit rechnen, genug Zeit für mehr als vier Märsche zu haben.
    Die Stadt war fröhlich; man sah lachende Gesichter, darunter viele von hellgekleideten, frischen Männern mit sauber gestutzten Bärten. Niemand schien sie zu kennen, aber bei dem Gewoge und Gewirr in der Stadt war dies kein Wunder. Ninurta glaubte, in einem dieser Männer einen Begleiter des Mukussu zu erkennen, war sich aber dessen nicht sicher.
    Auch die Ebene wimmelte von Menschen, die nach langer Zeit hinter den Mauern endlich frei herumlaufen, nach ihren Feldern (oder dem, was davon geblieben war) sehen und mit anderen zu den Schiffen der Achaier gehen wollten, um einen Blick auf die furchtbaren Helden zu erhaschen.
    Sie brauchten bis zum Nachmittag für den Weg zur Bucht, immer wieder aufgehalten von Menschenmengen, von Shardaniern (Khanussu grinste, als er Tashmetu sah, und deutete einen kleinen Kniefall an), von Kriegern, die Gerät zu Sammelplätzen trugen. Sammelplätze, die nicht am Strand lagen.
    In der Nähe des westlichen Skamandros-Ufers wuchs das heilige Pferd. Mukussus Männer, dazu ein paar Kephallenier des Odysseus bauten es aus Draht und den verkohlten Knochen der Gefallenen. Ninurta wandte sich ab; der Anblick erinnerte ihn an den Drachen vor Madduwattas’ Königszelt und brachte weitere Erinnerungen mit sich. Sie waren schwächer, wie entkernt durch die Dinge, die seither geschehen waren, aber er mochte dennoch nicht daran denken.
    Die anderen blieben bei den Schiffen, herzlich begrüßt von Bod-Yanat und den übrigen; sie würden dort die Nacht verbringen, die bisher zum Strand geschleppten Dinge verstauen und morgens wieder zur Neustadt kommen. Bis auf Tashmetu, für die das Gehen und Tragen zu beschwerlich wuNridneu.rta wechselte einige Worte mit Keleos; dann ging er langsam durch den späten Nachmittag zurück. Er wollte Leukippe suchen, die sie am Vortag in Troja nicht hatten finden können.
     
    Später ergaben sich die Zusammenhänge von selbst. Viele hellgekleidete Achaier hielten sich in den beiden Städten auf – unbewaffnet; aber überall gab es Waffen. Man duldete sie, bewirtete sie, feierte den Frieden. Dann fanden einige Männer – Kephallenier? Arzawer? – in einem Haus nahe dem Platz der Sieben Standbilder ein paar Tote, wie es hieß, und einen goldenen Löwen aus Mykene, der dem Agamemnon gehörte. Die wichtigsten der überlebenden Führer des trojanischen Heers und seiner Verbündeten waren einer Einladung des Odysseus gefolgt, neben dem fast fertigen Pferd Wein zu trinken und Einzelheiten des Friedens, der Feier und der Beteiligung von Kriegern an ihr zu besprechen.
    Plötzlich liefen die wilden Gerüchte um. Man hatte ermordete Achaier aufgefunden und einen goldenen Löwen des Agamemnon, den die hinterhältigen Trojaner gestohlen haben mußten. Hunderte friedfertiger Achaier würden in Ecken und Nischen und Hinterhalte gelockt und abgestochen wie Schweine, das Lager sei geplündert, alle Habe des Königs Agamemnon gestohlen, Agamemnon selbst entmannt und verstümmelt.
    Am heiligen Pferd griffen Männer, die eben noch unbewaffnet geplaudert hatten, zu Waffen, die von den nahen Sammelplätzen herbeizufliegen schienen; Odysseus befahl, alle Trojaner zusammenzutreiben, oder vielleicht befahl er etwas anderes. Die Männer des Mukussu begannen mit dem Gemetzel, hieß es später; aber es hatte keine Bedeutung, wer begann.
    Ninurta war bereits in der Stadt, als er das aufbrandende Geschrei hörte. Fast gleichzeitig loderten allenthalben Feuer auf, Brände, die lange vor Beginn des Geschreis gelegt worden sein mußten. Hellgekleidete Achaier, waffenlos zum Wein trinken in die Stadt gekommen, fanden Speere und Schwerter und machten sich ans Werk. Die schweren Flügel der Stadttore wurden mit Steinen, ganzen Steinwällen umgeben, so daß man sie nicht mehr schließen konnte – schließen gegen den Feind, aber auch gegen die eigenen Leute, die draußen gewesen waren und nun Zuflucht suchten.
    Lange nach Sonnenuntergang fand Ninurta Leukippe. Nackt, mit weit gespreizten Beinen, besudelt

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