Troja
zahnbesetzte Räder nagten, die an den Außenseiten, gleich unterhalb der zackigen Krone aus Zähnen, eine Art Sims aufwiesen. Über die beiden Simse liefen Seile, die zu dem Kasten führten, an dem Tsanghar gebastelt hatte. Darin knirschte etwas, und unter dem Heck plätscherte das Wasser.
Ninurta ging zum Kasten, hob die Klappe und sah hinein. Unten, außerhalb des Schiffs, im Wasser, drehte sich eine große Walze, besetzt mit Schaufeln aus dünnen Bronzeplatten, alle befestigt mit Draht. Er schüttelte ungläubig den Kopf, schloß die Klappe des Kastens in der Bordwand wieder und wandte sich den anderen zu. Erst jetzt bemerkte er, daß die Kerets Nutzen keinen Heckaufbau mehr hatte; der Kasten wäre sonst zu weit über dem Wasser gewesen. Und er sah, daß Tsanghar und der andere Mann mit dem Gesicht zum Heck saßen und die Kurbelpaare durch Trampeln zum Drehen brachten.
»Wir müssen so sitzen, Herr«, sagte Tsanghar, »weil wir sonst nach hinten fahren würden.«
Ninurta tastete nach Tashmetus Hand. Dies war alles, was er je an Köstlichkeiten begehren würde, sagte er sich. Die Hand, ihre Finger mit seinen verschränkt; der Anblick der weichenden Küste des Entsetzens; ein paar gute Männer, Freunde; und der unbezahlbare Duft von Salzwasser, nassen Planken, nassen Leinen.
»Zurück?« sagte er. »Das wollen wir doch vermeiden.«
BRIEF DES KORINNOS (VIII)
Was soll ich sonst noch schreiben? Du kennst alles, was danach erwähnenswert wäre, und die Dinge, die nicht erwähnenswert sind, brauchen wir nicht zu erörtern. Die Reifung blöder Knaben, zum Beispiel, oder die langsame Heilung des Assyrers. Ich bin sicher, er hat dir nie davon erzählt, also werde auch ich dir verschweigen, daß es viele Tage dauerte, bis er im Schlaf nicht mehr laut schrie und im Wachen allmählich dem Awil-Ninurta ähnlicher wurde, den die anderen kannten. Ich kannte ihn ja vorher nicht – die wenigen Tage zu Beginn, als er und der Shardanier und ein Schwert mein geringfügiges Leben maßlos verlängerten, reichten nicht aus, um einen kennenzulernen, der nicht viel sagte zu einem, der es nicht wahrgenommen hätte.
Es waren nur wenige achaische Schiffe unterwegs, um Tenedos und südlich; die meisten Geier wühlten im Aas oder eilten dorthin, wo Aas sich türmte. Tashmetus Leib wurde schwerer, eine köstliche göttliche Frucht (die einzige Reifung, die zu erwähnen sich lohnt, wenn man das Ende nicht bedenkt); und bei der Begegnung mit der Bateia überließ Ninurta ihr die Entscheidungen; er sagte, sie habe nun zwei Gehirne und zwei Lebern und sei daher zu allen schwierigen Dingen weit besser geeignet als er, dem wichtige Teile bei Ilios abhanden gekommen seien.
Nachdem also festgesetzt war, daß Khanussu die Bateia, die für ihn und die anderen Überlebenden zu groß und zu teuer war, dem Hafenmeister von Ialysos (oder Menena, falls aufzufinden) übergeben würde, segelten wir immer nach Süden, oder wir trampelten, bis Tsanghars Heckpaddelwalze (wie soll ich das Gerät sonst nennen?) in Stücke ging. Die meiste Zeit trampelten wir, denn wie du weißt, sind im Herbst die Winde nicht hilfreich für Fahrten nach Süden. Dann wünschten wir , Tsanghar und Bod-Yanat hätten nicht alles Holz des früheren Heckaufbaus verheizt, so daß wir für diesen Notfall Ruder hätten schnitzen können.
Wir liefen eine der tausend Inseln an – mühsam, mit dem klapprigen Heckpaddelwalzenrest – und kauften Holz für neue Ruder. Du weißt, die Dinge sind immer so, wie sie gerade nicht sein sollen. Wenn du lange etwas suchst, ohne es zu finden, und dein Silber für etwas anderes ausgegeben hast, dann sei sicher, das lange Begehrte wird sich zum Kauf darbieten, sobald du nicht mehr genug Silber besitzest; und wenn du auf Regen wartest, damit deine Aussaat nicht verdorrt, wird er mächtig zu triefen beginnen, sobald du aus den Dachschindeln deines Hauses Wassereimer gemacht hast, mit denen du der Saat Erfrischung aus einer fernen Quelle holst. So auch diesmal: Kaum hatten wir neue Ruder, drehte sich der Wind, füllte das Segel und trieb uns nach Süden.
Ich fürchte, abgesehen von diesen unwichtigen Bemerkungen kann ich nicht viel schreiben; denn damals war ich, vom blöden Knaben zum doppelt blöden Jüngling gereift, vor allem und ganz besonders mit mir und mit gewissen Verlusten beschäftigt. Viel zu beobachten gab es allerdings ohnehin nicht; wir segelten, ankerten in möglichst einsamen Buchten, da keiner von uns die Sättigung mit Ereignissen
Weitere Kostenlose Bücher