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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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der Männer, die die triefenden Klingen sinken ließen und sich abwandten und gingen. Taumelnd, keuchend folgte er ihnen; im Türbogen drehte er sich noch einmal um. Helena stand da, die Beine leicht gespreizt; sie hatte eine Hand auf Menelaos’ Kopf gelegt und bog sich zurück, um das Becken bewegen zu können. Um ihre Lippen ein Lächeln.
    Im Gang nahm Ninurta den Schild eines toten Achaiers an sich. Mit Schild und Schwert ging oder taumelte und schwebte er wie in einem Traum, zum Hof; er sah nichts mehr und hörte kaum etwas, bis eine harte Hand seinen rechten Oberarm packte.
    »Die Götter müssen dich mit langem Leben gesegnet haben, damit du mehr Zeit hast, nicht an sie zu glauben.«
    Es war Khanussu; bei ihm der Mann aus dem Osten und drei weitere Shardanier.
    »Wo… wieso…« Mehr brachte Ninurta nicht heraus; er fühlte sich wie ein Erwachender, den der Schlaf mehr erschöpft hat, als alles Leben dies je könnte.
    »Tashmetu hat uns gebeten. Wir hatten eben unsere Beute zum Strand gebracht, als – das hier losging.« Khanussu spuckte aus. »Komm.«
    Im grauen Morgen, auf dem Küstenhügel, wandten sie sich noch einmal um. Immer noch brannte die Stadt, brannten beide Städte oder das, was übrig war. Punkte bewegten sich in der nebligen Ebene. Ein loderndes Feuer am Ufer des Skamandros ließ das heilige Pferd leuchten.
    Keleos war nicht zu sehen, aber einige seiner Männer wachten. Er hatte sie angewiesen, die Schiffe fahren zu lassen. Es gab nur zwei Ruder; die übrigen waren Feuerholz geworden.
    Tashmetu fing den taumelnden Assyrer auf, ehe er rücklings über die Bordwand kippte. Sie ließ sich auf die Planken sinken und bettete Ninurtas Kopf in ihren Schoß. Ein Regentropfen, eine Träne fiel auf seine Stirn.
    »Liebster«, sagte sie leise. »O ihr Götter… wie…?«
    Er blinzelte, versuchte die Schleier aus den Augen zu zwinkern. Auf der Mole, jenseits der meilenweit entfernten Bordwand sah er Khanussu stehen.
    »Leukippe…«, krächzte Ninurta. Die Zunge war eine feiste Natter, die zurück in den Schlund, in ihr Nest kriechen wollte.
    »Hast du sie gesehen?« sagte Tashmetu.
    Er nickte schwach. »Gib Khanussu die Bateia «, murmelte er.
    »Die hat er schon; die Seeleute sind bei uns. Wir brauchen also nicht zu warten, auf Leukippe…«
    Tsanghar kniete neben ihm und Tashmetu, hielt ihm einen Becher mit verdünntem Wein an die Lippen.
    »Nur zwei Ruder«, sagte er dabei. »Wir brauchen keine. Gib sie ihnen, Fürstin.«
    Langsam klärte sich Ninurtas Blick. Er sah die anderen, die mehr oder minder besorgt auf ihn herabschauten, und er sah das Segel am Mast, das sich nicht regte. Kein Wind.
    »Wieso?« sagte er.
    »Tsanghars Gerät.« Tashmetu hob die Hand und wies auf den Shardanier. »Nehmt die Ruder. Wir treffen uns am Südende von Tenedos. Die Götter mögen dich schützen, Freund.«
    Dann verschwand Tsanghar, noch während Khanussu den Arm zum Abschied reckte und grölte: »Lebt wohl, bis später. Tief Luft holen, Bruder Ninurta; es ist mehr Leben in dir, als dir jetzt lieb ist.«
    Die Seeleute stießen das Boot von der Mole, mit Beinen und Speeren. Etwas knirschte und surrte; die Kerets Nutzen setzte sich langsam in Bewegung.
    Nach einiger Zeit, einer köstlichen Zeit, die damit ausgefüllt war, daß er den Kopf in Tashmetus Schoß ließ und aufschaute in ihr Gesicht, ihre Augen, die ihm helfen würden, jenen anderen Schoß zu vergessen und den zerfetzten Schoß Leukippes und den ausgebrannten Schoß der Stadt, der keine Kinder mehr gebären würde – nach langer Zeit spürte er, daß er sich wieder bewegen konnte.
    Korinnos zog ihn auf die Beine, dann Tashmetu. Ninurta stand, schwankte, taumelte, aber er fiel nicht. Er nahm einen weiteren Becher entgegen, von Bod-Yanat, leerte ihn in langsamen, kleinen Schlucken und schaute zurück zur Küste, die schon so weit entfernt war, daß man keine Menschen mehr erkennen konnte. Die Bateia , getrieben von den beiden letzten Rudern, lag ein Stück zurück, und noch immer ging kein Wind.
    »Was hat dieser kleine Dämon erfunden?« sagte er.
    Tashmetu nahm seine Hand. »Komm, sieh selbst.« Sie zog ihn nach achtern.
    Tsanghar saß auf einem schmalen Schemel, neben ihm ein Seemann auf einem ähnlichen Sitz. Beide Schemel waren hoch; unten hatten sie jeweils ein Kurbelpaar, rechts und links, an den Füßen der Männer mit dünnen Lederriemen befestigt. Die Kurbeln trieben Räder, die in größere Räder griffen, die wieder mit größeren Zähnen größere

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