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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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etwas. Er nahm kretischen Wein von Ninurta an, trank Tashmetu zu, wischte sich die Lippen und sagte, eher an sein Feuer gerichtet als an die beiden Zuhörer:
    »Sie war bei Muk… ah, Mopsos, als ich zu ihm kam, damals, drei Jahre her, vier? Dann ging sie weg, um etwas zu erledigen. Etwas Weiches zu schänden, sagte sie, damit das Harte besser gedeihen kann. Ich habe das damals nicht verstanden und will es auch heute nicht wissen. Dann ist sie zurückgekommen, mit Kriegern, die Madduwattas ihr überlassen hatte, und mit einem Wagen, auf dem ein goldener Löwe saß. Sie hat gesagt, er hätte längst eingeschmolzen sein sollen.«
    »Und dann?« sagte Ninurta, als Amphilochos nicht weitersprach.
    »Ah, vergebt mir, ich war in Gedanken bei diesem goldenen Kunstwerk.« Er lachte halblaut. »Nicht eingeschmolzen, noch immer nicht. Mukussu, der als Mopsos behauptet, eigentlich stamme er aus Mykene, hütet das goldene Tier. Er hat es ihr abgenommen, als er genug von ihr hatte, und sie in die Berge gejagt.«
    »Hast du noch einmal von ihr gehört?«
    Amphilochos runzelte die Stirn. »Nur Gerüchte. In den Bergen trieben sich damals noch Nachzügler der großen Horde herum; sie scheint sich ihnen angeschlossen zu haben. Jedenfalls erzählte neulich einer, nach der Eroberung von Ugarit habe dort eine Frau verwundete Führer der Horden mit Kräutern und derlei behandelt und dabei Geschichten über einen weichen Mann und über Tempeldiener erzählt. Ziemlich wirr – Tempeldiener, oder Priester, oder Weissager, was weiß ich.«
    »Männer, die am Palasttor jemandem mit einer Waffe in der rechten Hand eine Öffnung in den Rücken machen wollten?« sagte Ninurta.
    »Ja, genau!« Amphilochos klatschte sich auf den rechten Oberschenkel. »Das war es. Das hatte sie uns auch schon mal erzählt. Woher weißt du das?«
    »Ich war der weiche Mann, der in der Geschichte vorkommt.«
     
    Drei Monde später ankerten sie bei Ashqelon – Ashqelon, das nur noch eine Trümmerwüste war, in der Überlebende nach verlorenem Glück und verlorenem Gut suchten. Die Horden waren weitergezogen, um das weiche, reiche Tameri zu plündern; viele der Pilister, aus dem kargen Hinterland, hatten sich angeschlossen, um Rache zu nehmen für lange Unterdrückung und den Zwang, Abgaben zu leisten. Andere waren zurückgeblieben, Verwundete, Fußkranke, dazu einige, die satt waren von Blut und Niedertracht.
    Ninurta erkannte den Mann erst, als dieser lächelte und sagte:
    »Fürst der Insel, erinnerst du dich nicht? Ah, kein Wunder – wer sollte Niemand erkennen?«
    Von ihm erfuhren sie den Schluß von Lamashtus Geschichte.
    ERZÄHLUNG DES ODYSSEUS (VIII)
    Dieses Treffen ist trefflich: getroffen, ohne zu zielen. Ach, ich habe diese Art des Redens verlernt, Assyrer – die Art, die geziemend wäre zwischen alten Kampfgefährten und einer Fürstin, der klügsten der Frauen. Laßt uns dort drüben, im Schatten der Palme sitzen, den Rücken zu dem gewandt, was von der Stadt blieb, deren Herren sich nicht ergeben und auch nicht freikaufen wollten. Den Blick aufs Meer gerichtet… Salziges Sammelbecken der Tränen der Erde, Heimstatt der Schweifenden, Grab der Unsterblichkeit; wie oft habe ich… Aber laßt uns sitzen, Wein trinken, reden. Eine assyrische Sitte, nicht wahr? Um der Götter willen wollen wir auf dem Boden sitzen und traurige Geschichten erzählen vom Tod alter Herrscher?
    Wein? Genug. Und Gold und Blut. Keiner ist je reich genug, das stimmt, aber Niemand kann nicht klagen. Habe ich mich denn so verändert, seit… damals? Grau? Ach, auch die klügste der Frauen, die schöne Tashmetu, mochte nicht länger auf diese Zierde verzichten: lichtes Grau im nachtschwarzen Schopf. Und du, Herr des Handels: Chronos trug Nagelschuhe, nicht wahr, als er durch dein Gesicht stapfte.
    Was soll Niemand sagen? Niemand hat in den letzten Monden immer weniger gesprochen; ich glaube, Niemand stirbt oder ist schon verwest. Er hat Schafe gesehen, deren Mütter von hübschen Kräutern allzu viel naschten und Kinder gebaren, deren Augen mitten auf der Stirn in einer einzigen Höhlung zusammenkamen. Er hat Lotos gegessen und Berge aufgetürmt und im Schatten blutiger Wolken vielen Geschichten von Schiffbrüchen und Liebschaften gelauscht. Mit Riesen gerungen, mit Zwergen geschlafen, mit Hexen… Aber dazu später. Mehr.
    Guter Wein? Er wächst überall, aber viele Menschen wissen ihn nicht zu schätzen. Das Gute ist niemals nah. Wein ist ein Freund, der schweigt, wenn du mit dir

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