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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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unter den Trümmern des Hauses, in dem der Hafenmeister gelebt hat, als er noch lebte, liegt Niemand, und Odysseus gähnte und rekelte sich und empfand Sehnsucht nach den grünen Hügeln von Ithaka.
    Nein, nicht aus Furcht. Ich habe den Becher geleert, den bitteren Bodensatz gekaut und geschluckt; der Becher ist leer. Mögen die anderen weiterziehen und das reiche Tameri verwüsten; Odysseus will heimkehren. Die Zeit der großen Fürsten ist vorüber; er will wieder kleiner Fürst sein von Ithaka.
    Die großen Könige. Agamemnon. Priamos. Shupiluliuma, von Azzi-Frauen bei Hattusha nach der letzten Schlacht zerstückelt. Madduwattas der Finstere…
    Was? Ich hätte es mir denken können; kein Mann würde es wagen, aber – Tashmetu. Das ist eine gute Geschichte, die ich gern hören möchte, lang und gründlich und mit Wonne, denn er war eine Verfinsterung der Sonne und Beschwernis des Bodens.
    Nun ja. Überall die kleinen Fürsten, heute, warum nicht auch ich, daheim? Haiti-Fürsten in kleinen Ländern zwischen Ugarit und Karkemish. Kleine Fürsten werden das Erbe des Madduwattas aufteilen, und Mopsos… er wird fallen und kleine Erben haben. Nestor, armer alter Nestor – wer soll ihm nachfolgen? Menelaos ist verschollen? Gut so, und sie? Die Frau aller Frauen? Mit ihm verschollen? Ah. Armer Menelaos, allein mit ihr! Ashur wird auch fallen, Ninurta; und Tameri.
    Habt ihr Platz auf eurem Schiff? Für einen müden Wanderer, seine Träume, seine nächtlichen Schreie, sein Gold und seine Geschichten? Wo lebt ihr heute, da die Insel zerstört ist? Yalussu – Ialysos, Heimat des ehrenhaften Keleos? Ich will ihn sehen und umarmen, o ja; wären mehr wie er gewesen und nicht so wie Odysseus, dann – aber das ist müßig.
    Ihr habt Platz? Ich danke euch, Fürstin und Waffenbruder. Und ihr müßt mir erzählen, was mit Madduwattas geschah.

17. SCHLANGEN UND SALZ
    Odysseus blieb den Winter über; es war ein harter Winter, bestens geeignet für Feuer und Braten und lange Nächte des Erinnerns, Erfindens und Erzählens. Er wohnte bei Keleos auf der Burg, aber oft stiegen Ninurta und Tashmetu hinauf, oder die beiden Achaier kamen hinab zum weitläufigen Lagerhaus der Händler, wo sie nach mächtigem Trinken den Heimweg zu suchen unfähig waren und die Nacht als Gäste verbrachten.
    Es gab noch mehr Gäste. An einem windstillen Winternachmittag lief ein scheußliches kleines Ruderboot den Hafen von Ialysos an, uralt und wurmstichig und fast bis zur Bordkante im Wasser. Khanussu, Kaidu, ein Libu-Mann und vier der alten shardanischen Kämpfer sprangen an den Strand, luden Waffen aus und Reisebeutel und Beutel und Beutel und Krüge und mehr Beutel.
    Ninurta lachte, als ein Junge ihm die Nachricht von der Ankunft der Krieger brachte, und von der Menge ihres Gepäcks, das fast, sagte der Junge, ausgereicht hätte, ein heiles großes Schiff zu versenken, nicht nur diesen widerlichen Schakal von einem Kahn. Der Assyrer, Zaqarbal, Tsanghar, Korinnos und einige andere brachen mit Handkarren auf.
    Abends am Feuer sagte der lange Shardanier: »Wir haben noch ein bißchen gekämpft, Freund, für diesen kleinen Fürsten und jene Fürstenwitwe und drei Dutzend Händler, die gemeinsam ein Stückchen Arzawa beherrschen wollten, bis sie sich in die Haare gerieten. Aber…« Er schwieg, starrte ins Feuer, trank heißes Bier und blickte wieder auf.
    »Das Salz ist schal geworden, nicht wahr?« sagte Tashmetu. Khanussu nickte. »Klügste der Frauen, du sagst es. Ein Krieg ist wie der andere, wenn man’s genau nimmt. Oder, nein, wenn man’s nicht so genau nimmt. Ein Brot hier erbeutet, ein Silberscheibchen da. Mit den Jahren… mit den Jahren merkt man, daß das Brot überall gleich schmeckt.«
    Kaidu hatte sich auf einigen Decken niedergelassen, den Rücken zum Feuer, die Beine in einer Weise verschränkt, die Ninurta äußerst unbequem fand. Jetzt hob der Mann aus dem Osten den Kopf.
    »Vergißt eines etwa, Langmann«, sagte er. Als er grinste, sah der Assyrer, daß dem alten Gefährten viele Zähne den Sold aufgekündigt hatten.
    »Ich? Vergessen?« Khanussu schnaubte. »Was hätte ich je vergessen, du Wanze?«
    »Kämpfen gut, wenn Beute, ja. Besonders gut, wenn Fürst groß, weil Befeuerung durch Glänzen vieles, und Teil sein in schöne Geschichte. Geschichte erzählen hinterher, wenn Zähne alle fort, was?« Er bleckte die karg bevölkerten Gaumen.
    Khanussu seufzte wollüstig, wobei er die langen Beine näher ans Feuer reckte. »Das stimmt.

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