Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
behauptet.
    SOKRATES: Wir erwähnten doch auch hinsichtlich der Frauen, daß ihre Naturen in ähnlicher Weise wie die der Männer in Einklang zu bringen und alle Beschäftigungen für den Krieg und das übrige Leben beiden Geschlechtern gemeinsam zuzuteilen seien.
    TIMAIOS: So wurde auch das bestimmt.
    SOKRATES: Was dann aber über das Kinderzeugen? Oder prägten sich nicht unsere Anordnungen dazu leicht, da mit dem Gewohnten im Widerspruch, dem Gedächtnisse ein, daß wir Heiraten und Kinder zu etwas allen Gemeinsamem machten und es dahin zu bringen suchten, daß niemand das ihm Geborene kenne und alle einander als Verwandte ansehen, als Brüder und Schwestern, das jüngere oder ältere Geschlecht aber als dieser Eltern und Voreltern und die ihnen Nachgeborenen als deren Kinder und Kindeskinder?
    TIMAIOS: Ja; und das ist aus dem von dir angeführten Grunde leicht zu behalten.
    SOKRATES: Blieb uns nicht auch unsere Behauptung im Gedächtnis, damit der möglichst beste Schlag von Menschen erzeugt werde, müssen die Herrscher und Herrscherinnen durch gewisse Lose für das eheliche Zusammensein insgeheim es künstlich darauf anlegen, daß die Schlechten sowohl als die Besten beide mit ihresgleichen zusammengelost werden und daß, damit jenen daraus keine Feindschaft erwachse, diese im Zufall den Grund ihrer Zusammenlosung suchen?
    TIMAIOS: Das ist uns erinnerlich.
    SOKRATES: Gewiß auch, daß wir behaupteten, die Nachkommenschaft der Guten müsse man sorgfältig erziehen, die der Schlechten aber unvermerkt im übrigen Staate verteilen; unter den Heranwachsenden aber, die man wohl beobachte, die Würdigen wieder zu einer höheren Klasse erheben, die unter dieser Klasse Unwürdigen dagegen die Stelle der Hinaufrückenden einnehmen lassen.
    TIMAIOS: So ist es.
    SOKRATES: Haben wir nun nicht ebenso wie gestern unsern Weg durchlaufen, so daß wir seine Hauptpunkte noch einmal kurz berührten, oder vermissen wir, lieber Timaios, noch etwas von dem Gesagten, was wir übergingen?
    TIMAIOS: Keineswegs, Sokrates, sondern eben das war es, was ausgesprochen wurde.
    SOKRATES: So hört denn nun, wie es mir mit dem Staate, den wir dargestellt haben, ergeht. Ich habe nämlich ein ähnliches Gefühl wie etwa jemand, der irgendwo schöne Tiere, ob nun von den Malern dargestellte oder auch wirklich lebende, aber im Zustand der Ruhe sah, den Wunsch hegen dürfte, sie in Bewegung und einen ihrem Äußern angemessen scheinenden Kampf bestehen zu sehen. Ebenso geht es mir mit dem von uns entworfenen Staate; denn gern wohl möchte ich etwa von jemandem mir erzählen lassen, wie unser Staat in geziemender Weise die Wettkämpfe mit anderen Staaten besteht und wie er, wenn er in Krieg gerät, auch im Kriege, sowohl im Kampfe durch die Tat als bei Verhandlungen durch das Wort, auf eine der ihm zuteil gewordenen Unterweisung und Erziehung würdige Weise gegen jeden anderen Staat sich benimmt. An der eigenen Kraft nun, diese Männer und unsern Staat auf eine genügende Weise zu preisen, muß ich fürwahr verzweifeln. Und bei mir ist das nicht zu verwundern; aber ich habe dieselbe Meinung auch von den Dichtern sowohl alter Zeit als den jetzt lebenden gefaßt, ohne irgend die Dichtergilde herabsetzen zu wollen, sondern weil jeder begreift, daß der Nachbildenden Menge das, worin sie erzogen ward, sehr leicht und gut nachbilden wird, daß es aber schwierig ist, das außerhalb der gewohnten Lebensweise eines jeden Liegende durch die Tat, und noch schwieriger, es in Worten treffend nachzubilden. […]
    KRITIAS: So vernimm denn, Sokrates, eine gar seltsame, aber durchaus in der Wahrheit begründete Sage, wie einst der weiseste unter den Sieben, Solon, erklärte. Dieser war nämlich, wie er selbst häufig in seinen Gedichten sagt, unserem Urgroßvater Dropides sehr vertraut und befreundet; der aber erzählte wieder unserm Großvater Kritias, wie der alte Mann wiederum uns zu berichten pflegte, daß gar große und bewunderungswürdige Heldentaten unserer Vaterstadt aus früher Vergangenheit durch die Zeit und das Dahinsterben der Menschen in Vergessenheit geraten seien, vor allem aber eine, die größte. […]
    SOKRATES: Wohl gesprochen! Welches ist denn aber die Heldentat, von welcher Kritias als von einer nicht bloß in einer Sage erhaltenen, sondern einst von unserer Vaterstadt wirklich, wie Solon vernommen hatte, vollbrachten erzählte?
    KRITIAS: Ich will eine alte Sage berichten, die ich aus dem Munde eines eben nicht jungen Mannes vernahm; denn

Weitere Kostenlose Bücher