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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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begreifen können: daß die Geschichte nicht im Westen spielte, jenseits der Säulen des Herakles, dort, wo das Mittelmeer in den Atlantik übergeht, sondern im Osten, jenseits der Säulen des Herakles, bei denen das Mittelmeer durch eine lange Wasserstraße mit dem alten Meer des Atlas verbunden ist, das zuerst Nebliges Meer hieß, dann Gastliches Meer, schließlich Schwarzes Meer. Vielleicht sagte er sich, daß er zu einem Zeitpunkt, da Troja und Umgebung eine persische Satrapie waren und die Perser einen innerhellenischen Frieden vermittelt hatten, nicht an alte Kriege zwischen Ost und West erinnern sollte. Vielleicht brach er ab, weil er diese neue Erkenntnis über das wunderbare Atlantis in der wunderbaren Geschichte erst verarbeiten mußte und später nicht mehr dazu kam, das Buch zu vollenden.
    Befriedigender jedoch wäre eine andere Erklärung: daß Platon, der die Dichter und Sänger nur als entmannte Erzieher in seinem Staat dulden wollte, an dieser Stelle begriff, daß die Menschen in der wohnlichen Lüge des Dichters Homeros mit Leib und Seele leben konnten, in der unbewohnbaren Wahrheit von Platons Staat allenfalls nur mit dem Verstand; daß gesetzlose Sänger für den Staat lästig sein mögen, Staat und Gesetz ohne Gesang aber für die Menschen unerträglich.
    Solon, heißt es, bat auf dem Sterbelager, man möge ihm die neuesten Verse der Dichterin Sappho vortragen.

ANHANG
    1. AUSZÜGE AUS PLATONS TIMAIOS UND KRITIAS
    (bearbeitet und […] gekürzt, nach der Übersetzung von Hieronymus Müller)
    Timaios
    SOKRATES: Einer zwei, drei! Wo aber, lieber Timaios, blieb der vierte der gestrigen Gäste und heutigen Gastgeber?
    TIMAIOS: Ein Unwohlsein befiel ihn, Sokrates; denn aus freiem Entschluß blieb er wohl nicht der heutigen Zusammenkunft fern.
    SOKRATES: Hast nun nicht du mit diesen Freunden da die Obliegenheit, auch den Teil des Abwesenden zu erfüllen?
    TIMAIOS: Allerdings; und wir wollen unser Möglichstes tun, es an nichts fehlen zu lassen. Denn es wäre nicht recht, wollten wir, nachdem du gestern mit anständigen Gastgeschenken uns empfingst, deine Gastlichkeit nicht bereitwillig erwidern. SOKRATES: Ist es euch also erinnerlich, über wie Wichtiges und über welche Gegenstände ich von euch Auskunft begehrte?
    TIMAIOS: Einiges ist uns noch erinnerlich; was uns aber entfiel, wirst du selbst uns in das Gedächtnis zurückrufen. Oder wiederhole es uns lieber, wenn es dir nicht beschwerlich fällt, von Anfang an, in aller Kürze, damit es uns noch fester begründet werde.
    SOKRATES: Das soll geschehen. Der Hauptinhalt der gestern von mir gesprochenen Reden betraf wohl den Staat: wie wohl der beste beschaffen sein und aus welchen Männern er bestehen müsse.
    TIMAIOS: Und diese Darstellung war gar sehr nach unser aller Sinne, lieber Sokrates!
    SOKRATES: Schieden wir zuerst nicht die Klasse der Ackerbauenden oder irgend sonst eine Kunst in demselben Übenden von dem Geschlecht der den Krieg für die andern Führenden?
    TIMAIOS: Ja.
    SOKRATES: Und indem wir jedem nur eine seinen Naturanlagen angemessene Beschäftigung, nur eine Kunst zuteilten, erklärten wir, diejenigen, welche die Verpflichtung hätten, für alle in den Krieg zu ziehen, müßten demnach nichts weiter sein als Wächter des Staates. Wenn nun ein Auswärtiger oder auch jemand von den Einheimischen sich anschicke, diesem Schaden zuzufügen, dann müßten sie ein mildes Gericht halten über die ihnen Unterworfenen, als von Natur ihnen Befreundete, in den Kämpfen gegen die Feinde aber, auf die sie träfen, streng verfahren.
    TIMAIOS: Durchaus.
    SOKRATES: Denn die Wächter, behaupteten wir, wie ich glaube, müssen eine Seele besitzen, die von Natur sowohl vorzüglich muterfüllt als auch weisheitliebend ist, um gegen die einen in geziemender Weise streng, gegen die andern mild verfahren zu können.
    TIMAIOS: Ja.
    SOKRATES: Was aber ihre Erziehung betrifft, daß sie in Gymnastik, Musik und allem ihnen angemessenen Wissen unterwiesen sein sollen?
    TIMAIOS: Ja, allerdings.
    SOKRATES: Nachdem sie eine solche Erziehung erhielten, wurde ja wohl behauptet, daß sie weder Gold noch Silber noch irgendein anderes Besitztum als ihr Eigentum ansehen dürfen, sondern für ihr Wachehalten von den von ihnen Bewahrten einen für Besonnene ausreichenden Lohn empfangen, den sie gemeinschaftlich und zusammen lebend verzehren sollten, stets um die Tugend bemüht und durch andere Beschäftigungen nicht behindert.
    TIMAIOS: Auch das wurde in dieser Weise

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